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Fr. v. Bissing, Ägyptisch oder phoinikisch?

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ÄGYPTISCH ODER PHOINIKISCH?
Fr. Studniczka hat in dieser Zeitschrift XXII 1907, in einer höchst ver¬
dienstlichen Studie über den Rennwagen im syrisch-phoinikischen Gebiete die von
Palma di Cesnola angeblich bei Athienu auf Kypros gefundene Silberschale des Ber-
liner Museums an die Spitze der phoinikischen Silbergefäße gestellt. Gegenüber
Pietschmann, der sie für ptolemäisch, Borchardt und mir, die wir sie für eine rein
ägyptische Arbeit des Neuen Reiches gehalten hatten1), hat Steindorff seinem Kollegen
bestätigt, »daß kein Grund bestehe, diese Schale zeitlich und national von den übrigen
phönikischen zu trennen«. Dem gegenüber habe ich in meiner Einführung in die Ge-
schichte der ägyptischen Kunst, namentlich auf Grund der im Musee Egyptien II,
Le Caire 1907, veröffentlichten Funde daran festgehalten, daß die Berliner Schale
ein echt ägyptisches Erzeugnis aus frühramessidischer Zeit sei 2 * 3).
Um dies Urteil zu begründen, möchte ich erstens das Verhältnis der Berliner
Schale zu den übrigen echt phoinikischen noch einmal kurz darstellen und zweitens
das Verhältnis zu früher bekannten und seit 1898 neu gefundenen unzweifelhaft
ägyptischen Arbeiten untersuchen.
Ich darf als erwiesen ansehen, daß der Inhalt der Darstellungen auf dem
Schaleninnern rein ägyptisch ist. »Die Komposition mit den vier Barken und den
dazwischengeklemmten Tierstücken ist nicht eben klar. Sie hat die nächste Analogie
in der ebenso rein ägyptisch stilisierten, aber sicher phönikischen Schale aus Prae-
neste Perrot ChipiezIII 97; Helbig Hom. Epos 23«, sagt Studniczka. Gewiß kehren
hier vier ähnlich verteilte Boote wieder, mit Göttern besetzt; die Komposition ist
übersichtlicher, denn die Schiffe werden regelmäßig durch ein Papyrusdickicht mit
der Gruppe der Isis und dem stehenden Horus getrennt. Die Darstellung schließt
sich auch im Stil wie in den Motiven eng an ägyptische Vorbilder an; dennoch wird
niemand in diesen zum Teil wunderlich bewegten Figuren 3) echte Ägypter erkennen
wollen, so wenig ein Ägyptologe den Versuch unternehmen würde, die ornamental
angeordneten und verteilten Schriftzeichen mit ihren zum Teil barocken Formen
als Hieroglyphen zu lesen. Lesbar ist nur die phoinikisch-punische Inschrift.
Aber nicht nur durch die sauberere Anordnung und die unzweifelhaften Merk-
male der Nachahmung unterscheidet sich die Schale von Praeneste von der kyprischen.

Archäol. Jahrb. XIII 1898, 34 ff., wo die Biblio-
graphie gegeben ist. Die Verfasser des Verzeich-
nisses der ägyptischen Altertümer, Berlin 1899,
198f-, Nr. i4iif. haben sich meiner Bestimmung
angeschlossen und mir folgend den rein ägyptischen
Inhalt der Darstellungen anerkannt.
2) S. 48. — Eben werde ich durch Dussaud, Les
civilisations prehelleniques 187, darauf aufmerk-
sam, daß nach Ohnefalsch-Richter Kypros, die
Bibel usw. 437, Erman und Steindorff 1893 das
Urteil abgegeben haben, die Schale könne in
Ägypten fabriziert sein. Ohnefalsch-Richter

weist sie dann selber der Zeit Ramesses’ III. zu.
A. a. 0. 447 ist eine schlechte Wiedergabe der
Schale zu finden. Mir war von alledem 1898
nichts bekannt, und im Museum galt sie m. W.
als kyprisch-phoinikisch.
3) Siehe insbesondere den kriechenden Mann unter
dem Mittelbilde, den Gefangenen im Arme des
Kriegers hinter dem Könige. So wie der Mann
hier konnte auf einem echt ägyptischen Bild-
werke nur Pharao selbst dargestellt werden:
siehe das Berliner Relief 3425 (Phot. Mertens)
aus dem Neuen Reich.
 
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