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Justi, Carl
Winckelmann, sein Leben, seine Werke und seine Zeitgenossen: mit Skizzen zur Kunst- und Gelehrtengeschichte des 18. Jahrhunderts (Band 2,1): Winckelmann in Italien — 1972

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https://doi.org/10.11588/diglit.52963#0299
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Fünftes Capitel.
Der Cardinal Albani.
§ 65.
Eintritt ins albanische Haus.
Noch zu Florenz im October 1758 wurde Winckelmanu durch die Nach-
richt vom plötzlichen Tode seines Padroue, des Cardinalstaatssecretärs über-
rascht. Es war am Sonnabend Abend, den 30. September, als Archinto,
im Zimmer des Cardinal Feroni, dem er eine Krankenvisite abstattete, von
einem Schlagfluß getroffen ward, der seinem Leben augenblicklich ein Ende
machte. In Rom hielt man ihn sür vergiftet, und vier der ersten Aerzte
saßen über der Leiche zu Rathe. Viele, besonders die welche das kritische
der damaligen Lage des Kirchenstaats kannten und nichts gutes voraussahen,
Wenn man im Quirinal die Lust verlöre, sich den Zeitverhältniffen zu fügen,
hielten diesen Todesfall für ein Unglück. „Gott scheint mit Rom zu zürnen,
schrieb Paciaudi an Olivieri, denn er hat uns plötzlich den besten Minister
genommen. Ein unersetzlicher Verlust; denn für die Geschäfte, welche auf
dem Tapet waren, giebt es keinen passenderen". Archinto war für die Auf-
hebung des Jesuitenordens. „Jedenfalls, (so räsonnirten noch Jahre nachher
die Politiker der Piazza) wäre er am Leben geblieben, so wäre der zelotische
Torrigiani nicht Minister geworden, so hätte der heilige Stuhl sich nicht so
unverständig für dw Compagnie erhitzt und die Kronen gegen sich aufgebracht,
so wäre der Kirche der ganze Sturm erspart geblieben, der nur durch die
Vernichtung des Ordens beschworen werden konnte".
Von allen die den Mailänder Cardinal gekannt, nahm Winckelmann
dessen Tod fast am gleichgültigsten auf. Die bittere Moral für ihn war die
Unsicherheit solcher Berechnungen wie die, welche ihn einst, mit tiefem Wider-
streben, zu dieser Verbindung bestimmt hatte. Usi-ckicU kruotum lon^i obss-
hüll, seufzt er. — Die Bibliothek, die er verwaltet, ward im Frühjahr 1760
durch den spanischen Agenten für Madrid angekauft, um 7500 Scudi.
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