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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 27.1911-1912

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Von Ausstellungen - Die Begas-Auktion - Neue Kunstliteratur - Personal-Nachrichten
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https://doi.org/10.11588/diglit.13090#0443

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NEUE KUNSTLITERATUR — PERSONAL-NACHRICHTEN |

betrachtung zu vertrauen. Dr. Alt kehrt mit der außer- heit und Kraft, mit der der junge Künstler seines l
ordentlich scharf und allseitig durchdachten Forde- Weges ging, der Meisterschaft entgegen. Er scheint t
rung einer normativen Aesthetik zum Grunde alles fast von vornherein jene Erkenntnisse besessen zu )
umfassenden und vernünftigen Erkennens zurück: haben, die ihn in der Folge zum genialen Maler mach- \
zur Wiedergewinnung des Vertrauens zum gesunden ten: in erster Linie das äußerste Mißtrauen gegen jede l
Menschenverstand, zum Vernunftmäßigen im Kunst- Art von Manier, die ein Nachahmen von bereits Ge- v
schaffen und Kunstgenießen, weil darauf im letzten leisteten! und daher das stärkste Hemmnis des Ler- V
Grunde Freiheit, Größe und Würde der Kunst wie der nens vor der Natur und jeder lebendigen Fortbil- (
Menschheit beruhen, denn „außerhalb der Vernunft dung der künstlerischen Ausdrucksmittel ist. „Wenn (
gibt es keine gesunde, geschweige denn eine große ich mich hinsetze, um eine Skizze nach der Natur J
Kunst". — In diesem ersten glänzend und sachlich ge- zu machen, so ist es mein Erstes, daß ich darnach (
schriebenen und trotz der Schwierigkeit der Probleme trachte, zu vergessen, je vorher ein Gemälde gesehen )
auch gut lesbaren Teil, auf den der Verfasser meines zu haben." Das ist die Zauberformel, die Meister- ,
Erachtens den Hauptwert zu legen scheint, wird den werke erzeugt.—Die mitgeteilten Vorträge Constables, 1
Philosophen der Aesthetik und den von Snobismen die in der Royal Academy gehalten wurden, sindSchul- J
und Einseitigkeiten freien Kunstkennern die Freude beispiele für sachliche Behandlung kunsthistorischer j
einer unerschütterlichen Wahrheit bereitet. Die und ästhetischer Spezialfragen. Jeder Ausspruch (
gegnerischen Kunstmitläufer werden vor der Wucht strahlt innerlich von dem gesunden, offenen Sinne (
der gegebenen Beweisführungen die Segel streichen des Mannes, von jener Heiterkeit und Gefaßtheit j
müssen. Den Hexensabbat von Snobismus, Geschäfts- des Geistes, die er stolz und selbstironisch als seine j
interessen, Individualitätssucht und Modenachäfferei „Phantasiearmut" zu bezeichnen pflegte. Es ist ]
hat Dr. Alt, mit seiner „praktischen Aesthetik" ge- charakteristisch, daß ervonsich sagen konnte,erhabe /
bannt, wenn es im Kunstleben unserer Zeit noch nie in seinem Leben einen Roman gelesen. Es kommt ]
eine Besinnung auf die Würde der Kunst gibt. In- darin nur zum Ausdruck, was ihn als Maler groß ge- j
sofern ist das Altsche Werk als eine reinigende und macht hat: der entschiedene Sinn für das Wirkliche, j
befreiende Tat von ungeheurem Wert gerade in einer für das Wahre in Leben und Kunst. — Die Ueber- (
Zeit, in der die absurdeste Leichtfertigkeit immer Setzung liest sich recht gut, die Ausstattung ist würdig. (
wieder ihr Wesen zu treiben versucht. Der erste Teil Recht willkommen sind die beiden zeitgenössischen, j
des Buches von Dr. Alt wäre an sich schon eine lithographischen Porträts aus Constables Jugend und
wertvolle Leistung; diese erhält aber noch eine kul- seiner späteren Zeit. Wilhelm Michel
turelle Bewertung durch den zweiten Teil, der dem Osborn, Max. Geschichte der Kunst. 6 M. (
„Impressionismus" gewidmet ist. Es ist der Kampf Berlin-Wien 1912, Ullstein & Cie.
gegen den vom Impressionismus heilig gehaltenen „Eine kurzgefaßte Darstellung der Hauptepochen"
Skizzismus, gegen den flächigen, linearen Stilismus, verspricht der Titel. Es ist ein populäres Unter-
gegen die Expressionisten und Symbolisten, gegen nehmen, für große Abnehmerkreise bestimmt, und 1
die Tupfer, Kleckser und Strichler, kurz, gegen jede dieser Bestimmung dürfte das Buch im ganzen recht |
subjektivistische Manier. Außerdem ist ein Staunens- wohl genügen. Eigene Arbeit und eigene Erkennt- I
wert reiches Material zusammengetragen über die Zu- nisse treten insbesondere in der Schilderung der I
stände, die heute im Kunsthandel, Museumsbetrieb jüngsten Entwicklungen hervor, die der Darstellung |
und in der Kunstschriftstellerei herrschen. Schon in der französischen Malerei einen geziemend breiten
diesem Betracht hat Dr. Alts Buch Kulturwert. Die Raum gönnt. Der geschmackvolle Schriftsteller be-
Darlegung geht darauf aus, darzutun, wie durch Hl- kündet sich in der anständigen Stilisierung der
storismus, Kunstpolitik und Händlerpraxis die deut- Einzel-Beurteilungen, die sich von den literarisch
sehe Kunst entwertet und der künstlerischen Mode unzulänglichen Leistungen der landläufigen Hand-
der Boden bereitet wurde. Der nach Vinnens „Pro- bücher vorteilhaft unterscheiden. Den Abbildungen
fest" fast verzweifelten Lage der deutschen Kunst ist kann kein besonderes Lob gespendet werden. Die I
durch Dr. Alt ein gesundes und starkes Rückgrat ge- hohe Auflage macht die geringe Qualität der Illu- I
geben worden. Sein Werk, aus der Lebenspraxis auf strationen zwar begreiflich, aber es ist noch die Frage, I
die unangreifbare Höhe der wissenschaftlichen Er- ob bei dem heutigen Stande unserer Buchkultur eine
kenmnis geführt, ist eine wahrhaft deutsche Tat, denn populäre Preisstellung durch Vernachlässigung eines
sie ist, ohne Rücksicht auf irgendwelche Interessen, so wesentlichen Bestandteiles des Buches, wie es
nur um ihrer selbst willen getan. Dr. B. die Abbildungen sind, erkauft werden darf. w. M.

