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Jolly, Julius
Recht und Sitte: einschliesslich der einheimischen Litteratur — Strassburg, 1896

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https://doi.org/10.11588/diglit.23228#0095
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2. Familien- und Erbrecht.

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citirte Vers (Baudh. 1, 11, 16; Vas. 17, 86), wonach Brahmanengut schlimmer
als Gift ist, kommt auch in den Inschriften häufig vor. Der hier den Brah-
manen gewährte Vorzug erinnert an ihre Bevorzugung bei gefundenen Schätzen,
die sonst auch dem König zufallen (M. 8, 30 ff. u. a.). Vielleicht hängt die
Unbestimmtheit der Smrtiregeln über das Erbrecht der entfernteren Verwandten
mit dem Heimfallsrecht des Königs zusammen, zum Teil gewiss auch mit
der Seltenheit der Teilungen in älterer Zeit, da in ungeteilten Familien beim
Fehlen männlicher Descendenz die mit dem Erblasser in Gütergemeinschaft
lebenden Verwandten auch seine Erben waren. Auch mochte es bei der
Weitherzigkeit des indischen Rechts in Bezug auf den Begriff der Sohnschaft
nicht allzuhäufig vorkommen, dass gar kein Sohn von irgend einer Art da
war. Erst die mittelalterlichen Juristen sind an die Aufstellung eines voll-
ständigen Systems der Erben gegangen, weichen dabei aber sehr bedeutend
von einander ab, namentlich tritt hier wieder wie bei der Teilung (g 23) ein
sehr starker Unterschied zwischen dem bengalischen System und den übrigen
hervor, der sich besonders auf die Stellung und Rechte der Frauen bezieht.
Um wenigstens eines dieser Systeme teilweise anzuführen, so ist die Tabelle
der männlichen Agnaten {gotraja) nach der Mit. so aufzustellen6.

Das Gewohnheitsrecht des Punjab stimmt auch hier wieder mehrfach mit
den Smrtis überein, obschon ihm der Zusammenhang des Erbrechts mit den
Totenopfern fremd ist7. Die Erbfolge ist streng agnatisch geordnet, nach
Parentelen und mit unbedingtem Repräsentationsrechtj nie geht das Familien-
gut aus dem got (gotra) hinaus. Sind gar keine männlichen Descendenten
vorhanden, so erbt die Witwe, aber sie kann das Familiengut nicht veräussern,
da es nach ihrem Tod wieder an die Agnaten ihres Gatten fallt, und kann
durch die Agnaten überhaupt in ihren Dispositionen mehr oder weniger be-
schränkt werden. Die Tochter hat nur Anspruch auf Unterhalt bis zu ihrer
Verheiratung, doch finden sich auch Ansätze zu einem Erbrecht der Tochter,
wogegen anderwärts auch der Witwe nur Sustentation gewährt wird5.

1 Goldstücker, On the deficiencies in the present administration of Hindu
Law 19 ff. — 2 Vgl. Tag. Lect. 168—175; Caland, Altind. Ahnencult 163. — 3 Vgl.
Tag. Lect. 193, 286. — 4 Mit. zu Y. 2, 136 (Colebrooke 2, 6, 1). — 5 Bühler
SBE 25, LXX. — 6 West and Bühler 3 123. — 7 TüPPER 2, 142. — 8 1. c. 2,
101, 142, 258 u. s. f. Vgl. Kohler ZVR 7, 201—217.

% 25. Besondere Formen des Erbgangs. 1. Das Frauengut (stri-
dhana), d. h. das peculium der weiblichen Familienmitglieder, und die besondere
Erbfolge in dasselbe1 kommt teils der Sache, teils auch dem Namen nach
schon in den älteren Dharmasütras vor, namentlich bei Gaut. 28, 24 fr., doch
giebt zuerst Vi. 17, 18 eine Aufzählung der verschiedenen Bestandteile des

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