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Fr. Weilbach, Der alte Athenatempel auf der Burg.
worden sei. Später (A. Μ. XXII S. 166) hat er seine Ansicht dahin geändert, daß der
Tempel nach dem Brande ganz wiederhergestellt wurde; später aber, als man das
Erechtheion baute, sei die Ringhalle wieder abgebrochen worden; die alte Cella sollte
nur noch so lange stehen bleiben, bis der neue Tempel fertig war. Trotzdem blieb
aber der alte Tempel, obschon seiner schönsten Zierde beraubt, weiter stehen und
wird nach Dörpfelds Ansicht noch von Pausanias (i, 26, 6—27, 2) beschrieben.
Dörpfeld behauptet ferner (A. Μ. XXII S. 172), daß das alte ςόανον, das hoch-
heilige άγαλμα, immer im Hekatompedon stand und nie daraus entfernt wurde. Denn
Strabon berichte (IX S. 396), daß die ewige Lampe im αρχαίος νεώς war, und aus
Pausanias wüßten wir, daß das Bild in demselben Raum wie die Lampe war. Nun
wird zwar in der Bauinschrift das Erechtheion νεώς, έν ώ τδ άρχαΐον άγαλμα genannt; hier
müsse aber ein Zeitwort im Futur ergänzt werden (!). Man hatte zwar die Absicht,
das Kultbild in den Neubau zu überführen, aber das sei nicht geschehen. Um diese Be-
hauptung zu stützen, wird eine andere Stelle in derselben Inschrift angeführt, wo von
demΈλευσtvιακδς λίθος,προς ω τά ζώα die Rede ist. Das beweist jedoch nicht viel. Denn
in dem letzteren Fall war kein Mißverständnis möglich, wenn auch die Reliefs noch
nicht angeheftet waren. Daß aber die Behörden zu derselben Zeit, wo das Kultbild
im Hekatompedon war, das Erechtheion νεώς, έν ω τδ άρχαΐον άγαλμα genannt haben
sollten, gehört zu den Behauptungen, die vielleicht dem annehmbar scheinen, der
sich schon eine bestimmte Auffassung gebildet hat, aber sonst niemand überzeugt.
Und wenn Dörpfeld meint, daß das Kultbild im Jahre 5°9 nicht im Erechtheion
sein konnte, weil der Bau noch keine Decke, kein Gesimse und kein Dach hatte,
geht er viel zu weit. Denn alle Steine, welche in der Inschrift als noch fehlend an-
geführt werden, gehören dem westlichen Ende der Südseite an (Caskey-Hill im Amer.
Journ. of Arch. 1908, S. 184—97), und der östliche Teil konnte sehr wohl so weit
fertig sein, daß das Kultbild da Platz fand.
Dörpfeld findet (A. Μ. XXII S. 174), daß seine Auffassung besser zu derPeri-
egese des Pausanias stimme. In Wirklichkeit ist jedoch nicht viel gewonnen. Dörp-
feld vermutet, wie auch sonst gewöhnlich angenommen wird, daß Pausanias die in
der Korenhalle befindliche Treppe benutzt, um sich vom Erechtheion zurückzu-
begeben — nicht nach der »Poliascella«, sondern zur Ostfront des Hekatompedon,
das ja nach Dörpfeld der Tempel der Άθηνά Πολιάς ist. Von hier geht er wieder in das
Pandroseion hinab, »wohl denselben Weg, auf dem der Hund bei Philochoros (Frag-
ment 146) vom Poliastempel zum Pandroseion hinablief«. Der Unterschied besteht
also nur darin, daß das Hekatompedon an der Stelle der »Poliascella« tritt. In beiden
Fällen bleibt es aber gleich unbegreiflich, daß Pausanias auf seiner Wanderung vom
Parthenon zum Erechtheion an dem Haupteingang des eigentlichen Athenaheilig-
tums vorbeigeht, ohne dasselbe mit einem Wort zu erwähnen, und erst später auf
einem Umweg dahin zurückkehrt. Dieses Hin- und Herlaufen ist ganz zwecklos und
mit einer vernünftigen Periegese unvereinbar. Das hat Dörpfeld auch selbst ge-
fühlt und er hat deshalb in seiner zweiten Abhandlung über das Hekatompedon
(A. Μ. XII S. 52—57) die Vermutung ausgesprochen, daß in einer größeren Lücke
bei Pausanias (l, 24, 3) eine Beschreibung des Tempels gestanden habe. In den
Fr. Weilbach, Der alte Athenatempel auf der Burg.
