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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 27.1911-1912

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Lüthgen, Eugen: Über Form und Inhalt im Kunstwerke
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https://doi.org/10.11588/diglit.13090#0542

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ÜBER FORM UND INHALT IM KUNSTWERKE

I ausleben einer solchen Kraft und Sehnsucht, I
I ein Erleben und Genießen dessen, worauf ^.-J^T^v (

I solche Kraft und Sehnsucht hindrängt, das ■ —JB ^^B^W^d
Sichbefriedigen eines Bedürfnisses, dessen IflH Pvfri '

Erfüllung vor anderen mir erlaubt, als ganzer ^ fl !

Mensch beglückt zu sein.*)
| Voraussetzung jedes ästhetischen Genusses

I ist demnach Einfühlung in das Kunstwerk. ^^^^^ |

Das Mittel, die Einfühlung zu ermöglichen,

oder zu erleichtern ist die Form. Daher die |
hohe Bedeutung der Form, da die ästhetische ■
' Wirkung an sie als unmittelbare Vermittlerin ^^^^H^^^^^^f '

des geistigen Gehaltes gebunden ist. \ - _ -

Gesetze im einzelnen zur Anwendung kom- * !

men, damit die künstlerische Form geeignet
| sei, von der Seeleleichtapperzipiertzu werden,

j lehrt die Aesthetik. Es sei hier nur auf die - • f ' \
) allgemeinen Grundsätze hingewiesen. Die Na- ^^^^fe 4» »

I turanlage des menschlichen Gehirns bringt k « _\ I

[ es mit sich, daß das Angenehme leichter auf- * ' % . !

' gefaßt wird als das Unangenehme, das Ein- -JBS^iIm ö " v ;

fache leichter als das Komplizierte und \'er- "^afl )
■ worrene, umgekehrt aber auch das in bestimm- £fM
I ter Gesetzmäßigkeit Aufeinanderfolgende oder ^^^Hjj^ftjfl

I nebeneinander liegende Wechselvolle leichter jj^^^H^&L^ fl (
l als das sich stets gleichbleibende .Monotone. ^^^Q^^^Bdj (

I Und zwar befriedigt ästhetisch die Form am i

I meisten, die die größtmögliche Anschaulich- I

I keit der ästhetischen Idee bietet. Der Maß-
stab der formalen Schönheit liegt in der ästheti- ^^^H
sehen Anschaulichkeit. Daher sind Klarheit

I und Schönheit die notwendigen Begriffsmerk-
male der ästhetisch wirkenden Form. In dem ^^^HH9 ■1^^^

I Begriff des Schönen liegt hier auch implicite {fegb^^l (

I der vom Häßlichen, da ja die Aesthetik „die HRfc^M '

I Wissenschaft vom Schönen" ist. IBI

I Somit ist die Leichtigkeit, mit der die Ap- H I

[ perzeption vor sich geht, abhängig von der j

Schönheit der Form sowie von der Klarheit,

die das betrachtende Subjekt von der Idee
I des Objektes erhält; diese wiederum von der

[ Anordnung der Formen und der Beziehung |äi
der einzelnen Teile untereinander. te,

| * * ALEXANDER MOURASCHKO ^ ABENDREFLEXE j

L Sommerausstellung der Münchner Secession j

Die Bedeutung von Form und Inhalt als

zwei durchaus verschiedene sich gegenseitig ein Urteil über die Werte von Kunstwerken

ergänzende Mittel, ein ästhetisches Lustgefühl als vielmehr eine indirekte Offenbarung des

zu erregen, scheint jetzt klargestellt. Ihr Ver- Persönlichkeitsinhaltes des Urteilenden. Denn

| hältnis zu einander zu erörtern, ist unnötig, die Tiefe des Kunstwerkes ist der eingefühlte |

I Beide sind für den Begriff des Kunstwerkes Persönlichkeitsinhalt. Undindieser Tiefeoffen- i

1 gleicherweise unentbehrlich. In der Bevor- bart sich das innerste Wesen des Menschen, j
I zugung eines dieser Elemente liegt weniger |

I *) Lipps, a. a. O. L S. 524. j

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