Constab1e, John. Eine Selbstbiographie I
aus Briefen, Tagebuchblättern, Aphorismen PERSONAL-NAGHRIGHTEN I

und Vorträgen. Aus dem Englischen des C. R. i

Leslie übersetzt und herausgegeben von E. Müller- (CHEMNITZ. Wie bekannt, sollte der vierte Villa
Röder und Arthur Rößler. M 8.50. Berlin, 1912. Romana-Preis, der einem Graphiker zuzufallen

Paul Cassirer. hatte, aus Anlaß der Graphischen Ausstellung des

Charles Robert Leslie (1794-1859), Maler und Deutschen Künstlerbundes in Chemnitz verteilt I

Akademieprofessor in London, mit dem großen werden. Das Preisgericht unter dem Vorsitz Max

Meister der englischen Landschaftsmalerei durch Klingers hat den Preis nunmehr dem Maler Georg

langjährige Freundschaft verbunden, hat diese Samm- Greve-Lindau in Weimar verliehen. (

lung von Dokumenten zusammengestellt, die den /^ESTORBEN: In Kiew (Rußland) der ukrai- i
äußeren Ablauf dieses reichen Lebens und, was nische Genremaler Nicolaj Pimonenko; in

mehr ist, die künstlerische Entwicklung des Mei- Romanäs (Schweden) der Maler Professor Knut ,

sters, die allmähliche Herausbildung und Festigung Ekwall, hauptsächlich auch bekannt als Illustrator,

seiner Anschauungen authentisch illustrieren. Schon so zum Beispiel der Frithjofsage; in Hahn i. Taunus

die ersten eigenen Kundgebungen Constables ver- der 1843 in München geborene Tiermaler Anton

mittein den stärksten Eindruck von der Ruhe, Sicher- Weinberger.

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