E. Pfuhl, Apollodoros ό σκιαγράφος.
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wirklichen Verfall führen kann, versteht sich; Petronius könnte an das Zurück-
treten der Tafelmalerei gegenüber der dekorativen Wandmalerei mit ihren billigen
Landschaften denken44). Daß letzterer dem herrschenden ‘goüt bourgeois’ auch heute
noch, wo er von den höheren Schichten des Publikums längst verstanden wird, als
Verfallkunst gilt, kann man z. B. im Dachgeschoß der Berliner Nationalgalerie
bemerken.
Schnell malen kann dekorative Skizzen ein jeder, impressionistische Bilder
nur ein Meister, der seine Mittel unbedingt beherrscht: die Flecke und Striche sollen
nicht eine ungefähre Wirkung ergeben, sondern die höchstmögliche, sie sollen das
Wesentliche des Eindrucks unmittelbarer geben als bei voller Ausführung; es handelt
sich um die optische Wirkung auf den unbefangenen Blick, der ein Stück Natur
nicht absucht und mit der Erfahrung modelliert, sondern als Ganzes in Farbe, Licht
und Bewegung erfaßt. Daß auch ein Meister an solchen Bildern oft recht lange
malt, mag man bei Duret, Des peintres impressionistes, nachlesen. Nun kann aber
auch der echte Impressionismus zum Verfall führen: 'Freilich ein Schlimmes ist
dabei, was diesem Stile in der Malerei anhaftet wie in der Plastik. Nur in den
Originalschöpfungen von Meistern kann er seine ganze Kunst zeigen; alle Kopien
verderben die Vorlagen, und die Malerei di macchia artet leicht in Gekleckse aus,
weil sie zur Oberflächlichkeit verführt, weil sich Kopisten oder dürftige Gesellen
die vorbereitende Arbeit glauben ersparen zu können, die in der unendlichen Schu-
lung der Hand und der eindringenden Erfassung der Natur, nicht in vielerlei zu-
sammengetragenen Studien bestehP (Wickhoff, Wiener Genesis S. 70). Auch ein
solches Sinken des allgemeinen handwerklichen Niveaus könnte Petronius meinen.
Auch die Denkmäler helfen zunächst nicht weiter. Die erwähnten kampani-
schen Bilder lehren für alexandrinischen Impressionismus nichts, selbst wenn man
sie nicht als dekorative Skizzen abtut: sie gehören frühestens in die Zeit der aus-
gehenden Republik, wie die Odyssee-Landschaften vom Esquilin, oder gar erst in die
Blütezeit des Impressionismus unter den Claudiern und Flaviern 45). Wenig würde
es uns auch nützen, wenn das Alexander-Mosaik sicher auf Philoxenos zurückginge:
die Mosaiktechnik verschleiert das Vorbild; ein Mosaik nach Tintoretto würde uns
dessen Sonderstellung auch schwerlich verraten (vgl. Wickhoff S. 81). Eher darf
man Nachklänge aus späthellenistischer Zeit in zwei sehr viel einfacheren Mosaiken
sehen: in dem von Praeneste, das nach den Proben bei R. Delbrueck, Hellenistische
Bauten in Latium I 60 nicht beurteilt werden kann, und in dem Dionysos-Mosaik
von Delos, Mon. Piot XIV T. 15; aber damit kommen wir bestenfalls ins II.
Jahrhundert hinauf. Endlich versteht es sich, daß aller Illusionismus in der Plastik
nicht gestattet, dazu die spezifische Form der Malerei di macchia einfach zu ergänzen.
Bei diesem Stande der Überlieferung ist es zwecklos, Kombinationen auf Grund
allgemeiner Angaben zu machen. Wenn Quintilian die facilitas bei Antiphilos und
44) Es wird ein zufälliges Zusammentreffen sein,
daß wir schon im 2. Jahrhundert v. Chr. in Rom
den alexandrinischen Maler Demetrios ό τοπο-
γράφος finden (vgl. über ihn Gött. Gel. Anz. 1910).
45) Dem 2. Stil möchte Winter das Bild mit dem
trojanischen Pferde zuweisen, Repertorium f.
