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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 34.1919

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Studniczka, Franz: Der Frauenkopf vom Südabhang der Burg in Athen
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https://doi.org/10.11588/diglit.44573#0164
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F. Studniczka, Der Frauenkopf vom Südabhang der Burg in Athen.

M3

Sollte sogar zu ihr Dionysos etwas υποπεπωκώς gekommen sein, wie schon
auf dem Krater in Corneto Abb. 32 und bei Xenophon (S. 134), dann könnte der
Worsleysche Stein Abb. 28, 29 den Gedanken auf Marmorwerke lenken, wo den Gott
jemand aus seinem Gesinde stützt. Die erforderliche Richtung nach rechts vom
Beschauer hätten die. Gruppen des von einem Satyrknaben unterstützten Bakchos
in Venedig, im Museo Chiaramonti, in Sammlung Ludovisi und an anderen Orten,
die doch wohl ein gemeinsames Urbild frei abwandeln1)· Aber die auf dem
Scheitel liegende Hand des Gottes wäre eine kaum erträgliche Wiederholung des
Motivs der Linken unserer Ariadne (Abb. 24). Ihr war zudem jene Schöpfung,
soweit sie mir kenntlich ist, kaum ebenbürtig. Eher könnte dies zutreffen für den
fast gleich großen, in süßer Trunkenheit niederblickenden Dionysoskopf des kapito-
linischen Museums (S. 115). Allein er ist nach den oben erörterten Kennzeichen
(S. 139 f.) mit Recht in Dreiviertelansicht von seiner linken Seite her dem neuen
Bruststück aufgesetzt. Auch dürfte solch weichlich, üppige Fortbildung eines
praxitelischen Typus eher noch etwas späterer Zeit und jedenfalls anderem Ge-
schmack entstammen, als der Kopf vom Südabhang. Seiner, besonders seines
leuchtenden Blickes so recht würdig wäre, mutatis mutandis, doch wohl nur ein
Dionysos nach Art des besten Wandgemäldes dieses Gegenstandes, des in Casa
del Citarista gefundenen2). Er tritt, seiner Glieder und Sinne mächtig, heran und
sieht mit fast ehrfürchtigem Staunen (wie auch bei Nonnos, S. 135) auf die Schlafende
hinab, mit der gesenkten Linken, irre ich nicht, dem Eros abwinkend, der ihren
Leib enthüllt. Auch die athenische Marmorgruppe möchte ich doch lieber nicht,
wie die verglichene Aufforderung zum Tanze (Abb. 35), auf die zwei Haupt-
personen beschränkt denken, schon um dem Spiel ihrer Blicke weitere Bahn zu
gewähren. Doch genug der Erwägungen über Unwißbares.
Mit mehr Aussicht auf Erfolg läßt sich die Frage aufwerfen, wo in der Nähe
des Fundortes beim Asklepieion (S. 107) solch eine stattliche Marmorgruppe ge-
standen haben könnte. Die zwei kleinen Tempel des Dionysosbezirkes boten am
Ende des 4. Jahrh. schwerlich noch Raum dafür, und im Freien hat sich der Kopf
nach dem frischen Zustande seiner Epidermis auch nicht lange befunden. Aber
in der Umgebung des Heiligtums, besonders an der von ihm ausgehenden Tripoden-
straße, standen die ehernen Preisdreifüße der Dithyramboschoregen, in der zweiten
Hälfte des 4. Jahrh. immer häufiger auf tempelartigen Gebäuden errichtet, und
den bedeutendsten unter ihnen fehlte auch statuarischer Schmuck nicht. So krönte

das Denkmal des Thrasyllos von 319, nachdem es sein Sohn Thrasykles infolge
des eigenen Sieges von 271 umgebaut hatte, zwischen den beiden Dreifüßen das
im Britischen Museum aufbewahrte Marmorsitzbild des Dionysos mit dem Saiten-
spiel, etwa in dem Maßstab unseres Kopfes 3). Auch im Innern dieser Bauwerke

■) Die drei oben genannten Gruppen gut abgeb.
im Text zu Brunn, Arndt, Denkm. Nr. 620; sie
und weitere freie Wiederholungen zusammen-
gestellt Jahreshefte XVI 1913, 107 ff. von Ducati.
Die Fragen, die sich daran knüpfen, können hier
nicht erörtert werden. Auch die mir nicht hin-

länglich genau bekannten Maße muß ich aus
dem Spiele lassen.
2) P. Herrmann, Denkm. der Malerei Taf. 114;
Helbig, Wandgem. Nr. 1235.
3) Herstellung des Thrasyllos-Denkmals bei Michaelis,
Arx Athenarum Taf. 33, die Überlieferung ebenda
 
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