Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 27.1911-1912

DOI Artikel:
Bredt, Ernst Wilhelm: Zwei Meisterbiographien
DOI Artikel:
Glaser, Curt: Aus den Berliner Kunstsalons
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13090#0416

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
AUS DEN BERLINER KUNSTSALONS

die Klassizität der Erscheinung Liebermanns fühlen und immer wieder möchte man den Wunsch aus- i
läßt — Paulis Liebermann Biographie ist Schmiede- sprechen, daß der Zersplitterung ein Ende werde, p
werk. Im Feuer gebildetes.— Unsere kunstgeschicht- und gerade die jungen Kräfte der verschiedenen i
liehen Monographien leiden zumeist an einer dem Richtungen sich wieder zu gemeinsamem Aus- ®
Leser gegenüber unverschämten Weitschweifigkeit. stellen entschließen. Der Wille zu solcher Ver-
Und unsere feuilletonistischen Charakteristiken be- söhnung ist das erfreulichste Moment an der eben
lieben modernen Künstlern gegenüber nichtssagend gerade eröffneten Ausstellung der Secession, von
zu sein, im einen Satz zu negieren, was im vorher- der hier noch eingehend zu berichten sein wird,
gehenden behauptet wurde. So rettet man sich durch Aber noch ist hier dieser Wille nicht rein. Noch
Zweideutigkeiten im „Leider-Gottseidank-Stil" bei zeigen die, in deren Händen die Macht ist, durch
der Masse einen „geistvollen" Ruf und dem Kunst- Wahl und Verteilung dem Publikum zu deutlich,
ler steht man als Retter oder Mörder gegenüber.— wie sie über die ungeratenen Brüder denken, die sie
Die Biographien Paulis und Mayers sind in dem nun doch nicht mehr ganz auszuschließen wagen.
Sinne höchst unmodern. Keiner kann zweifeln, wie Von den Künstlern der „Brücke" ist Max Pech-
sie's meinen. Die Gradheit der Bekenntnisse beider stein der einzige, den die Secession zu ihrer Aus-
Biographien wirkt erfrischend und bildend. Beide Stellung aufforderte, und auch innerhalb des Kreises
Biographen haben mit ihren Künstlern gelebt. Beide seiner Gesinnungsgenossen ist er ohne Frage der
haben Charakter. Nur Charakter gilt. Nicht auf reifste und bedeutendste. Noch empfindet man in ff
einen kunstbiographischen Typ wollen wir uns fest- dem Ungewohnten leicht etwas, das man fälschlich g
legen. Das zeigen beide. Vermittlung ist dem toten als Roheit deutet. In Wahrheit ist es ein Streben ra
Greco gegenüber am Platz — wer aber auf 300 Bil- nach Schönheit in Farbe und Rhythmus, das zu diesen n
der unseres großen Zeitgenossen Liebermann hin- neuen Formen führt. Von der Natur geht dieser p
weisen kann, konnte nichts Besseres tun, als den Weg weit ab, und wenn Naturstudium überall zu- V
Betrachtern einen untrüglichen Spiegel vorhalten. gründe liegt, so ist nicht möglichste Annäherung «3

Dr.E.w.Bhedt an ein Naturgegebenes das Ziel, sondern Komposi- C

tion eines Bildganzen, Aufbau eines Kunstwerkes Q>

AUS DEN BERLINER KUNSTSALONS aus seinen Elementen, die sind Form und Farbe, ff

Pechstein kommt der Losung dieser Aufgabe am g

DERLIN. Schlecht und recht füllt bis zum Ende nächsten, am freiesten schaltet er mit den Formen, g

der Wintersaison die Galerie Schulte ihre zahl- die so weit sein Besitz geworden sind, wie es in H

reichen Räume, die sie zu mehr verpflichten, als der guten alten Zeit bei den Meistern der Akade- p

bei bestem Willen und mit allen Kräften gegeben mien Brauch war. Gruppiert man die Reihe, so H

werden kann. Vieles, was da zu sehen ist, ehrt folgt auf ihn Erich Heckel. Ein vor der Natur }g

man mit Schweigen am besten, und auch von dem gemaltes, schönes Bild badender Menschen im Freien y

soliden Mittelmaß der Landschaften, die Carl Fel- zeigt den einen Ausgangspunkt seiner Kunst, die

ber ausstellt, ist nicht viel mehr zu berichten als stark vereinfachenden Zeichnungen und Holzschnitte ff

ihr Dasein. Das Beste, was gezeigt wird, ist das die andere Seite. Den Reichtum der Naturstudie, {£

