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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 27.1911-1912

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Michel, Wilhelm: August Brömse
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https://doi.org/10.11588/diglit.13090#0133

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AUGUST BROMSE

AUGUST BRÖMSE EINE TOTE (RADIERUNG) £j

I I

stand des Blattes, diese Lockung des sinn- des Gerippes wie der Tanzenden, deren Arme K

(i verwirrenden Mondstrahles, dieser Zauber der in einer wahnwitzigen, kreischenden Winkel- t)

Ci Nacht. linie gegeneinanderstehen. Das schwierige ff

r) Reine Lyrik ist auch der Gehalt der „Sommer- zeichnerische Problem ist hier mit vollende- u

y\ nacht". In der Fülle seiner Reife streift das tem Können bewältigt. Hier wie überhaupt y

ff Leben den Tod. Das Wort, das die Natur in dieser ganzen Serie von Blättern, die dem V\

(l zum Menschenherzen spricht, ist süß, doch Gedanken wie der künstlerischen Weltan- m

rauscht darin eine dunkle Kunde von der schauung nach zusammengehören, findet man U

^| Wollust der Vernichtung. Und gerade in gelassene Ruhe des zeichnerischen Ausdruckes, i)

(v diesem dunklen Untertone liegt jenes Wortes sorgfältige, ja minutiöse Herausarbeitung der

?) Würze. Man lese die Lieder jener Dichter, Form. Letzteres am vollendetsten in dem (l

fK die am innigsten der Natur am Herzen lagen. Blatte „Eine Tote", das den nackten Frauen- p)

M Immer wissen sie von einer heimlichen grund- körperinglänzender Kaltnadelarbeit vollkommen ^

A losen Schwermut. So auch hier. Aus der plastisch und doch delikat veranschaulicht. {*

£) Tiefe der Sommernacht rauschen die Wipfel Gegenüber diesen älteren Arbeiten, die das ()

M der Bäume zur Altane empor, unendlichen sinnlich geschlossene Bild einer faßlichen *\

K Lebens voll, das mit tausend Zungen versucht, Situation darbieten, wirkt die zu sehr ins Alle- M

P zum menschlichen Herzen zu sprechen. Der gorische abgleitende Radierung „Fliehendes K

Mensch neigt das Ohr und will das gestammelte Leben" fast etwas unerfreulich. Die Gegen- j)

w Wort erhaschen — da ist es ein Wort vom wart ist dem Allegorischen gegenüber miß- ft

n Tode. — Die bleichen Aquatinta-Töne des trauisch und zwar mit Recht, denn Allegorie u

K) Blattes schildern gut die übernatürliche Helle bekundet immer ein gewisses Versagen des ()

M der Hochsommernacht, der perspektivische Darstellungsvermögens oder doch wenigstens V\

Aufbau der Landschaft fügt sich fein in das ein Überschreiten der Grenzen, die dem bil- M

P hochgestellte Rechteck des Rahmens. Nur denden Künstler, auch dem Graphiker, gezogen u

ff dieser Rahmen selbst stört empfindlich; er sind. Man hat hier nüchtern und real ge- ►)

(a beeinträchtigt die Wirkung des ganzen Blattes, sehene Figuren in einer durchaus imaginären f!

« weil er zu unruhig, zu schwer ist. Er will Örtlichkeit; beides verträgt sich schlecht mit- (l

V) den symbolisch-illustrativen Gehalt des Ganzen einander. Das Körperliche wäre entweder zu y)

verstärken und schädigt dabei die sinnliche dämpfen oder die Örtlichkeit stärker zu

(l Erscheinung des Bildes. materialisieren gewesen. So bleibt nur eine m

V) Den Wahnwitz der Todesstunde schildert Art Rebus stehen, der seinen Reiz der Ent- r)

yi Brömse mit beträchtlicher Wucht in dem rätselung größtenteils verloren hat. A

0 „Totentanze". Das Blatt, meisterhaft gemacht, Ich möchte jedoch nicht dahin mißverstanden \<

A geht in seiner Wirkung bis an die Grenze werden, als gehöre ich zu denen, die in snobisti- d

des Grellen, des Schrillen, des Unerträglichen, scher Uebertreibung der „Literaturscheu" alles

m Es könnte auch heißen „Der Tod als Teufel", menschlich Bedeutungsvolle, alles Reflexions- f(

denn etwas Teuflisches liegt in den Blicken mäßige, alles dem Gegenstande nach auf das

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