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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 27.1911-1912

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Israëls, Jozef: Aus Jozef Israëls "Spanischer Reise"
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https://doi.org/10.11588/diglit.13090#0033

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AUS JOZEF ISRAELS „SPANISCHER REISE"

verrät Rubens seinen Charakter und die Eigen- nun ein häßliches Gemälde, und wie schön
art seines Talentes. Bei Dir dagegen wird ist es doch." — Meine zweideutigen Redens-
alles durch gleichmäßiges Schaffen ohne Ende arten machten auf sie keinen Eindruck, und
ersetzt, immer dieselbe Farbenauffassung, die- ich sah, daß sie gleich mir getroffen waren,
selbe Behandlung, die alles weich und glatt Morales heißt der Maler; es ist ein Mann,
macht; würde ich Dich vielleicht den Maler den wir wenig kennen. In Madrid hatte ich
der frommen Sanftmut nennen dürfen? auch bereits etwas von ihm gesehen. Morales

Und doch werden deine Werke denen der ist der Gegenfüßler des angenehmen Murillo.
andern großen Spanier stets gleichgestellt wer- Schwarz ist er und grau, die Farbe ist keine
den, denn Dein Werk ist schön; große Ge- Farbe, sondern nur ein Ton von schaurigem
mälde füllen Kirchenwände und Palais mit Blaugrau, aber — welch ein Gefühl, welch
angenehmen Kompositionen, voll fröhlicher ein Charakter, es ist alles wie geschaffen, um
Farben, und sie haben nicht den Fehler des die große Trauermär des toten Sohnes auf
Puppigen — mit dem Du nichts zu tun hast, dem Schöße seiner Mutter auszudrücken. Maria
So dachte ich, als ich durch das Museum ist ein unscheinbares Wesen, aber es ist ein
ging, aber als ich ein Ende weiter gegangen Mensch, es ist eine Frau. Mit einem weh-
war, da stand ich wieder. „Kommt einmal her," mütigen, ärmlichen Gesicht sieht sie uns an
rief ich meinen Reisegefährten zu, „das ist und neigt ihr Haupt, ihr kleines, abgemagertes

Haupt über das Angesicht
~^~*""*Vn|^^^^^^^H des entschlafenen Jesus. —

Alles, was Murillo fehlt, ist
in diesem Gemälde ver-
.JL ^ . einigt: Einfalt und Ernst;

Prunksucht der Malkunst ist
' j hier vollständig verbannt.

£ i Daß doch die Menschen

^ iji . die Gemälde stets als Möbel

. für Salons, in Korridors,

Kirchen und Gebäuden ge-
\ f brauchen wollen. Nun kommt

sogar die moderne Idee, daß
das Gemälde sich dem Ge-
B samteindruck des Gebäudes

H anschließen muß; es muß

I | ■ 1 ' mitwirken. Und Du, armer

Morales, hast für Dekora-
tionen kein Geschick, aber
^ : Dein Werk möchte ich wohl

* in mein kleines Zimmer mit-

\ { nehmen, ich würde es nicht

^^5j^--/0^ig|^ aufhängen, ich würde es mit

ig \ der bemalten Seite gegen

^^^^Hi H' ||l die Wand stellen, aber

jenen Augenblicken, wo man
am liebsten mit sich selbst
allein ist, in Stille nach-
denkt und die Welt ringsum
vergessen möchte, dann
würde ich Dein Werk vor
mich hinstellen, und es
würde mich trösten, einen
Geist gefunden zu haben,
it der mit mir fühlt und denkt

— und Leid erhebt zu je-
nem Geheimnisvollen, das
ignacio zuloaga bettler wir Poesie nennen.

m

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