Alte, vor allem die Bilder aus dem eigenen Bestand mit der sich der impressionistische Maler begnügte, ß

des Hauses, die Schuch, Liebermann, Uhde, das in die geschlossene Form des komponierten Bildes H

schöne Waldinnere Leistikows, eines der wenigen zu verarbeiten, ist das Ziel, dem sich Heckel am p

Bilder des Künstlers, die noch heute ganz bestehen. meisten unter den hier ausgestellten Bildern in H

Und auch die Kollektion von Bildern Ludwig Dills einer Hafenlandschaft nähert. Mehr noch als Heckel 5

kann man zum Alten zählen, da der Künstler nur oftmals bleibt E. L. Kirchner am ersten Natur-Ein- L

die eine Note variiert, die er in Dachau fand, und druck haften, und die starke Umstilisierung der For- S

auf die er italienische, in gleicherweise wie bayerische men wirkt aus dem Grunde zuweilen künstlich und ff

Motive abwandelt. Der Name Dill weckt in jedem gewollt. Ein Mädchenbildnis ist das geschlossenste ß

Ausstellungsbesucher die Erinnerung an breite sil- unter seinen Werken, weil das Motiv hier die ein- ß

berne Rahmen, in denen sehr geschmackvoll die fachsten Formkombinationen gibt, während in kom- h

auf Grau gestimmten Landschaften stehen, und neue plizierteren Vorwürfen der Reichtum des Natur- p

Variationen auf die bekannten Themen bringt auch gegebenen mit den starken Vereinfachungen noch K

die diesmalige Ausstellung bei Schulte. Ebenso im Streite ist. Die allzu willkürlichen Verzerrungen, S

bekannt wie Dills Landschaften sind die Kohle- die Schmidt-Rottluff erfindet, sind nur geeignet, v

Zeichnungen von Max Mayrshofer, die Gurlitt die Bestrebungen der anderen in Mißkredit zu ß

hier zum ersten Male gezeigt hatte. Damals über- bringen. Otto Mueller zerstört leider allzu oft ff

raschte die fabelhafte Sicherheit der Zeichnung, der durch ein Zuviel an Arbeit die Reinheit der ersten (g

Reichtum der Töne; aber es stellte sich die Frage Konzeption seiner ganz aus dem Gefühl geschaffenen ff

ein, was auf diesen Anfang folgen solle. Was man Kompositionen, in deren Anlage ihn eine fast träum- h

nun sieht, ist genau das gleiche, was das erste Mal wandlergleiche Sicherheit zu leiten scheint. Der p

gezeigt wurde, und wieder fragt man, wohin der Weg Schweizer Cuno Amiet endlich, von dem hier zwei fi

von hier aus führen soll. Denn alle diese Zeich- hübsche Landschaften gezeigt werden, steht in kei- S

nungen sind doch nur Anweisungen auf eine Malerei, nem kenntlichen Zusammenhange mit den übrigen. W

die uns der Künstler noch schuldig geblieben ist. Als interessanter Versuch ist zum Schluß der Kata- 6

Im Gegensatz zu Schultes Ausstellung kann man log zu erwähnen, in dem die Hauptbilder in Holz- ff

über Mangel an Neuem bei Gurlitt diesmal nicht Schnittübertragung wiedergegeben werden, was der (§

klagen. Die Künstlervereinigung „Brücke", die dort Stil dieser Kunst sehr wohl gestattet. Dem Salon ff

kollektiv ausstellt, ist die Gruppe, die kürzlich aus Gurlitt darf man Dank wissen, daß er mutig genug Q.

der Neuen Secession ausschied, und mit der diese war, dieser Vereinigung junger Künstler, unter p

einige ihrer besten Kräfte verlor. Aber auch die denen gewiß einige der besten Talente sind, seine p

„Brücke" ist, wie sich in dieser Ausstellung zeigt, Räume für ihre Ausstellung zur Verfügung zu 2

nicht stark genug, sich ganz auf sich zu stellen, stellen. Glaser H

■ S^TO SX3 STTT3 STTT3

386
 
Annotationen