worden sei. Später (A. Μ. XXII S. 166) hat er seine Ansicht dahin geändert, daß der
Tempel nach dem Brande ganz wiederhergestellt wurde; später aber, als man das
Erechtheion baute, sei die Ringhalle wieder abgebrochen worden; die alte Cella sollte
nur noch so lange stehen bleiben, bis der neue Tempel fertig war. Trotzdem blieb
aber der alte Tempel, obschon seiner schönsten Zierde beraubt, weiter stehen und
wird nach Dörpfelds Ansicht noch von Pausanias (i, 26, 6—27, 2) beschrieben.
Dörpfeld behauptet ferner (A. Μ. XXII S. 172), daß das alte ςόανον, das hoch-
heilige άγαλμα, immer im Hekatompedon stand und nie daraus entfernt wurde. Denn
Strabon berichte (IX S. 396), daß die ewige Lampe im αρχαίος νεώς war, und aus
Pausanias wüßten wir, daß das Bild in demselben Raum wie die Lampe war. Nun
wird zwar in der Bauinschrift das Erechtheion νεώς, έν ώ τδ άρχαΐον άγαλμα genannt; hier
müsse aber ein Zeitwort im Futur ergänzt werden (!). Man hatte zwar die Absicht,
das Kultbild in den Neubau zu überführen, aber das sei nicht geschehen. Um diese Be-
hauptung zu stützen, wird eine andere Stelle in derselben Inschrift angeführt, wo von
demΈλευσtvιακδς λίθος,προς ω τά ζώα die Rede ist. Das beweist jedoch nicht viel. Denn
in dem letzteren Fall war kein Mißverständnis möglich, wenn auch die Reliefs noch
nicht angeheftet waren. Daß aber die Behörden zu derselben Zeit, wo das Kultbild
im Hekatompedon war, das Erechtheion νεώς, έν ω τδ άρχαΐον άγαλμα genannt haben
sollten, gehört zu den Behauptungen, die vielleicht dem annehmbar scheinen, der
sich schon eine bestimmte Auffassung gebildet hat, aber sonst niemand überzeugt.
Und wenn Dörpfeld meint, daß das Kultbild im Jahre 5°9 nicht im Erechtheion
sein konnte, weil der Bau noch keine Decke, kein Gesimse und kein Dach hatte,
geht er viel zu weit. Denn alle Steine, welche in der Inschrift als noch fehlend an-
geführt werden, gehören dem westlichen Ende der Südseite an (Caskey-Hill im Amer.
Journ. of Arch. 1908, S. 184—97), und der östliche Teil konnte sehr wohl so weit
fertig sein, daß das Kultbild da Platz fand.
Dörpfeld findet (A. Μ. XXII S. 174), daß seine Auffassung besser zu derPeri-
egese des Pausanias stimme. In Wirklichkeit ist jedoch nicht viel gewonnen. Dörp-
feld vermutet, wie auch sonst gewöhnlich angenommen wird, daß Pausanias die in
der Korenhalle befindliche Treppe benutzt, um sich vom Erechtheion zurückzu-
begeben — nicht nach der »Poliascella«, sondern zur Ostfront des Hekatompedon,
das ja nach Dörpfeld der Tempel der Άθηνά Πολιάς ist. Von hier geht er wieder in das
Pandroseion hinab, »wohl denselben Weg, auf dem der Hund bei Philochoros (Frag-
ment 146) vom Poliastempel zum Pandroseion hinablief«. Der Unterschied besteht
also nur darin, daß das Hekatompedon an der Stelle der »Poliascella« tritt. In beiden
Fällen bleibt es aber gleich unbegreiflich, daß Pausanias auf seiner Wanderung vom
Parthenon zum Erechtheion an dem Haupteingang des eigentlichen Athenaheilig-
tums vorbeigeht, ohne dasselbe mit einem Wort zu erwähnen, und erst später auf
einem Umweg dahin zurückkehrt. Dieses Hin- und Herlaufen ist ganz zwecklos und
mit einer vernünftigen Periegese unvereinbar. Das hat Dörpfeld auch selbst ge-
fühlt und er hat deshalb in seiner zweiten Abhandlung über das Hekatompedon
(A. Μ. XII S. 52—57) die Vermutung ausgesprochen, daß in einer größeren Lücke
bei Pausanias (l, 24, 3) eine Beschreibung des Tempels gestanden habe. In den