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Ulrich Wilcken, Die griechischen Denkmäler vom Dromos des Serapeums von Memphis.

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έπαφροδισΐαν πρ[δς βασι]λέα, so ist zwischen den Zeilen zu lesen, daß Apollonios
alle Veranlassung habe, das Gewünschte für die feierliche Bestattung der Gepriese-
nen zu tun, da sie nun dieselbe Isis sei, die ihm Gnade vor den Augen des Königs
verschaffen könne *). Ebenso wie hier die weibliche Ertrunkene zur Isis wird,
so wird natürlich der männliche zum Osiris.
Kehren wir nun zu unserer Inschrift zurück, so ist wohl kein Zweifel, daß sie
nur besagen kann: Asklepias ist im Alter von fünf Jahren (ετών πέντε)
als Gepriesene (έσιης) dahingegangen. Hiermit erst wird der Zweck unseres
Monumentes klar. Die kleine Asklepias ist zur Isis geworden, und darum hat man
sie hier beim Serapeum bestattet in der Nähe der Isis, die dort mit Sarapis zusam-
men verehrt wurde 2). Unser Denkmal ist also ein kleines Heiligtum, ein zum Opfern
bestimmter Altarbau, auf dessen Opfertafel der Asklepias als einer έσιης geopfert
werden soll. Daß sich ihr Grab hierbei befunden hat, ist wohl sicher anzunehmen.
Da die Ausstattung dieses eigenartigen Altarbaues mit der Opfertafel deutlich mit
dem Kult der έσιης zusammenhängt, so ist zu vermuten, daß auch die andern ganz
entsprechenden Bauten, die Mariette in der Nähe des Serapeums gesehen hat, dem
Totenkult von έσιεΐς gedient haben. Hoffentlich wird auch dies Problem einmal
durch Nachgrabungen geklärt.
Unser Denkmal ist ein neuer Beleg dafür, daß die Apotheose der Ertrunkenen
auch noch in der Kaiserzeit lebendig war. Schon Griffith (S. 134) hat den Ge-
danken geäußert, daß die Apotheose des Antinoos mit seinem Ertrinken im Nil
zusammenhängt 3). Die auffallende Tatsache, daß der hieroglyphische Text des
Pincio-Obelisken keine Anspielung hierauf enthält, schrieb er der schlechten Kopie
des Textes zu. Aber auch in dem vollständigen, freilich immer noch nicht lücken-
losen Text, den Adolf Erman soeben veröffentlicht hat 4), wird Antinoos nicht
als hsy bezeichnet, auch wird nicht sonst irgendwie auf diese Form der Apotheose
hingewiesen. Nach dem, was wir jetzt über die έσιεΐς wissen, ist es trotzdem
wahrscheinlich, daß Antinoos durch das Ertrinken zum ’Οσιραντΐνοος (so in
den Papyri) 5) geworden ist, und daß dies auf die Vergötterung durch Hadrian
nicht ohne Einfluß gewesen ist.
Berlin. Ulrich Wilcken.

*) Auf die großen Schwierigkeiten, die der Text
auch bei dieser Deutung noch bietet, behalte ich
mir vor, an anderer Stelle einzugehen. Hier sei
nur bemerkt, daß dieser kolossale Aufwand, der
auf Befehl des Königs gemacht wird, vermuten
läßt, daß die Ertrunkene eine ganz besondere
Stellung einnahm. Etwa eine Favoritin des Phi-
ladelphos ?
2) Über den Isiskult im Serapeum vgl. die UPZ.

3) Inzwischen ist dieser Gedanke weiter durchgeführt
worden von W. Weber, Drei Untersuchungen
zur ägypt.-griech. Religion, 1911, S. 19 ff.
4) Abh. Preuß. Akad. 1917 Nr. 4. Römische Obe-
lisken S. 10 ff.
5) Vgl. meine Grundzüge der Papyruskunde S. 121,
123. auch Archivf. Papyrusf. IV 552. ’Οσιραντΐνοος
war er im ägyptischen Kult, Άντίνοος im griechi-
schen.
 
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