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Justi, Carl
Winckelmann, sein Leben, seine Werke und seine Zeitgenossen: mit Skizzen zur Kunst- und Gelehrtengeschichte des 18. Jahrhunderts (Band 2,1): Winckelmann in Italien — 1972

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https://doi.org/10.11588/diglit.52963#0374
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Siebtes Capitel.
Zwei Reisen nach Neapel (1762 und 1764).
§ 81.
' Reisepläne.
Man sollte denken, dieses reiche Leben, welches dem deutschen Gelehrten
im Albanischen Hause aufging, habe alle in die Weite strebenden Gedanken
für immer zum Schweigen gebracht, ja selbst eine vorübergehende Reise zu
einem Act der Selbstüberwindung gemacht. Aber ein reiches Leben enthält
mehr Reiz zur Bewegung als ein leeres. Der beständige Verkehr mit dem
stets wechselnden Fremdenkreis läßt uns selbst nur wie auf einer Station
begriffen erscheinen. Indem er das Kunstinventar der Metropole der Alter-
thümer nun schon übersieht und zum System sich geordnet hat, beunruhigt
ihn alles, wovon er als draußen vorhanden hört, wie den Sammler eine
Lücke in seinem Cabinet quält. Ein Ahnungsgefühl dessen was Griechenland
verbarg und was schon der nächsten Generation sich erschloß, müßte man bei
dem ältesten Propheten hellenischer Kunst von vornherein annehmen.
Goethe schildert uns, wie einer, der in Nom wohnt, der Reiselust nach
allen Weltgegenden ausgesetzt sei. „Er sieht sich im Mittelpunkt der alten
Welt, und die für den Altertumsforscher interessantesten Länder nah um sich
her, Großgriechenland und Sicilien, Dalmatien, den Peloponnes, Ionien und
Aegypten, alles wird den Bewohnern Roms gleichsam angeboten, und erregt
in einem der wie W. mit Begierde des Schauens geboren ist, von Zeit zu
Zeit ein unsägliches Verlangen, welches durch soviele Fremde noch vermehrt
wird, die auf ihren Durchzügen bald vernünftig, bald zwecklos jene Länder
zu bereifen Anstalt machen, bald, indem sie zurückkehren, von den Wundern
der Ferne zu erzählen und anszuzeigen nicht müde werden".
Die manuichfachen römischen Obliegenheiten, Arbeiten und Zerstreuungen,
und die sich neutralisirenden Wünsche selbst überlieferten schließlich die Ent-
scheidung dein Zufall. Statt neue Neisebilder ins Buch des Lebens einzu-
tragen, begnügte er sich, die eine alte Skizze von Neapel in mehrmaligen
 
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