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II. LlTTEKATUR UND GESCHICHTE. 8. RECHT UND SlTTE.
stfidhana. Als solche nennt er die Geschenke, welche die Frau von ihren
Eltern, Söhnen, Brüdern oder Verwandten erhalten hat, was ihr bei und nach
der Hochzeit geschenkt worden ist, das sulka und die von ihrem Gatten im
Fall ihrer Zurückstellung hinter eine zweite Frau erhaltene Entschädigung
(ädhivedanikd). Unter sulka ist die nach einer auch bei anderen Völkern vor-
liegenden Entwicklung2 aus dem Brautpreis entstandene Zuwendung des Gatten
an die Frau vor oder bei der Hochzeit zu verstehen (§ 16). Das stfidhana
soll, wenn die Eigentümerin desselben Kinder hat, auf die Töchter vererbt
werden, also eine ausschliesslich weibliche Erbfolge wie bei der berühmten
»Gerade« des deutschen Rechts; doch darf man wohl annehmen, dass in
Ermanglung von Töchtern die Söhne erben sollen. Bei einer kinderlos ver-
storbenen Frau ist dagegen zu untersuchen, ob sie nach einer der vier höheren
oder der vier niederen Formen (§ 16) verheiratet war; im ersteren Falle fällt
ihr stridhana an ihren Gatten, im letzteren an ihren Vater. Der Gatte soll
hienach Vermögensnachteile erleiden, wenn er nicht nach einer der orthodoxen
Formen heiratet, oder seine Ehe (vgl. När. 12, 29) gilt in solchem Falle nicht
für so fest geschlossen als sonst; auch kann daran erinnert werden, dass die
gebräuchlichste der niederen Formen die Äsuraehe ist und das aus dieser
Heiratsform stammende sulka ursprünglich dem Vater zukam, an den es so
durch Vererbung zurückfallen soll. Y. 2, 142 —144 (vgl. 117) stimmt mit
Vi. in der Hauptsache überein, auch M. 9, 131, 194, 196 f., När. 31, 8 f. u. a.
verfügen ähnlich, desgleichen Mah. 13, 45, 12 (= M. 9, 131). Die weibliche
Erbfolge in den Schmuck und die Ausstattung der Mutter oder überhaupt
ihr stridhana, erwähnen auch Baudh. 2, 3, 43, Vas. 17, 46, Gaut. 28, 24,
Gaut. (vgl. Brh. 25, 86; M. 9, 131) mit dem interessanten Zusatz, dass es
zunächst an die unverheirateten und daher einer Versorgung bedürftigen, erst
subsidiär an versorgungsbedürftige verheiratete Töchter gelangen soll. Bei
einer Teilung des Vermögens soll der Schmuck der Frauen nicht mit zur
Teilung gebracht werden, sondern ihnen reservirt bleiben {Äp. 2, 14, 9; Vi.
17, 22; M. 9, 200). Ebenso soll auch das sulka nach der allerdings viel-
deutigen und vielfach gedeuteten Stelle Gaut. 28, 24 f. zuerst auf die Mutter
und erst nach deren Tod auf die Brüder vererbt werden. Jünger ist wohl
die Auffassung, dass das stridhana zwischen den Söhnen und Töchtern geteilt
werden soll, so nach M. 9, 192, 195, När. 31, 9, Brh. 25, 87 u. a. Käty. 24,
94—97 lässt das von Verwandten geschenkte stridhana wieder an dieselben
zurückgehen, das übrige sollen zunächst die (unverheirateten) Töchter, eventuell
die Söhne und die verheirateten Töchter erhalten; hat die Erblasserin keine
Kinder, so erben, falls sie nach einer niedrigen Form verheiratet war, ihre
Eltern, jedoch sollen Liegenschaften stets an die Brüder kommen. Die Be-
rücksichtigung des Mannesstamms und die Unterscheidung verschiedener Arten
des stridhana einschliesslich Immobilien bei der Vererbung deuten auf eine
Epoche, in der dasselbe sich weit über blosse Schmuck- und Gebrauchs-
gegenstände hinaus entwickelt hatte. Eine solche Entwicklung verraten auch
die namentlich bei Käty. 24, 80—92 wieder sehr complicirten Bestimmungen
über das Dispositionsrecht der Frau über ihr stridhana. Ganz nach Belieben
soll sie die Geschenke liebender Verwandten (saudäyika) verwenden, ver-
schenken oder veräussern dürfen, selbst wenn sie in Immobilien bestehen.
Weder ihr Gatte, noch ihre Blutsverwandten haben ein Recht auf ihr stridhana
und sollen es ihr bei gewaltsamem Gebrauch mit Zinsen zurückerstatten und
eine Busse bezahlen; doch wird auch der Fall in Betracht gezogen, dass sie
freiwillig ihrem Gatten ihr stridhana leiht, etwa zum Betrieb seiner Geschäfte.
