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Kunstgewerbliche Rundschau: Verkündigungsblatt des Verbandes Deutscher Kunstgewerbevereine — 4.1897

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https://doi.org/10.11588/diglit.8371#0026
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der Leistungsfähigkeit des Münchener Uunstgewerbes leider sehr er-
schwert und die Interessen der Gesammtheit schädigt.

Im Gegensatz zu diesen wenig erfreulichen, sxeciell die Oerkaufs-
verhältnisse berührenden Lrscheinungen des letzten Iahres haben wir,
was die kunstgewerbliche Thätigkeit in hiesigen Ateliers und Werk-
stätten betrisft, im Allgemeinen nur Erfreuliches zu berichten, Dank
der regen Bauthätigkeit und dem allseits erwachten Oerlangen nach
würdiger Ausstattung öffentlicher wie xrivater Bauten bot sich unseren
Aunsthandwerkern im verflossenen Iahre vielfache, wie lohnende Be-
schäftigung und Gelegenheit zur Darlegung ihres Uönnens. Als solche
Neubauten, bei welchen fast allen Zweigen des Aunstgewerbes eine
hervorragende Betheiligung zufiel, sind vor Allem zu bezeichnen der
seiner Vollendung entgegensehende Monumentalban unseres Iustiz-
palastes, der decovativ reich ausgestattete Bau des Deutschen Theaters
an der Schwanthalerxassage, sowie mehrere hervorragende Airchen-

neubauten. Außerdenr auch eine Reihe besserer privatbauten und
Wirthschaftslocalitäten. Desgleichen können wir über erfreuliche geschäft-
liche Erfolge berichten, welche von der Mehrzahl unserer kunstgewerb-
lichen vertreter bei der vorjährigen bayerischen Landesausstellung zu
Nürnberg errungen wurden, indem neben dem unmittelbaren Oerkauf
ausgestellter Gegenstände sich vielfach auch directe Aufträge für die
Aussteller ergaben.

Schließlich erwähnen wir noch, daß in der Absicht, den Erzeug-
nissen des Münchener Aunstgewerbes neue Absatzgebiete zu vermitteln,
im Frühjahr vorigen Iahres einem, von fremder Seite an unseren
verein gelangten Anerbieten Folge gegeben wurde, welches die Ueber-
nahme der vertretung des Bayerischen Aunstgewerbe-Vereins für das
Gebiet der Schweiz betrifft. Das fragliche Unternehmen verspricht
nach seinem bisherigen Lrfolge zwar langsam, doch stetig fortschreitend
sich zu entwickeln.

Womk dks VajjeriWc»

Mgemeine Vereinsnachrichten.

Dauernde Gewerbeausstellung in eeipzig. wir machen unsere
vereinsmitglieder darauf aufmerksam, daß das Prograinm zu dieser
Ausstellung im Vereinssekretariate eingesehen werden kann.

von der „Kneipichriit", d. h. der äußerst lustigen Faschings-
Nummer (siehe folgende Seite) sind noch einige Exemplare übrig ge°
blieben; zum jdreise von i Uik. können einzelne Nummern bcim Oereins-
sekrotariat erworben wcrden.

Die Uahresverlooiung fällt bei der diesjährigen General > ver>
sammlung aus. _

wochenversammlungen.

programm für die nächsten wochen:

23. Ulärz. Oortrag des lherrn Or. lh. Simonsfeld über
„deutsche Reichskanzler friiherer Zeiten". — Fachausstellung.

30. März. Gesellige Zusammenkunft.

s. Axril. vortrag des Herrn vr. Aarl Trautmann über
„Nünchener Feste und Festdecorationen aus drei Iahrhunderten (;53v
bis ;825)." — Fachausstellung

April ^ Bibliothekabende im kleinen Saale.

27. Axril. Schlußabend mit Preisevertheilnng an kehrlinge.

verianimlnngsberichte.

In der neunten Wochenversammlung — am Iannar —
behandelte Or. k). Stegmann ein fachlich ziemlich eng begrenztes, aber
ein sehr reich ansgebautes Gebiet: „Die Aeramik des heutigen
Bayerns in früheren Iahrhunderten". Die Verarbeitung
des Thones reicht hier wie anderwärts weit in vorgeschichtliche Zeit
zuriick; eine künstlerisch höhere Bedeutung gewinnt dieselbe erst gegen
das Lnde des Mittelalters n. A. mit der besonders in Nürnberg ge-
übten Thonxlastik, als deren beste Beispicle wohl die sechs sitzenden
Apostelfiguren in halber Lebensgröße ans dem Anfange des j5. Iahr-
hunderts anzusehen sind, welche ini Germanischen Nuseum bewahrt
werden. Der Außenarchitektur hat dcr gebrannte Thon in Bayern
wenig gedient; dagegen sind Thonfliesen schon friih im Gebrauch ge-
wesen. Die größte Bedentung hat die Aeramik nach dieser Richtung
aber gewonnen beim Bau der Gefen, seit dom Iahrhundert, mit
den auf der Töpferscheibe von kjand gedrehten Aacheln beginnend, bis
zu den schrank- nnd thurmförmigen, von den einfarbigen bis zu den
buntcn Mefen. Von dem hiemit zusammenhängendon bedeutendsten
deutschen Aeramiker Augustin kjirsvogel (j-j88—;553) ging Redner
weiter auf die sog. knrsvogelkrüge und anf das Treussener Steinzeug
über, sodann auf die künstlcrisch feinsten Geschirr-Lrzcugnisse des
;8. Iahrhunderts. lhier besprach er zunächst die Weißgeschirr-Fabri-
kation in Nürnberg, Göggingen, Salzburg rc., um dann mit sichtlicher
vorliebe bei den Lrzeugnissen der bedeutenden Porzellanfabriken
Lrankenthal, Ansbach und Nymxhenburg zu verweilen, neben welchen

