Behrendt Pick, Die thronende Göttin des Berliner Museums und die Persephone von Lokroi. 205
rioi ist aus parischem Marmor. Wir möchten hier jedenfalls annehmen, daß die
Statue wirklich in Großgriechenland gefunden ist, und den allzu unbestimmten Hin-
weis auf den griechischen Osten, der für die Benennung der Statue gar keine Hand-
habe bietet, ignorieren.
Halten wir an Unteritalien als Heimat der Statue fest, so sind wir in der Lage,
vor allem das eine Hilfsmittel für Ergänzung und Benennung heranzuziehen, das
für solche Zwecke überall, wo es überhaupt zur Verfügung steht, als der wertvollste
Führer anzusehen ist: das sind die Münzen *). Auch Wiegand hat sich die unter-
italischen Gepräge darauf angesehen; er erwähnt Köpfe von Göttinnen auf Mün-
zen dieses Gebiets, die eine gewisse Verwandtschaft mit dem Kopf der Statue zeigen
sollen; aber da bliebe immer noch die Wahl zwischen Hera, Aphrodite, Persephone
und Lokalgöttinnen; für eine sichere Benennung wären Münzbilder mit der ganzen
Figur einer solchen Göttin nötig, die uns über Haltung und Attribute Auskunft
geben können. Da darf man allerdings nicht unter den Münzbildern der Zeit suchen,
aus der die Statue stammt, weil so früh noch keine Statuen auf Münzen kopiert
worden sind, wenn auch eine Beeinflussung der Stempelschneidekunst durch
die große Plastik schon früh erkennbar ist. Das Kopieren von Kultbildern be-
ginnt erst in hellenistischer Zeit; der Asklepios des Thrasymedes in Epidauros
ist das älteste Beispiel, und in dieser Zeit finden wir auch in Italien einige Fälle von
Statuenkopien auf Münzen.
Wenn wir nun auf den Münzen Großgriechenlands nach Bildern suchen, die
an die Berliner Statue erinnern, so finden wir in der ganzen reichen Prägung nur
einen einzigen Typus, der in Betracht kommt und eben darum, weil er der einzige
ist, Beachtung verdient, und zwar auf den Kupfermünzen von Lokroi Epizephyrioi,
von denen wir einige, aus verschiedenen Stempeln, hier abbilden (Abb. la, I b,
IC, 2)2).
Die Münzen stammen aus dem dritten Jahrhundert v. Chr., aber das Bild der
dargestellten Göttin weist auf wesentlich ältere Zeit zurück; die steife Haltung be-
ruht nicht auf Ungeschicklichkeit der lokrischen Stempelschneider, die vielmehr,
wie der mit abgebildete Athenakopf einer zugehörigen Vorderseite zeigt, recht gut
arbeiten konnten, sondern auf absichtlicher Wiedergabe eines archaischen oder
archaistischen Vorbildes. Daß ein Kultbild gemeint ist, hatte schon Overbeck be-
merkt; auch Wiegand erwähnt den Typus als Abbild einer alten Statue, die aber
jünger sei als die Berliners). Die Vergleichung der Münzbilder mit der hier wiedergege-
J) Vgl. meinen Vortrag »Archäologie und Nu-
mismatik« auf der Philologenversammlung in
Halle (Verhandlungen S. 92 f.).
») Carelli pl. CXC, 36. 37: Garrucci pl. CXIII, 5;
British Museum Cat. Italy p. 368, 35. 36;
Overbeck, Kunstmythologie Bd. 3, Münztafel
VIII, 41. Die abgebildeten Stücke la und b
im Berliner Münzkabinett, ic im Wiener Münz-
kabinett. ·— Die bei Carelli 38 und Garrucci 4
abgebildete thronende Demeter feinsten Stils
kommt nicht in Frage; die Münze ist auch,
worauf mich Dressel aufmerksam macht, wohl
gar nicht von Lokroi; das Wiener Exemplar läßt
keinen Stadtnamen erkennen. — Die Münze
Abb. 2 befindet sich im Wiener Münzkabinett;
vgl. Carelli 30-—32, Garrucci 3, Brit. Museum 34.
