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Justi, Carl
Winckelmann, sein Leben, seine Werke und seine Zeitgenossen: mit Skizzen zur Kunst- und Gelehrtengeschichte des 18. Jahrhunderts (Band 2,1): Winckelmann in Italien — 1972

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https://doi.org/10.11588/diglit.52963#0375
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§81. Reisepläne.

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Wiederholungen sorgfältig auszuführen. Dieß stimmte sowohl zu seiner nun-
mehrigen Gebundenheit, wie zu dem Bedürfniß der Ruhe, oder periodischer
Bewegung wenigstens, das er sich selbst zuzuschreiben ansängt.
Neapel, von wo er im April 1758 beim Tod des Pabstes plötzlich ab-
gereist war, eben als es ihm zu gefallen anfing, hatte einen Stachel zurück-
gelassen. Schon der Sommer des folgenden Jahres sollte daher wieder dort
verbracht werden, und zwar in Capo di Monte, wo man ihm alle Bequem-
lichkeit nebst freier Kost angetragen habe. Ende Juli dachte er, wenn die
Zeit der üblen Luft vorüber fei, d. i. im September, zu Wasser hinüberzu-
reisen. Florenz kam dazwischen, nun sollte es gleich nach dem Abschluß des
Catalogs sortgehen.
Aber in diesem Plan war die Stadt Neapel nur eine Station für
weitere Entdeckungsreisen. Der Anblick der Tempel Pästums hatte die be-
rauschende Vermuthung erzeugt, daß eine ganze Reihe solcher griechischer
Ruinenstädte in Unteritalien, Sicilien und Hellas zu entdecken seien. Was
die Adam, Stuart mit englischem Geld vollbrachten, das hatte Winckelmann
die Kühnheit, mit ein paar hundert Ducaten und einem einzigen Begleiter
zu unternehmen. Er hatte einen entschlossenen, rüstigen, im Zeichnen erfah-
renen Mann gefunden, mit seinem Enthusiasmus angesteckt und bestimmt
(September 1758), Vorarbeiten zu der Reise zu machen. Es war der Schotte
Morison aus Edinburgh, „ein Schüler von Blackwall, der eines der schönsten
Bücher in der Welt, Lnciuir^ into tim iiks unä ^ritin^s ok blomer, ge-
schrieben hat. Er ist fünf Jahre in Rom, kann den Homer lesen, und zeichnet
ziemlich. Er ist stark und gesund, nnd hat Herz und Muth. Ich wünschte,
daß er reicher wäre, er ist aber gut zu Fuße, wie ich" (16. November 17 58).
Morison sprach davon, eine englische Uebersetzung der Kunstgeschichte zu schreiben
und bogenweise in London drucken zu lassen.
Zunächst sollte es nach Calabrien und Sicilien gehen. Eine solche Reise
gehörte damals zu den kühnsten. Die Straßen waren äußerst vernachlässigt
und gefährlich; man reiste zu Roß, ein Soldat, der täglich wechselte, diente
als Führer von Ort zu Ort. So erreichte man nach einer lästigen Tage-
reise, nach den Beschwerden der Wege, wo die Furcht todtgeschlagen oder
wenigstens ausgeplündert zu werden, keinen: andern Gedanken Raun: ließ
als dem, sich seines Lebens zu wehren, Abends eine abscheuliche Herberge, die
nichts bot als Wasser, schlechten Wein und noch schlechteres Brot, ein elendes
Bett, Brennholz und einiges Küchengeräthe. Führte man keinen Koch mit
stch, kaufte man sich nicht an den zu erfragenden Stellen das nöthige zusammen,
so hatte man ein Mahl im Stil der alten Anachoreten zu überstehen. Doch
konnte man an vielen Orten, wenn man Empfehlungsbriefe aus der Capitale
mitbrachte, einer gastfreundlichen Aufnahme von Seiten der Notablen gewiß
 
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