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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 31.1916

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Caspari, Fritz: Das Nilschiff Ptolemaios IV
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https://doi.org/10.11588/diglit.44517#0087
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F. Caspari, Das Nilschiff Ptolemaios IV.

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der Längsachse bei dem οίκος μέγιστος (6) zutage, wo durch die Breite des vorhande-
nen Raumes und die Zahl der Klinen quadratischer Grundriß völlig ausgeschlossen
war (S. 45). Aber gerade in diesem Saale sah Leroux den stärksten Beweis für sein
Urteil über den Bau als Ganzes (o. S. 72)· Daß kleinere, säulenlose Zimmer quer-
gelegt waren, kann deswegen nicht ins Gewicht fallen, weil bei ihnen in erster Linie
der gerade vorhandene Platz maßgebend war.
Nicht ägyptisch war die typische Verbindung von οίκος und κοιτώνες, für die
wir die nächsten Analogien in dem Oekus mit seinem Thalamos und Amphithalamos
in Priene und bei Vitruv VI 7, 2 fanden (S. 58), nur daß im Unterstock die
Zimmer bei der geringen zur Verfügung stehenden Breite abweichend von der in
jener Stadt herrschenden Regel hinter-, statt wie im Oberstock (15, 14, 15') neben-
einander, lagen.
Auch der Π-förmige Eingang, der durch die Fortführung der doppelstöckigen
Peripatoi über die Propylonfront hinaus entstand, war etwas der griechischen Archi-
tektur ebenso Vertrautes (S. 35) wie die an den Außenseiten herumlaufenden Säulen-
hallen (S. 26).
Anders dagegen verhält es sich mit den peristylen Höfen 4 und 13 *). Sie sind
in Ägypten uralt und werden im griechischen Hausbau erst in hellenistischer Zeit
endgültig Regel, d. h. dann, als jenes Land schon stark mitgewirkt haben kann.
Andrerseits war der umsäulte Hof in Griechenland bereits vor diesem Zeitpunkte
längst bekannt. Deshalb ist die Annahme, daß die Erbauer der Thalamegos hier un-
bedingt auf ägyptische Vorbilder hätten zurückgreifen müssen, nicht ohne weiteres
nötig. Die Ähnlichkeit ferner, die die beiden übereinanderliegenden Raumgebilde,
die zweite Prostas und das Aithrion, mit den Lichtschächten kretischer Paläste
boten, zu der in der Auflösung der Wände im größten Oekus 6 und vielleicht auch
in dem der Frauenwohnung 9 durch die zahlreichen Türen noch eine andere hinzukam,
wird man wohl eher für zufällig ansehen als eine unmittelbare Einwirkung minoischer
Baukunst auf die Ägyptens annehmen. Das LTmgekehrte, d. h. einen Einfluß des
Nillandes oder Babyloniens auf Kreta, lehnt für diesen Punkt Fiechter 2) ausdrücklich
ab. Es mögen eben gleiche Bedürfnisse zu ähnlichen Bauformen geführt haben.
Als zweifellos ägyptisch wird man auf den ersten Blick die Hintereinander-
reihung großer Säle anzusprechen geneigt sein, wie sic vor allem für die zweite Hälfte
des Oberstockes bezeichnend war und dort besonders in die Augen fiel, da sie auf einen
nach dem entgegengesetzten Grundsätze um einen deutlichen Mittelpunkt gruppierten
Raumkomplex folgte. Hier liegen Analogien sehr nahe, die ägyptische Tempelanlagen
in ihrer Anlehnung an Wohnhäuser bieten 3). Doch muß man sich da wieder vor
Augen halten, daß, wenn einmal große Repräsentationsräume für nötig erachtet
wurden, bei der geringen Breite des Schiffes eine andere Anordnung nicht möglich war.
Sicherlich aber waren der Baukunst des Niltales die διατόναια τοξοειδή des

J) Näheres bei Studniczka 107 ff., dort auch die
Literatur.
2) Pauly-Wissowa, RE VII s. v. Haus. S. 2531.

3) Springers Hdb. I 10. Aufl. S. 35 ff. Vgl. das re-
konstruierte Ramesseum, aus der Vogelschau
gesehen, bei Perrot-Chipiez I S. 385 Abb. 220.
 
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