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A. Frickenhaus, Zum Ursprung von Satyrspiel und Tragödie.
Festprozession, nicht in einem Komos« (S. 324). Nach der Glosse bei Suid. Phot.
Apostol. über τα έκ των αμαξών σκώμματα verspotteten an den Choen οι κωμάζοντες έπί τών
αμαξών τούς απαντώντας, und da das letztere Wort die ruhigstehenden Zuschauer einer
Prozession ausschließt, so dürfen auf die Verallgemeinerung, wonach die Wagen-
scherze έν ταΐς Διονυσιακαις πομπαΐς (Harpokr. πομπείας και πομπευειν) stattfanden, keine
Schlüsse gebaut werden. — 2. Da die allgemeine Schiffahrt nach unzweifelhaftem Zeug-
nis erst an den Dionysien begann, wird auch der Gott seinen carrus navalis nicht eher
bestiegen haben (Nilssons Ausflüchte S. 334 werden wenige überzeugen; ein mensch-
licher Festkalender ist doch etwas anderes als ein Vogelflug). — 3. Nilsson kann kei-
nen einzigen Bestandteil des auf den Vasen gezeichneten Schiffskarrenzuges für die
Anthesterien belegen, ja nicht einmal eine öffentliche Umfahrt des λιμναίος. Auch
die Basilissa und die Gerären sucht man vergeblich auf den Vasen, deren Kultpersonal
aus einem Opferpriester und den Satyrn besteht.
Demgegenüber halte ich meine früheren Darlegungen voll aufrecht. Die Über-
lieferungen über die großen Dionysien und ihre berühmte πομπή erklären fast jeden
Einzelzug der Vasen einschließlich der τετρα'κυκλος und des Eleuthereusbildes, das jähr-
lich in die Stadt einzog. Die Kalenderlage paßt vorzüglich. Natürlich würde ich
die Analogie von Smyrna gern gelten lassen (dazu fühle ich mich viel zu sehr als
Schüler H. Useners), wenn eben dabei in Athen nicht ein Unsinn herauskäme, wie
Nilssons eigene Rekonstruktion des Anthesterienfestes (S. 336) schlagend zeigt.
Nur eine Einzelheit sei zum Schluß noch hervorgehoben. Unter allen attischen
Dionysosfesten ist der phallische Charakter bei keinem stärker ausgeprägt als den
großen Dionysien, und aus diesem Grunde sind auch die σά-τοροι, wie sie Solmsen
uns gedeutet hat, nirgends mehr am Platz. Schon der Giebel des archaischen Eleu-
thereustempels redet eine deutliche Sprache, und Satyrspiel und Tragödie wurzeln
eben doch hier. Ist es da nun Zufall, daß Satyrn den Schiffskarren ziehen und be-
mannen? In der hellenistischen Zeit durften dicEphcben an einem noch nicht sicher
identifizierten Fest den Eleuthereus (oder war es ein anderes Dionysosbild ?) von
seinem Altar in die Orchestra bringen T); wer ihn an den großen Dionysien in
Nilssons Ausführungen über die εισαγωγή der
Ephebeninschriften hat bereits P. Stengel im
Arch. Jahrb. XXXI 1916, 340—344 bekämpft.
Wenn dieser dabei auf S. 340 voraussetzt, daß
ich die Anwesenheit des Eleuthereus in der Dio-
nysienprozession leugne, so verweise ich auf Arch.
Jahrb. XXVI 1912, 71 zur Widerlegung. Wer
übrigens mit Robert, Nilsson und in gewissem
Sinne auch Stengel fortfährt, die Ephebenpro-
zession den großen Dionysien zuzuweisen, braucht
deshalb noch nicht zu leugnen, daß in der alten
Zeit des VI. und V. Jahrhunderts Satyrjünglinge
den Eleuthereus begleiteten. Denn abgesehen
davon, daß die Epheben als Satyrn auftreten
konnten, wurde der in den Inschriften bezeugte
Zug schwerlich vor Lykurg, als die Epheben ihre
neue Organisation erhielten, eingerichtet.
[P. Stengel bittet uns um Aufnahme folgen-
der Berichtigung: Nach dem Erscheinen meines
Aufsatzes über die εισαγωγή des Dionysosbildes
(Arch. Jahrb. 1916, S. 340 ff.) machte mich
Frickenhaus brieflich darauf aufmerksam, daß er
das Zeugnis des Philostratos und Pausanias nie-
mals habe »entkräften« wollen. Mein Mißver-
ständnis bedauernd, setze ich hier den Text, wie
er S. 340 ZI. 13 v. u. hätte lauten sollen, her:
Nun ist durch Philostr. v. s. II I, 3, p. 57 die Ein-
führung des Eleuthereus für die Gr. Dionysien
bezeugt, und Pausanias I 29, 2 bestätigt diese
Angabe. Fr. aber bestreitet die Identität der
A. Frickenhaus, Zum Ursprung von Satyrspiel und Tragödie.
Festprozession, nicht in einem Komos« (S. 324). Nach der Glosse bei Suid. Phot.
