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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 27.1911-1912

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Franck, Philipp: Moderne Kunst und Publikum
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https://doi.org/10.11588/diglit.13090#0108

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MODERNE KUNST UND PUBLIKUM

i vorige Generation hatte, haben sie nicht zu Sports aller Art und seiner Darstellung fand |
I erreichen vermocht. er die reichste Nahrung. Springende Renn-

I Und doch haben im Grunde diese Künstler pferde, segelnde Yachten, rollende Gespanne I
1 nur ähnliche Wege eingeschlagen, wie sie die zeigen ihre Einzelheiten nicht mehr deut- I
Wissenschaft auch gegangen war. Wie der lieh, aber ihre Wiedergabe setzt beim Künstler 1
Mensch als Einzelwesen durch die Erkennt- nicht nur die allergenaueste Kenntnis des ein-
nisse der Wissenschaft mehr und mehr un- zelnen voraus, sondern auch noch die Beur- ,
I wichtig wurde, wie er sich als kleines Ge- teilung der Erscheinungsmöglichkeiten in dem i
I schöpf im Weltall verlor, geradeso kamen betreffenden Moment. Gerade diese „flüch- i
| die modernen Malprobleme zu ähnlichen Re- tigen" und „fleckigen" Bilder waren oft ein j
I sultaten. Wer sich die Darstellung eines Stückes Resultat erhöhten Studiums. I
I Welt zur Aufgabe macht, wer das Zusammen- Für diese Großzügigkeit, die die moderne I
' wirken von Wasser, Himmel, Strand und Kunst so sehr betont, daß sie das Ganze stets j
der darauf krabbelnden Menschenmenge schil- über die Teile stellt, hat das große Publikum
dem will, dem verschwindet das einzelne kein Interesse und Verständnis gehabt. Es
I mehr und mehr. Wenn alles durcheinander- klebt an der Einzelheit. Es schätzt nicht am ,
spielt, sich bewegt und zittert, dann ver- Kunstwerk so sehr das, was groß gedacht
schwindet das Detail. Wer von einer gewissen und disponiert ist, was also Sache des Talents i
Höhe oder Entfernung die Welt und der ist, sondern es bewundert die Ausführung, j
Menschen Treiben wiedergibt, der sieht schon den Fleiß, ohne zu fragen, ob dieses Betonen I
nicht mehr Nasen, Augen und Finger. Der des einzelnen nicht oft die Wirkung des I
Impressionismus war die notwendige Folge Ganzen beeinträchtigt. Durch die Ausführung j
einer Zeit, der die Ruhe abhanden gekommen aber, hauptsächlich die an falscher Stelle,
war. Mit der Aufnahme und Verbreitung des geht das im Kunstwerk oft verloren, was das

Wesen der Dinge ausmacht und den ,
Schein des Lebens erweckt.

Wenig geschah also auch vom
großen Publikum, die Künstler zu j
fördern. Vielleicht sah es auch teil- (
weise ein, daß die von ihm belieb- <
ten „süßen" Genrebilder die Vor-
würfe verdienten, die man ihnen
machte. Aber zu dem „Neuen"
konnte es ohne weiteres keine Zu- ,
neigung fassen und daß jeder Ge-
nuß, besonders der Kunstgenuß, mit
einer Fülle von Studium erarbeitet |
werden müsse, wollte es nicht be- (
greifen. Die Hauptbestellerin von <
ehedem, die Kirche, hatte ihre Be-
dürfnisse größtenteils gedeckt. Und
wie unsere Mäzene zum Photogra-
phen gehen, so schmückt sie sich, /
indem sie ihre alten Kunstschätze
9 manchmal sogar an den Händler

3 verkauft, mit schlechten, billigen (

Fabrikserzeugnissen. (
So gehen die beiden Elemente, (
die sich verstehen und ergänzen
sollen, Künstler und Publikum, je-
der jetzt seinen eigenen Weg. Aber I
das sonderbare ist, einen Platz gibt <
es noch, wo sie sich treffen, ein |
neutraler Boden: die große Kunst-
heinrich von angeli bildnis m. dumba ausstellung. Daß die für das Publi-

Oesterreichische Ausstellung, Rom tan kum oft nur noch ein Gegenstand (

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