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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 31.1916

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Klein, Wilhelm: Zur Ludovisischen Thronlehne
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https://doi.org/10.11588/diglit.44517#0253
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W, Klein, Zur Ludovisischen Thronlehne.

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den sie als TrophoS derMyrrha pflegen Soll. Daß Sie dieses Amt überkam, ist ebenso-
wenig bezeugt, doch hat man richtig bemerkt, daß nicht gerade eine zarte Pflege
dargestellt Scheint Σ). Nun muß das LudovisiSche Relief die Folgen dieser Erklärung
übernehmen. Seine Hauptdarstellung kann jetzt nur die Meergeburt der Aphrodite
Sein. Die Seitenflügel enthalten nun zweimal Aphrodite selbst, links Aphrodite als
Hetaira, rechts als züchtige Witwe. Die grundgelehrten Erläuterungen dazu sind
des Nachlesens wert. Wer jedoch die Gesamterklärung aufmerksam durchliest, wird
sich eines leichten Schauers kaum erwehren können, doch werden wir den ganzen Wust
von Sonderbarkeiten nicht so Sehr dem bedeutenden Gelehrten zur Last legen 2)
als der »Tücke des Objektes«. Denn daß unter diesen Umständen eine befriedigende
Erklärung zu geben wäre, darf füglich bezweifelt werden. So Sehen wir denn,
wie das Bostoner Gegenstück das Licht, das vom »Ludovisischen Thron« ausging,
nicht verstärkt, Sondern gebrochen und abgelenkt hat, indem eS ihn mit einer wider-
künStlerischen Ergänzung, mit einer anderen Auffassung von seiner Verwendung
und mit einer höchst gewaltsamen Erklärung bedacht hat. Da bedeutet nun eine
Untersuchung Lennart Kjellbergsß) einen Fortschritt, der aus den Maßverschieden-
heiten und den Unterschieden der technischen Arbeit nachgewiesen hat, daß die
beiden Kunstwerke zu einem einheitlichen Ganzen nicht zusammengehören, also
weder Altarhörner noch Bettlehnen sind. Zu demselben Ergebnis ist auch Amelung 4)
gekommen, während Six 5) in einem Aufsatz, mit dem wir uns noch zu beschäftigen
haben werden, das Bostoner Relief, das er S. 83, Fig. 5 abbildet, noch im Zu-
sammenhänge mit dem Ludovisischen erwähnt und eS unbefangen auf Seinen ver-
mutlichen Meisternamen und Standort behandelt, als wäre noch alles’ beim alten.
Aber es ist hoch an der Zeit, daß endlich mit dem die bisherige Literatur durchzie-
henden Vorurteil gebrochen wird, als ob es sich hier um gleichwertige Kunstwerke
handle. So hoch auch die Schützer des Bostoner Reliefs dieses preisen mögen, es wird
dadurch künstlerisch nicht wertvoller, und wenn Studniczka Seine Abhandlung mit
folgendem Kraftwort Schließt: »Wer aber nach So eingehender Betrachtung der herr-
lichen Kunstgebilde noch fortfahren wollte, die Echtheit des Später aufgetauchten
anzuzweifeln, dem wüßte ich im Namen der vielen, denen es einen Zuwachs an Le-
benSglück bedeutet, kaum anders zu erwidern, als nach berühmtem Muster mit der
Antwort des NikomachoS an einen Mann, der des ZeuxiS Helena nicht schön finden
konnte«, so darf ich mich trotz dieses Appells der berufsmäßigen Pflicht, mit eigenen
Augen zu sehen, auch hier nicht entbinden. Den Eindruck eines »herrlichen KunSt-

*) Amelung a. a. O.
s) Energischen Protest muß man aber gegen die ge-
lehrten Faseleien richten, mit denen Herr
Eisler in der Sitzung der Kunstwiss. Gesellschaft
vom 4. März 1912 Münchener Jahrb. der bild.
Kunst, 1. Halbband 1912, S. 78 ff., versucht,
Studniczkas Deutung aus dem Gedankenkreis
des Aphrodite- und Adonismythos im einzel-
nen zu berichtigen und zu ergänzen. Ich
möchte mich nur gegen die Nennung des Namens
Jahrbuch des archäologischen Instituts XXXI.

von Fr. Wickhoff in diesem Zusammenhänge als
persönlicher Freund des so früh Heimgegangenen
wehren. Dieser Meisterexeget hat mit solchem
bodenlosen Zeug nichts zu tun. Im übrigen lese
es, wer Lust hat, selber, denn eine Polemik dagegen
würde eine unverdiente Ehrenerweisung be-
deuten.
3) Ausonia 1912, 100.
4) A. a. 0.
5) Kalamis, Arch. Jahrb. 1915, 74 ff.
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