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Schmidt, Richard [Bearb.]; Buchheit, Hans [Bearb.]; Paulus, Eduard [Bearb.]
Die Kunst- und Altertums-Denkmale im Königreich Württemberg ((Rave)Donaukreis ; Halbbd. 4): Oberamt Ravensburg — Stuttgart, 1931

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https://doi.org/10.11588/diglit.41581#0047
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Ravensburg

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Abb. 19. Ravensburg, Rathaus. Gotische Bant

Die Baugeschichte des Rathauses ist schwer zu klären. Sicher ist, daß das Rathaus
nicht, wie bisher angenommen wurde, dem 16. Jahrhundert angehört. Vielmehr lassen
die Maßwerke der Fenster darauf schließen, daß das Gebäude gegen Ende des 14. und in
der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts erstellt wurde. Es ist wahrscheinlich, daß das eigent-
liche Rathaus (ohne das später einbezogene Bürgerhaus) ursprünglich aus dem Gebäude-
teil bestand, der die Nordostecke des Rathauses bildet. Auffallend ist, daß das nördliche
Widerlager des Bogens III (s. Grundriß des Erdgeschosses) nicht in der Flucht der Ost-
mauer des Archivs liegt. Auch ist neuerdings eine Naht im Mauerwerk am Knick der
Nordwand des Rathauses unter dem Verputz zum Vorschein gekommen. Danach müßte
der Gebäudeteil über dem Archiv älter sein als der übrige Teil des Rathauses. Die Er-
weiterung dieses ersten Rathauses hat jedenfalls in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts
stattgefunden. Diese frühere Datierung stimmt auch besser mit der Entwicklung der Stadt
selbst überein. Beim Umbau 1876 wurden nicht nur die Fenster des Erdgeschosses,
sondern auch die Staffelgiebel verändert.
Folgende Jnnenräume sind bemerkenswert: der Sitzungssaal des ersten Stockes be-
sitzt eine gotische Holzdecke in Segmentbogenform, deren Balken halbrunden Querschnitt
und geschnitzte Lilien und Herzformen zeigen. Die Wände sind getäfelt, Brettaselu mit
schmalen Deckleisten und oberem Spitzbogenfries. Au den Fensterpfeilern gegen die Rat-
hausgasse kämpferartiges Kapitäl mit Laubwerkfratze. An dem Pfeiler gegen die Markt-
straße sitzendes Liebespaar, Steinskulptur um 1400, für die Datierung des Rathauses
wichtig. Die übrigen Holzdecken sind neu. In dem angebauteu Bürgerhaus in einem gegen
den Platz gelegenen Raum Segmentbogentonuendecke aus Holz mit sichtbarem Gebälk,
das durch primitive Schnitzereien verziert ist. Die Schildbogen der Wände zeigen derb
geschnitztes Blendmaßwerk. Der Raum dürfte der ersten Hälfte des 15. Jahrhun-
derts zuzuteilen sein. Neuerdings ist ornamentale Renaissancemalerei mit Sprüchen
und der Jahreszahl 1581 zum Vorschein gekommen.

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