Kunstwiss. 1897, 54.
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wirklichen Verfall führen kann, versteht sich; Petronius könnte an das Zurück-
treten der Tafelmalerei gegenüber der dekorativen Wandmalerei mit ihren billigen
Landschaften denken44). Daß letzterer dem herrschenden ‘goüt bourgeois’ auch heute
noch, wo er von den höheren Schichten des Publikums längst verstanden wird, als
Verfallkunst gilt, kann man z. B. im Dachgeschoß der Berliner Nationalgalerie
bemerken.
Schnell malen kann dekorative Skizzen ein jeder, impressionistische Bilder
nur ein Meister, der seine Mittel unbedingt beherrscht: die Flecke und Striche sollen
nicht eine ungefähre Wirkung ergeben, sondern die höchstmögliche, sie sollen das
Wesentliche des Eindrucks unmittelbarer geben als bei voller Ausführung; es handelt
sich um die optische Wirkung auf den unbefangenen Blick, der ein Stück Natur
nicht absucht und mit der Erfahrung modelliert, sondern als Ganzes in Farbe, Licht
und Bewegung erfaßt. Daß auch ein Meister an solchen Bildern oft recht lange
malt, mag man bei Duret, Des peintres impressionistes, nachlesen. Nun kann aber
auch der echte Impressionismus zum Verfall führen: 'Freilich ein Schlimmes ist
dabei, was diesem Stile in der Malerei anhaftet wie in der Plastik. Nur in den
Originalschöpfungen von Meistern kann er seine ganze Kunst zeigen; alle Kopien
verderben die Vorlagen, und die Malerei di macchia artet leicht in Gekleckse aus,
weil sie zur Oberflächlichkeit verführt, weil sich Kopisten oder dürftige Gesellen
die vorbereitende Arbeit glauben ersparen zu können, die in der unendlichen Schu-
lung der Hand und der eindringenden Erfassung der Natur, nicht in vielerlei zu-
sammengetragenen Studien bestehP (Wickhoff, Wiener Genesis S. 70). Auch ein
solches Sinken des allgemeinen handwerklichen Niveaus könnte Petronius meinen.
Auch die Denkmäler helfen zunächst nicht weiter. Die erwähnten kampani-
schen Bilder lehren für alexandrinischen Impressionismus nichts, selbst wenn man
sie nicht als dekorative Skizzen abtut: sie gehören frühestens in die Zeit der aus-
gehenden Republik, wie die Odyssee-Landschaften vom Esquilin, oder gar erst in die
Blütezeit des Impressionismus unter den Claudiern und Flaviern 45). Wenig würde
es uns auch nützen, wenn das Alexander-Mosaik sicher auf Philoxenos zurückginge:
die Mosaiktechnik verschleiert das Vorbild; ein Mosaik nach Tintoretto würde uns
dessen Sonderstellung auch schwerlich verraten (vgl. Wickhoff S. 81). Eher darf
man Nachklänge aus späthellenistischer Zeit in zwei sehr viel einfacheren Mosaiken
sehen: in dem von Praeneste, das nach den Proben bei R. Delbrueck, Hellenistische
Bauten in Latium I 60 nicht beurteilt werden kann, und in dem Dionysos-Mosaik
von Delos, Mon. Piot XIV T. 15; aber damit kommen wir bestenfalls ins II.
Jahrhundert hinauf. Endlich versteht es sich, daß aller Illusionismus in der Plastik
nicht gestattet, dazu die spezifische Form der Malerei di macchia einfach zu ergänzen.
Bei diesem Stande der Überlieferung ist es zwecklos, Kombinationen auf Grund
allgemeiner Angaben zu machen. Wenn Quintilian die facilitas bei Antiphilos und
44) Es wird ein zufälliges Zusammentreffen sein,
daß wir schon im 2. Jahrhundert v. Chr. in Rom
den alexandrinischen Maler Demetrios ό τοπο-
γράφος finden (vgl. über ihn Gött. Gel. Anz. 1910).
45) Dem 2. Stil möchte Winter das Bild mit dem
trojanischen Pferde zuweisen, Repertorium f.
Kunstwiss. 1897, 54.