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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 10.1895

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Hauser, Friedrich: Vasenfunde in München
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https://doi.org/10.11588/diglit.39190#0192
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Hauser, Vasenfunde in München.

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haben. Eine ganz befremdliche Erscheinung fiir Attika ist der junge Mann mit
dem spitzen Kinnbart; mit seinem unangenehm süfslichen Gesicht macht er den
Eindruck eines Modehelden. Die Köpfe sind aber an dem Aufsenbild noch das
Beste, auch der Typus des andern Epheben mit dem Flaumbart hat Charakter. Da-
gegen sieht man dem Ephebenkopf auf der andern Hälfte an, dafs der Maler über-
haupt nicht mehr Herr über seinen Pinsel ist. Absicht war es wohl nicht, wenn
der junge Mann einen Mund wie einen Vogelschnabel bekam. Gräulich sind be-
sonders die Fiifse der Hauptgruppe, welche von vorne gesehen hätten gezeichnet
werden müssen; die sehen aber eher wie die Wurzeln eines Baums aus. Find die
häfslichen Proportionen mit den mafslosen Köpfen auf viel zu kurzen Körpern, die
Riesenhände! An Brygos, an welchen Hartwig bei dem Fragment des Innenbildes
dachte und an welchen ja auch das Gesicht des Knaben mit seinen schmalgeschlitzten
Augchen lebhaft erinnert, an Brygos ist jetzt nicht mehr zu denken10. Das Innen-
bild zeigt die Gewohnheit, das Haar in einzelne Wellenlinien aufzulösen, schon so
entwickelt, wie wir es nur von den jüngeren Malern her kennen. Besonders aber
findet das vollständige Verlieren der Proportionen (Hartwig, Meisterschalen S. 573
und 648) oder auch die Unfähigkeit, mit dem Raume zu rechnen, wie es in er-
schreckender Weise in den Aufsenbildern zu Tage tritt, nur an den jüngeren Schalen
der Meister mit den Lieblingen Laches und Lysis ihre Analogien.
Stuttgart. Friedrich Hauser.

10) Noch einen Zusatz zu Hartwigs Meisterschalen,
zu Taf. 19, 1. Die Inschrift Χαιρεστρατος καλός
auf einer Schale »der Epiktetischen Kunstweise,
und zwar nicht einmal auf der höchsten Stufe
ihrer Entwicklung« (Hartwig S. 202) hat viel-
leicht den Einen oder den Andern an der Be-
rechtigung einer chronologischen Ausnützung
der Lieblingsinschriften überhaupt irre gemacht.
Dieser Stein des Anstofses ist beseitigt. Herr
Bourguignon hatte auf meine Bitte die grofse
Güte, die Echtheit der Inschrift mit Weingeist

zu prüfen, und sie widerstand der Prüfung nicht.
Die Inschrift war eines der vielen Kuckuckseier,
welche der nunmehr in Gott ruhende Francesco
Raimondi von S. Maria di Capua ins Nest der
Archäologie legte. Ausdrücklich sei noch be-
merkt, dafs es nicht etwa das Aussehen der In-
schrift, die Form der Buchstaben oder ihre
Farbe war, welche den Verdacht weckte, ■—
darauf verstand sich unser Francesco viel zu
gut — sondern lediglich die von Hartwig er-
schlossene Bedeutung der Lieblingsinschriften

als chronologischer Werthe.
 
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