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Gradmann, Eugen [Hrsg.]; Paulus, Eduard [Bearb.]
Die Kunst- und Altertums-Denkmale im Königreich Württemberg (Jagstkreis ; Halbbd. 1): Oberämter Aalen, Crailsheim, Ellwangen, Gaildorf, Gerabronn, Gmünd, Hall — Stuttgart, Esslingen, 1907

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https://doi.org/10.11588/diglit.19989#0657
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Kleinkomburg.

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Parzelle Kleinkomburg.

Auch St. Gilgeu (Jlgen) geuannt. Quelleu und Litteratur s. bei Komburg. Außer-
dem: Schriften des Württ. Altertumsvereins II. (1869) Heft 1 S. 30 ff.: Paulus d. I. über das
Kirchengebäude. — Der Kircheuschmuck XIV (1863) S. 79 ff.: Über die Restauration der Kirche.
(H. Merz). Die Wandgemälde in Klein-Comburg. Hall 1887. — Archiv für christl. Kunst 1885:
F. A. Mayer über die Waudgemälde; 1902: Derselbe über die Geschichte des Orts. Photo-
graphien von Lorent (Denkmale des Mittelalters in Württemberg); und von P. Siuner, Tübiugen.
Abbildungen s. Großkombnrg: Holzschnitt um 1650 und Altarbild von St. Gilgen, uin 1717.

Chronik: Nach den Komburger Chroniken des 16. Jahrhunderts (Weipr. v. Schenkenstein
und Widmann) murde im Jahr 1108 St. Gilgen gegründet, und zwar als Frauenkloster Bene-
diktiner Ordens. Gras Heinrich von Rothenburg habe dazu wie zu dem Bau der drei Komburger
Münstertürme die Mittel gegeben; Wigand aber habe erst die Vollendung ermöglicht. Die
Gattinnen Heinrichs und Wigands, Gräsin Geba und Frau Adelheid, seien selbst in das Frauen-
kloster eingetreten und daselbst begraben worden: außerdem Betha v. Lobenhausen. Neben anderen
Klosterfrauen und Schwestern wird auch eine „Äbtissin" Sophia genannt, vermutlich nach einem
alten (Komburger?) Nekrolog. Widmann allein berichtet außerdem von einer Priorin Agnes aus
Paris, die das klösterliche Leben zu St. Gilgen erstlich gepflanzt habe. Er verweist aus ein erz-
gegossenes Sigill mit Wappen: zwei „Rührschauseln" in einem Schild und der Umschrift 8 . V6-XUNI8 .
VL . UVUI8 . UUI0UI8 . 8 . U(WI, das 1513 beim Graben eines Kellers im Garten von St.
Gilgen gefunden worden sei und sich noch im Besitz des Chorherrn Weipr. v. Schenkenstein besinde.
Ein solches Wappensiegel ist nicht denkbar vor dem 13. Jahrhundert. Die Bezugnahme auf die
drei Münstertürme von Komburg läßt Widmanns Nachrichten über St. Gilgen auch nicht als be-
sonders zuverlässig erscheinen. Jn keiner Urkunde ist aber ein Frauenkloster zu St. Gilgen bezeugt.
Auch die älteste Komburger Chronik, die Umtoria äs ooii8lrnc:toridn8 bnino loei, die aus der
ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts stammt (Bossert a. a- O. S. 9), weiß nichts von einem Frauen-
kloster, wohl aber von einer oolla 8. XoZ-iäii in looo gni nrinrm LamborK vooabatnr, angefangen
i. I. 1108 von Gras Heinrich.

Jn der Schutzbulle Jnnorenz' IV. v. I. 1245 wird unter den Besitznngen des Klosters Kom-
burg auch genannt eine ooelooia 8. Uo-iäii äo XanrbkrA onin portin6ntÜ8 8nis (Württ. Urk.
IV. S- 181). Diese Bezeichnung läßt kaum ein Nonnenkloster vermuten.

Wenn 1149 ein prepo8itn8 Namens Gebhard als Komburger Zeuge vorkommt in der
bischöslichen Bestätigungsurkunde über die Vereinigung der Kirche zu Stein (Kocherstein) mit dem
Kloster Komburg (Württ. Urk. II. S. 53), so kann auch an einen Propst von Stein gedacht werden.

Ein prepo8itn8 8. U^iäii ist aber 1283 in einer Komburger Urkunde bezeugt (Württ. Urk.
VIII. S. 410); 1345 ein pra6po8itn8 86N oapellanno ooonobii 8. ÜAiäii in niinori OamberA-
(Archiv f. christl. K. 1902 Sp. 47); 1355 und 1357 Propst Rudolf von St. Gilgen (Württ. Jahrbb.
1901 I. S. 17). 1362 wird eine Steuer angeseht, die der Propst von St. Gilgen dem von Stein
jährlich entrichten soll (W. Fr. III. s1853s S. 63. Propst kann sreilich auch der Beichtvater eines
Nonnenklosters heißen. Der letzte bekannte Propst von St. Ägidien ist Konr. von Herbolzheim 1424,
an den eine Jahrtagstafel in der Josephskapelle zu Kombnrg erinnert (F. X. Mayer, Archiv f. christl.
K. 1902 S. 47). Später, 1673 war St. Ägidien ein Spital oder Pfründhaus für arme Frauen.

Nach dem Katalog der Äbte, der auf alten Nekrologien oder Anniversarien bernht, wurden
die Äbte Günther (um 1108) und Konrad I. (um 1216) bei St. Ägidien begraben.

Ein vielbesuchter Markt schloß sich an die Kirchweih zu St. Gilgen an (1265 bestätigt von
Limpurg. Württ. Urk. VI. S. 188).

Das Frauenkloster könnte also nur wenige Jahrzehnte bestanden haben, bis St. Gilgen
in eine komburgische Propstei verwandelt wurde. Da die Klosterfrauen, deren Namen überliefert
sind, auch als Jnsassen eines Doppelklosters Komburg gedacht werden können, wie z. B. Zwiefalten,
auch eine Hirsauer Gründung, ursprünglich eines war, so bleibt als Beweis urkundlicher Art für
den einstigen Bestand eines Frauenklosters zu St. Gilgen eigentlich nur das im 16. Jahrhundert
gefundene Sigill übrig, dessen Legende Widmann allein überliesert hat. Es sällt ins Gewicht, daß
die Basilika von St. Gilgen keine Spur von einem Nonnenchor d. i. einer Empore aufweist,
 
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