Apostol. über τα έκ των αμαξών σκώμματα verspotteten an den Choen οι κωμάζοντες έπί τών
αμαξών τούς απαντώντας, und da das letztere Wort die ruhigstehenden Zuschauer einer
Prozession ausschließt, so dürfen auf die Verallgemeinerung, wonach die Wagen-
scherze έν ταΐς Διονυσιακαις πομπαΐς (Harpokr. πομπείας και πομπευειν) stattfanden, keine
Schlüsse gebaut werden. — 2. Da die allgemeine Schiffahrt nach unzweifelhaftem Zeug-
nis erst an den Dionysien begann, wird auch der Gott seinen carrus navalis nicht eher
bestiegen haben (Nilssons Ausflüchte S. 334 werden wenige überzeugen; ein mensch-
licher Festkalender ist doch etwas anderes als ein Vogelflug). — 3. Nilsson kann kei-
nen einzigen Bestandteil des auf den Vasen gezeichneten Schiffskarrenzuges für die
Anthesterien belegen, ja nicht einmal eine öffentliche Umfahrt des λιμναίος. Auch
die Basilissa und die Gerären sucht man vergeblich auf den Vasen, deren Kultpersonal
aus einem Opferpriester und den Satyrn besteht.
Demgegenüber halte ich meine früheren Darlegungen voll aufrecht. Die Über-
lieferungen über die großen Dionysien und ihre berühmte πομπή erklären fast jeden
Einzelzug der Vasen einschließlich der τετρα'κυκλος und des Eleuthereusbildes, das jähr-
lich in die Stadt einzog. Die Kalenderlage paßt vorzüglich. Natürlich würde ich
die Analogie von Smyrna gern gelten lassen (dazu fühle ich mich viel zu sehr als
Schüler H. Useners), wenn eben dabei in Athen nicht ein Unsinn herauskäme, wie
Nilssons eigene Rekonstruktion des Anthesterienfestes (S. 336) schlagend zeigt.
Nur eine Einzelheit sei zum Schluß noch hervorgehoben. Unter allen attischen
Dionysosfesten ist der phallische Charakter bei keinem stärker ausgeprägt als den
großen Dionysien, und aus diesem Grunde sind auch die σά-τοροι, wie sie Solmsen
uns gedeutet hat, nirgends mehr am Platz. Schon der Giebel des archaischen Eleu-
thereustempels redet eine deutliche Sprache, und Satyrspiel und Tragödie wurzeln
eben doch hier. Ist es da nun Zufall, daß Satyrn den Schiffskarren ziehen und be-
mannen? In der hellenistischen Zeit durften dicEphcben an einem noch nicht sicher
identifizierten Fest den Eleuthereus (oder war es ein anderes Dionysosbild ?) von
seinem Altar in die Orchestra bringen T); wer ihn an den großen Dionysien in
Nilssons Ausführungen über die εισαγωγή der
Ephebeninschriften hat bereits P. Stengel im
Arch. Jahrb. XXXI 1916, 340—344 bekämpft.
Wenn dieser dabei auf S. 340 voraussetzt, daß
ich die Anwesenheit des Eleuthereus in der Dio-
nysienprozession leugne, so verweise ich auf Arch.
Jahrb. XXVI 1912, 71 zur Widerlegung. Wer
übrigens mit Robert, Nilsson und in gewissem
Sinne auch Stengel fortfährt, die Ephebenpro-
zession den großen Dionysien zuzuweisen, braucht
deshalb noch nicht zu leugnen, daß in der alten
Zeit des VI. und V. Jahrhunderts Satyrjünglinge
den Eleuthereus begleiteten. Denn abgesehen
davon, daß die Epheben als Satyrn auftreten
konnten, wurde der in den Inschriften bezeugte
Zug schwerlich vor Lykurg, als die Epheben ihre
neue Organisation erhielten, eingerichtet.
[P. Stengel bittet uns um Aufnahme folgen-
der Berichtigung: Nach dem Erscheinen meines
Aufsatzes über die εισαγωγή des Dionysosbildes
(Arch. Jahrb. 1916, S. 340 ff.) machte mich
Frickenhaus brieflich darauf aufmerksam, daß er
das Zeugnis des Philostratos und Pausanias nie-
mals habe »entkräften« wollen. Mein Mißver-
ständnis bedauernd, setze ich hier den Text, wie
er S. 340 ZI. 13 v. u. hätte lauten sollen, her:
Nun ist durch Philostr. v. s. II I, 3, p. 57 die Ein-
führung des Eleuthereus für die Gr. Dionysien
bezeugt, und Pausanias I 29, 2 bestätigt diese
Angabe. Fr. aber bestreitet die Identität der