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F. Oelmann, Zur Baugeschichte von Sendschirli.

oder bereits bogenförmigen Abschluß hatte, ist nicht zu entscheiden, doch scheint
mir die letztere Annahme im Hinblick auf die spitzbogigen Stadttore in Boghaz-
köi und die vermutliche Abkunft des Liwans von den rundbogigen Schilfhütten
der Euphratanwohner wohl erwägenswert1). Da nun die Wirkung dieser Fassade
durch die übergreifende Nordwestecke von J3 — und erst recht natürlich durch
K — zerstört ist, so ist der Schluß unausweichlich, daß der Bau Ji—3 nachträg-
lich vor J4—j4 vorgesetzt ist. Ob die rechte Hälfte des rückwärtigen Gebäude-
teils (J4—9) dasselbe Fassadenmotiv wiederholte oder ob hier der Mittelraum
Ϊ6 vorn geschlossen war, kann natürlich nur eine Tiefgrabung lehren. Unbedingt
nötig scheint es mir nicht, denn auch in dem Raumkomplex L4—6, dem das
gleiche Schema des dreiteiligen Hauses zu Grunde liegen dürfte (L T—3 und
L7—8 sind wohl Anbauten), ist der Mittelraum L5 nach vorn nicht voll ge-
öffnet2).
So ergibt die Grundrißanalyse des Nordwestbezirks vier Einzelhäuser, wie
sie auch aus der Bauinschrift des Barrekub herauszulesen sind. Da K als das
Haus des Barrekub und Jt—3 als das des Kalamu bereits erkannt worden sind,
so liegt der Schluß nahe, daß mit dem Winterhaus und Sommerhaus der Raum-
komplex J4—-14 gemeint ist. Die westliche Hälfte Jr0—14 mit dem weit geöffneten
Liwan könnte dann das Sommerhaus sein, während in der östlichen Hälfte (J4—9),
die eine größere Anzahl kleiner und geschlossener Räume aufweist, eher das
Winterhaus zu erkennen wäre.
Was die absolute Chronologie betrifft, so reicht das Doppelhaus J4—14
nunmehr mindestens in die Zeit des Haja(nu) oder Gabbar, also in die Mitte oder
erste Hälfte des 9. Jahrhunderts hinauf und ist somit wahrscheinlich das älteste
Gebäude, das überhaupt in Sendschirli vollständig im Grundriß erhalten ist. Die
Baugeschichte stellt sich jetzt in wesentlichen Punkten anders dar, als Koldewey,
v. Luschan und Jacoby sie sich gedacht haben. Am Anfang steht das Doppelhaus J4—14
mit seinem in dieser Umgebung ganz fremdartig wirkenden Grundrißschema des
dreiteiligen LiwTanhauses. Auch L4—6 und vielleicht L;—3 mögen noch in diese
Zeit zurückreichen, ebenso wie die unter Hr gelegenen Bauten, deren Grundriß-
schema nicht bekannt ist. Die Burgmauer in ihren älteren Teilen sowie das
äußere Burgtor mit seinem ganz altertümlichen Orthostatenschmuck wird gleich-
falls hierhergehören. Dann baut Kalamu in der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts

enne I Taf. 39 f.; Μ. Dieulafoy, L’art antique
de la Ferse IV 1885 Taf. 13 ff.
J) Auf die Geschichte des Liwanhaustypus werde
ich an anderer Stelle ausführlicher zu sprechen
kommen. — Für die Frage der Wölbung in
Sendschirli ist noch eine Grabstele aus der Zeit
des Barrekub zu vergleichen (v. Luschan, Ausgr.
325 ff. Taf. 54). Der rundbogige Abschluß
des Bildfeldes mit seiner rechteckigen Um-
rahmung läßt sich ohne architektonisches Vor-
bild kaum erklären.

2) Weitere Beispiele für die Schließung des Mittel-
raums in gleichen oder ähnlichen Haustypen
sind der Nordostpalast in Lachisch-Tell el Hesi
(Kanaanitisch, 14. Jahrhundert?, vgl. Bliss, A
Mound of Many Cities, 1894, 71 ff. H. Vincent,
Canaan, 1907, 64 Abb. 35; die Front liegt
nach Westen, nicht nach Osten!), ferner die
Nebenhäuser in Mschatta (vgl. Jahrb. preuß.
Kunstsamml. XXV 1904 Taf. 7) und vor allem
das Hauranhaus der Kaiserzeit (vgl. H. C. Butler,
Ancient Architecture in Syria, 1907 ff. A 194 ff.).
 
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