3) Overbeck, Kunstmythologie 4, S. 5°4» Wiegand
S. 51 Anm.
rioi ist aus parischem Marmor. Wir möchten hier jedenfalls annehmen, daß die
Statue wirklich in Großgriechenland gefunden ist, und den allzu unbestimmten Hin-
weis auf den griechischen Osten, der für die Benennung der Statue gar keine Hand-
habe bietet, ignorieren.
Halten wir an Unteritalien als Heimat der Statue fest, so sind wir in der Lage,
vor allem das eine Hilfsmittel für Ergänzung und Benennung heranzuziehen, das
für solche Zwecke überall, wo es überhaupt zur Verfügung steht, als der wertvollste
Führer anzusehen ist: das sind die Münzen *). Auch Wiegand hat sich die unter-
italischen Gepräge darauf angesehen; er erwähnt Köpfe von Göttinnen auf Mün-
zen dieses Gebiets, die eine gewisse Verwandtschaft mit dem Kopf der Statue zeigen
sollen; aber da bliebe immer noch die Wahl zwischen Hera, Aphrodite, Persephone
und Lokalgöttinnen; für eine sichere Benennung wären Münzbilder mit der ganzen
Figur einer solchen Göttin nötig, die uns über Haltung und Attribute Auskunft
geben können. Da darf man allerdings nicht unter den Münzbildern der Zeit suchen,
aus der die Statue stammt, weil so früh noch keine Statuen auf Münzen kopiert
worden sind, wenn auch eine Beeinflussung der Stempelschneidekunst durch
die große Plastik schon früh erkennbar ist. Das Kopieren von Kultbildern be-
ginnt erst in hellenistischer Zeit; der Asklepios des Thrasymedes in Epidauros
ist das älteste Beispiel, und in dieser Zeit finden wir auch in Italien einige Fälle von
Statuenkopien auf Münzen.
Wenn wir nun auf den Münzen Großgriechenlands nach Bildern suchen, die
an die Berliner Statue erinnern, so finden wir in der ganzen reichen Prägung nur
einen einzigen Typus, der in Betracht kommt und eben darum, weil er der einzige
ist, Beachtung verdient, und zwar auf den Kupfermünzen von Lokroi Epizephyrioi,
von denen wir einige, aus verschiedenen Stempeln, hier abbilden (Abb. la, I b,
IC, 2)2).
Die Münzen stammen aus dem dritten Jahrhundert v. Chr., aber das Bild der
dargestellten Göttin weist auf wesentlich ältere Zeit zurück; die steife Haltung be-
ruht nicht auf Ungeschicklichkeit der lokrischen Stempelschneider, die vielmehr,
wie der mit abgebildete Athenakopf einer zugehörigen Vorderseite zeigt, recht gut
arbeiten konnten, sondern auf absichtlicher Wiedergabe eines archaischen oder
archaistischen Vorbildes. Daß ein Kultbild gemeint ist, hatte schon Overbeck be-
merkt; auch Wiegand erwähnt den Typus als Abbild einer alten Statue, die aber
jünger sei als die Berliners). Die Vergleichung der Münzbilder mit der hier wiedergege-
J) Vgl. meinen Vortrag »Archäologie und Nu-
mismatik« auf der Philologenversammlung in
Halle (Verhandlungen S. 92 f.).
») Carelli pl. CXC, 36. 37: Garrucci pl. CXIII, 5;
British Museum Cat. Italy p. 368, 35. 36;
Overbeck, Kunstmythologie Bd. 3, Münztafel
VIII, 41. Die abgebildeten Stücke la und b
im Berliner Münzkabinett, ic im Wiener Münz-
kabinett. ·— Die bei Carelli 38 und Garrucci 4
abgebildete thronende Demeter feinsten Stils
kommt nicht in Frage; die Münze ist auch,
worauf mich Dressel aufmerksam macht, wohl
gar nicht von Lokroi; das Wiener Exemplar läßt
keinen Stadtnamen erkennen. — Die Münze
Abb. 2 befindet sich im Wiener Münzkabinett;
vgl. Carelli 30-—32, Garrucci 3, Brit. Museum 34.
3) Overbeck, Kunstmythologie 4, S. 5°4» Wiegand
S. 51 Anm.