MiWiMße-ZeiMs.

die kleineren zu Würzburg, Augsburg, Regensburg nur fiüchtig berührt
wurden. Der anßerordentlich reichhaltige Vortrag wird uns Ge-
legenheit geben, aus seinem Inhalt später meitere Mittheilungen mit
Abbildungen folgen zu lassen; an Anschauungsmaterial zur Lrläuterung
des Vortrags war eine geradezu erdrückende Menge von Blättern
ausgestellt, zumeist aus dem Besitz der vereinsbibliothek, außerdem
neue — figürliche und andere — Erzeugnisse der Nymp henburger
Fabrik. Weiterhin waren zur Schau gebracht: Schwarzwälder Ma-
joliken von I. A. Pecht in Lonstanz, — englische Möbel von Gtto
Fritzsche, — eine geschnitzte Lassette mit Tisch aus der Schnitz-
schule in partenkirchen.

Einen in jeder lhinsicht vollendeten vortrag brachte die zehnte
wochenversammlung — am 26. Januar —, in welcher Graf zu Lei-
ningen-Westerburg das Gebiet der iLx-Aidris» in einer so
anregenden Weise behandelte, daß wir uns veranlaßt sehen, den vor>
trag im Laufe des Iahres zum Abdruck zu bringen, zumal die am
Vortragsabend theilweise ausgestellte, ungewöhnlich reiche Sammlung
des Vortragenden Gelegenheit zu trefflicher Jllustrirung goben wird.
An kunstgewerblichen Gegenstängon waren ausgestellt: ein Ehrenxokal
in Iinn von Mori, ein Silberbecher von Strobl (Sanktjohannser's
Erben), Lederarbeiteu von j) etersen, englische Möbel von M. F r itsch.

In der elften Wochenversammlung — am y. Februar —
sprach Prof. vr. A. von R e i n h a r d stö ttn e r über „die Idee einer
Weltsprache und Weltschrist in verschiedenen Iahrhunderten." Jm
lsinblick auf die Iiele unserer Ieitschrift müssen wir es uns versagen,
aus dem ungemein reichhaltigen und von tiefem Studium zeugenden
vortrag auch nur einen kleinen Auszug zu geben; denn das an die
Sprachverwirrung beim babylonischen Thnrmbau sich anschließende
und namentlich dnrch die letzten Iahrhunderte bis anf die Gegenwart
zu verfolgende Thema umfaßt einerseits so viel tiefsinnige Ideen neben
unzähligen Lächerlichkeiten, und liegt andererseits dem Aunstgewerbe
doch so ferne, daß wir auf einen Bericht über den Inhalt des Vor-
trages verzichten müssen. Sollte der Vortrag später irgendwo in Druck
erscheinen, so werden wir die sich dafür näher Jnteressirenden darauf
aufmerksam machen. — An Ausstellungsgegenständen brachte der Abend:
einen Spiegel von F. Radspieler u. Lie., Tafelleuchter nach Ent-
würfen von Gampenrieder (ausgeführt von G. Wilhelm und
Lind), einen Schreibtisch aus 600 Iahre altem (ohne Leize tief-
braunem) Eichenholz von Gg. ksierlmeier, Lederschnitte und -Pres-
sungen von Braito und Gähr, eine Büste von Professor Wadere
und kleinere Büstchen von Bildhauer Ring.

Linen eigenartigen Reiz bot die zwölfte Wochenversammlung
am ;6. Februar — durch die an diesem Abend veranstaltete Faschings-
unterhaltung; die betreffende Sondercommission, an deren Sxitze Bild-
haner Bradl stund, hat ihre Aufgabe in so glänzender Weise erfüllt,
daß sie sich nicht allein den Dank der den Saal sammt Aneipzimmer
und Galerie dicht füllenden Iuhörerschaft errungen, sondern auch das
Vorrecht erworben hat, bei allen künftigen ähnlichen Veranstaltungen
den richtigen Weg zu weisen. Für diesen Abend nahm diese Lom-
mission den Vorstandstisch für sich in Anspruch und deren vorsitzender
Ule leitete die versammlung, welche nicht mehr und nicht weniger

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