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Jolly, Julius
Recht und Sitte: einschliesslich der einheimischen Litteratur — Strassburg, 1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.23228#0011
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i. Die Quellen.

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besten erhaltene und am frühesten erforschte und gedruckte dieser dharma- \
sütra ist dasjenige des Äpastamba (Äpastambhd). Die Äpastambiyas oder I
Apastambs sind eine noch jetzt im südlichen Indien vertretene Brahmanen-
kaste.1 Nach der Volkszählung von 1891 gab es z. B._in Bombay (Presidency
division) 267 »Apastambs«, auch in Berar werden »Äpastambhs« unter den
Brahmanen aufgeführt.2 Schon nach dem Mahärnava waren sie in Südindien
südlich von der Godävafi ansässig, und ihr frühes Vorkommen in diesen
Gegenden wird durch eine Pallavainschrift aus dem 5.—6. Jahrhundert n. Chr.
bestätigt.3 Der Veda, dem die Äpastambiyas anhängen, ist der schwarze
Yajurveda, und zwar bilden sie eine der fünf Unterabteilungen der Khändiklya-
schule, die ihrerseits ein Zweig der Taittiriyaschule ist.4 Ihr kanonisches Buch
ist jedoch heutzutage und wohl schon seit sie eine besondere Schule sind,
das grosse kalpasütra in 30 eng zusammenhängenden Kapiteln, von denen
unser dharmasütra (ed. Bühler) das 28. und 29. Kapitel bildet. Der Inhalt
desselben erstreckt sich vorzugsweise auf das Vedastudium und die sonstigen
Pflichten der Brahmanennovizen, auf Reinigungen, verbotene Speisen, Bussen,
die Pflichten eines snätaka und grhastha u. dgl. Gegenstände des religiösen
Rechts; von dem weltlichen Recht wird nur das Eherecht, Erbrecht und Straf-
recht kurz, aber eigenartig behandelt. In sprachlicher Beziehung wimmelt
unser Werk von altertümlichen und anomalen Formen und Ausdrucksweisen,
die sich wohl nur so erklären lassen, dass es abgeschlossen worden ist, ehe
der von Pänini geschaffene Kanon der Sanskritsprache zur Herrschaft gelangt
war. Dieser Umstand im Verein mit einigen anderen Kriterien hat Bühler
dazu bewogen, die Abfassung unseres dharmasütra in das 4. oder 5. Jahr-
hundert v. Chr. zu setzen. Besonders wichtig hiefür ist noch die Erwähnung
des Sväaketu, der schon im Satapathabrähmana und der Chändogyopanisad
als ein vedischer Lehrer erscheint, als eines Modernen avara bei Äpastamba
(1, 5, 4 ff.). Andrerseits kann dieser Autor nicht zu den älteren vedischen
Schulhäuptern gehören, da ihm nach der Tradition, welche durch die Ver-
gleichung der erhaltenen Werke gestützt wird, Baudhäyana u. a. Autoritäten
als Begründer neuer Schulen vorausgingen.5 Was die Heimat des Äpastamba
betrifft (gleichviel welcher wirkliche Name unter diesem Patronymikum steckt),
so kennzeichnet er dadurch dass er (2, 17, 17) einen bei den Leuten des
Nordens (tiduya) vorkommenden Brauch mit Missbilligung erwähnt sich selbst
als einen Bewohner des Südens. Vielleicht war er speciell in dem Andhralande,
d. h. der Gegend zwischen der Godävafi und Krsnä, zu Hause, da er das
Taittirlyäranyaka in derjenigen Version anführt, welche bei den Ändhrabrah-
manen üblich ist, wie auch nach der schon erwähnten Nachricht im Mahärnava
die Äpastambaschule im Andhralande ihren Sitz hatte. Die südliche Heimat
dieser Schule spricht ebenfalls für ihren verhältnismässig späten Ursprung, da
der Süden überhaupt in den vedischen Samhitäs noch gar nicht vorkommt
und die Andhras im Aitareyabrähmana noch als Barbaren erscheinen.6 —■ Sehr
nahe verwandt mit dem dharmasütra des Äpastamba ist dasjenige des Hira-
nyakesin, dessen geringe, meist nur auf Verschiedenheit der Lesarten beruhende
Abweichungen von ersterem Bühler in einem Anhang zu seiner 2. Ausgabe des
Äp. zusammengestellt hat. In der aus 35 Abschnitten bestehenden Sammlung
der Sütras der Hiranyakesinschule bildet das dharmasütra den 26. und 27.
Abschnitt.7 Nach der Tradition war Äpastamba ein Vorgänger des Hiranya-
kesin* der sich von der älteren Äpastambaschule abzweigte und eine neue,
zwischen dem Sahyagebirge (im Konkan und weiter südlich) und dem süd-
westlichen Meer ansässige Schule begründete, die aber noch jetzt ihre Ab-
hängigkeit von der Äpastambaschule anzuerkennen scheint? Der Umstand,
dass ein Hairanyakesabrahmane auf einer Pallavainschrift des 5. oder 6. Jahr-

1*
 
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