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Justi, Carl
Winckelmann, sein Leben, seine Werke und seine Zeitgenossen: mit Skizzen zur Kunst- und Gelehrtengeschichte des 18. Jahrhunderts (Band 2,1): Winckelmann in Italien — 1972

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https://doi.org/10.11588/diglit.52963#0300
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Erstes Buch. V. Der Cardinal Albani.

Aber gleich hinter dem Brief, welcher diese Nachricht brachte, kam ein
anderer von der Hand Giacomelli's, mit einem Antrag des Cardinals
Alexander Albani, einen: vollen Ersatz für die eben verloren gegangenen Aus-
sichten. Jener lang erhoffte Regierungswechsel, bei dem zur Stelle zu fein,
Winckelmann einst von Neapel kam, war für ihn ohne einen Treffer vor-
übergegangen: jetzt, als er an Rom und sein Glück kaum noch dachte, traf
ihn die Kunde, daß endlich die Wendung gekommen sei. Auch dieser Theil
des Vermächtnisses des Barons sollte sich noch in Florenz erfüllen; denn
Stosch war es, der „mit großem Ruhm von ihm an Albani geschrieben"
und so den ersten Anlaß zu dieser Verbindung gegeben hatte.
„Der Cardinal Albani, das Haupt von allen Alterthrunsverständigen,
hat mir aus eigener Bewegung eine Wohnung in seinen: Palast angetragen,
welches ich ... . ohne Bedenken angenommen habe". „Ohne Bedenken",
fällt aus nach dem früheren Sträuben gegen solche Anerbieten, nach jenen
Beisteuerungen des Werths der Freiheit. Aber wenn man weiter hört, wie
er nach dem Engagement ruhig noch ein Vierteljahr in Florenz bleiben darf,
dann in Rom fünf Vierteljahre bloß Catalog macht, so sieht man wohl
das Warum. Dieser Antrag „kau: von einen: Mann, der Gutes thun will,
ohne es abverdient zu haben .... Es scheint als wenn ich bei ihn: sei,
um für andere zu arbeiten". Er wußte daß er an sihm einen „Herrn"
haben werde, der ihn bei sich haben wollte, „nicht zu dienen, sondern damit
er sagen kann, daß ich ihm angehöre". Kurz nicht um seine Arbeit, sondern
um seine Person war es den: Cardinal zu thun.
Sein Amt war die Aussicht über die „große und ausgewählte Biblio-
thek, welche der gelehrte Pabst Clemens Xl gestiftet hatte". Eigentlich hätte
er sie in Ordnung bringen sollen; aber er „hatte keinen Augenblick Zeit
dazu .... Meine Beschäftigung mit der Bibliothek Clemens XI besteht in
deren Gebrauch"; er steht beim Cardinal als „Bibliotheearius, ohne einen
Federstrich für ihn oder in der Bibliothek zn machen".
Mit der Bibliothek war auch eine Kunstsammlung verbunden. „Was
mir weit mehr werth ist, als ein großer Haufen von Büchern, wovon ich
einen großen Theil kann: des Anblicks, geschweige denn des Lesens werth
halte, ist das Cabinet von Handzeichnungen und Kupferstichen, worunter u. a.
ein großer Band Zeichnungen des berühmten Poussin sich befindet, und zwölf
Bände in Folio von dem Domenichino. Diese habe ich aus meiuen: Tische,
und unter den Manuseripten sind Sachen, welche künftig können Aufmerksam-
keit erwecken, wenn Gott Leben und Gesundheit giebt". Die Zeichnungen
hatte der Pabst von den Erben des Commandatore Stefano del Pozzo und
von Carl Maratta gekauft. Hier befanden sich die Copien alter Gemälde
 
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