Selbst von dem Gatten nur versprochenes stridhana müssen ihr die Söhne
nach seinem Tod auszahlen, jedoch nur wenn sie bei seiner Familie, nicht
II. LlTTEKATUR UND GESCHICHTE. 8. RECHT UND SlTTE.
stfidhana. Als solche nennt er die Geschenke, welche die Frau von ihren
Eltern, Söhnen, Brüdern oder Verwandten erhalten hat, was ihr bei und nach
der Hochzeit geschenkt worden ist, das sulka und die von ihrem Gatten im
Fall ihrer Zurückstellung hinter eine zweite Frau erhaltene Entschädigung
(ädhivedanikd). Unter sulka ist die nach einer auch bei anderen Völkern vor-
liegenden Entwicklung2 aus dem Brautpreis entstandene Zuwendung des Gatten
an die Frau vor oder bei der Hochzeit zu verstehen (§ 16). Das stfidhana
soll, wenn die Eigentümerin desselben Kinder hat, auf die Töchter vererbt
werden, also eine ausschliesslich weibliche Erbfolge wie bei der berühmten
»Gerade« des deutschen Rechts; doch darf man wohl annehmen, dass in
Ermanglung von Töchtern die Söhne erben sollen. Bei einer kinderlos ver-
storbenen Frau ist dagegen zu untersuchen, ob sie nach einer der vier höheren
oder der vier niederen Formen (§ 16) verheiratet war; im ersteren Falle fällt
ihr stridhana an ihren Gatten, im letzteren an ihren Vater. Der Gatte soll
hienach Vermögensnachteile erleiden, wenn er nicht nach einer der orthodoxen
Formen heiratet, oder seine Ehe (vgl. När. 12, 29) gilt in solchem Falle nicht
für so fest geschlossen als sonst; auch kann daran erinnert werden, dass die
gebräuchlichste der niederen Formen die Äsuraehe ist und das aus dieser
Heiratsform stammende sulka ursprünglich dem Vater zukam, an den es so
durch Vererbung zurückfallen soll. Y. 2, 142 —144 (vgl. 117) stimmt mit
Vi. in der Hauptsache überein, auch M. 9, 131, 194, 196 f., När. 31, 8 f. u. a.
verfügen ähnlich, desgleichen Mah. 13, 45, 12 (= M. 9, 131). Die weibliche
Erbfolge in den Schmuck und die Ausstattung der Mutter oder überhaupt
ihr stridhana, erwähnen auch Baudh. 2, 3, 43, Vas. 17, 46, Gaut. 28, 24,
Gaut. (vgl. Brh. 25, 86; M. 9, 131) mit dem interessanten Zusatz, dass es
zunächst an die unverheirateten und daher einer Versorgung bedürftigen, erst
subsidiär an versorgungsbedürftige verheiratete Töchter gelangen soll. Bei
einer Teilung des Vermögens soll der Schmuck der Frauen nicht mit zur
Teilung gebracht werden, sondern ihnen reservirt bleiben {Äp. 2, 14, 9; Vi.
17, 22; M. 9, 200). Ebenso soll auch das sulka nach der allerdings viel-
deutigen und vielfach gedeuteten Stelle Gaut. 28, 24 f. zuerst auf die Mutter
und erst nach deren Tod auf die Brüder vererbt werden. Jünger ist wohl
die Auffassung, dass das stridhana zwischen den Söhnen und Töchtern geteilt
werden soll, so nach M. 9, 192, 195, När. 31, 9, Brh. 25, 87 u. a. Käty. 24,
94—97 lässt das von Verwandten geschenkte stridhana wieder an dieselben
zurückgehen, das übrige sollen zunächst die (unverheirateten) Töchter, eventuell
die Söhne und die verheirateten Töchter erhalten; hat die Erblasserin keine
Kinder, so erben, falls sie nach einer niedrigen Form verheiratet war, ihre
Eltern, jedoch sollen Liegenschaften stets an die Brüder kommen. Die Be-
rücksichtigung des Mannesstamms und die Unterscheidung verschiedener Arten
des stridhana einschliesslich Immobilien bei der Vererbung deuten auf eine
Epoche, in der dasselbe sich weit über blosse Schmuck- und Gebrauchs-
gegenstände hinaus entwickelt hatte. Eine solche Entwicklung verraten auch
die namentlich bei Käty. 24, 80—92 wieder sehr complicirten Bestimmungen
über das Dispositionsrecht der Frau über ihr stridhana. Ganz nach Belieben
soll sie die Geschenke liebender Verwandten (saudäyika) verwenden, ver-
schenken oder veräussern dürfen, selbst wenn sie in Immobilien bestehen.
Weder ihr Gatte, noch ihre Blutsverwandten haben ein Recht auf ihr stridhana
und sollen es ihr bei gewaltsamem Gebrauch mit Zinsen zurückerstatten und
eine Busse bezahlen; doch wird auch der Fall in Betracht gezogen, dass sie
freiwillig ihrem Gatten ihr stridhana leiht, etwa zum Betrieb seiner Geschäfte.
Selbst von dem Gatten nur versprochenes stridhana müssen ihr die Söhne
nach seinem Tod auszahlen, jedoch nur wenn sie bei seiner Familie, nicht