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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 34.1919

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Robert, Carl: Zwei homerische Becher
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https://doi.org/10.11588/diglit.44573#0075
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Carl Robert, Zwei homerische Becher.

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ZWEI HOMERISCHE BECHER.
Mit Tafel 5 u. 6.
Der erste dieser Becher (Taf. 5, l), der im Jahre 1914 vom Berliner Museum
aus dem Kunsthandel erworben ist (Inv.-Nr. 30535) und jedenfalls aus Griechenland
stammt, ist ein alter Bekannter. Ein schlechter erhaltenes Exemplar1), das in Böotien
gefunden ist und sich im Athener Nationalmuseum befindet, ist im L. Berliner Winckel-
manns-Programm (S. 39 G, danach Taf. 5, 2), nach einer Zeichnung von Gillieron ver-
öffentlicht worden, allein sein Erhaltungszustand ist ein solcher, daß selbst ein so
geübter Zeichner wie Gillieron manche Details teils nicht erkannt, teils mißver-
standen hat und daß auf eine Deutung verzichtet wurde. Nur ein Notbehelf war
es, wenn ich das Stück mit allem Vorbehalt unter die Becher zur Kleinen Ilias
eingereiht habe. Unverständlich war vor allem die charakteristische Gruppe der
zweiten Szene, zwei engverbundene Männer, die in Gillierons in diesem Punkte
irreführender Wiedergabe beide eine Rüstung zu tragen und vor einem jugendlichen
Krieger die Flucht zu ergreifen scheinen. Nun lehrt das Berliner Exemplar, daß
die hintere Figur barhäuptig, bärtig und bis auf einen Mantel, der von ihrer beiden
Armbeuge herabfällt, völlig nackt ist, daß sie den rechten Arm mit gebieterisch
abweisender Gebärde, wobei sie den Zeigefinger erhebt, gegen den Verfolger aus-
streckt, daß sie den linken Arm um den Leib der vorderen Figur legt und sie in
die Höhe hebt2), und endlich, daß sie in der linken Hand einen Dreizack hält,
wodurch sie als Poseidon gesichert ist. Auch ohne die Beischrift AlNEAX 3) würden
wir erkennen, daß die Rettung des Aineias durch Poseidon in der Θεομαχία (Y
318—329) dargestellt ist und daß wir es mit einem Ilias-Becher zu tun haben, der
zwischen C und D einzuordnen wäre, während der von N. Kyparissis Άρχ. Έφημ.
1914 πίν. 6 veröffentlichte und σελ. 2ioff. vortrefflich erläuterte Becher, der zwei
Szenen des Γ und Δ zu einer zusammenzieht, an den Anfang der Reihe gehört.
Um zunächst bei dieser zweiten Szene zu .bleiben, so ist der von Poseidon in
die Höhe gehobene Aineias mit Helm, Panzer und Schild gerüstet, aber ohne
Speer oder Schwert; an den Füßen hat er Schuhe, wie sie auffallenderweise auch
Poseidon trägt. Den rechten Arm hebt er entsetzt empor, den Kopf wendet er
ängstlich nach Achilleus zurück. Dieser, dessen Namensbeischrift ΑΧΙΛΛΕΥξ gleich-
falls erhalten ist4), trägt dieselbe Rüstung wie Aineias, zückt aber mit der Rechten
den Speer. Seine Stellung und Haltung würde man so aufzufassen geneigt sein,
daß er vor dem drohend ausgestreckten Arm des Gottes einen Augenblick zu-
rückwiche, wenn er nicht auch beim Kampf mit Penthesileia auf D (a. a. O. S. 26)

’) Zahn stellt fest, daß dies Exemplar nicht aus
derselben Form ausgedrückt worden ist, wie das
Berliner, hält es aber für wahrscheinlich, daß
zur Herstellung der beiden Formen dieselben
positiven Figurenstempel verwandt worden seien.
2) Schon Otto Kern hatte vermutet, daß die hintere
Figur die vordere stütze, im Berliner Winckel-
manns-Progr. L S. 40.

3) Auf dem athenischen Exemplar stehen links von
der Gruppe unter dem Schild des Achilleus zwei
Inschriftzeilen, in deren erster Kern HN lesen
wollte, was man auch auf Gillierons Zeichnung
erkennt. Es scheint aber vielmehr ΕΙΔ aus der
Namensbeischrift [Ιοσείδών zu sein.
4) Auf dem athenischen Exemplar las Kern über
dem Schildrand A . K, also wohl A(X)lA.

Jahrbuch des archäologischen Instituts XXXIV.

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