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Kunstgewerbliche Rundschau: Verkündigungsblatt des Verbandes Deutscher Kunstgewerbevereine — 4.1897

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https://doi.org/10.11588/diglit.8371#0040
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das Materialächte, — eine Eigenschaft, die in »nserer Jngend groß-
gezogen werden sollte. Jm Franzosen steckt eine besonders lebhafte
künstlerische Initiative, eine gewisse Abneigung gegen alle Tradition
und Lonvention, eine Zuneigung zum Revolutionäreu. Es würde zu
weit führen, näher auf die zahlreichen Beisxiele einzugehen, welche der
Oortragende anführte, um an detiselben auf die Mängel unseres
deutschen Auustgewerbes hinzuweisen. Den 5chluß bildete ein ent-
schiedener Appell an das Selbstvertranen und die Schaffensfreude des
Einzelnen; die langsame Bedenklichkeit, die Schüchternheit, die Angst
vor den Lonsequenzen müssen aufgegeben werden. — Der mehr als
anderthalbstündige Vortrag wurde mit großem Beifall aufgenoinmen.
Die daran geknüpfte kurze, vom Vorsitzenden, Director v. Lange,
eröffnete Discussion gab Bildhauer Gbrist uoch Gelegenhcit, aus-
drücklich zu betonen, daß er dem deutschen Volke keiuesivegs die

so. Schrank im ?chloß Achleiten.

Fähigkeit kunstgewerblicher jdroductivität abstreite, soudern daß er im
Gegentheil die Deutschen für besonders künstlerisch uud phautasiereich
veranlagt halte.

Zur Abendausstcllung gelangten rcizend gesticktc 5ervietten,
welche nach jdrofessor Ed. Grützner's Entwürfen von dessen Gattin
nnd Tochter ausgeführt worden, ferner 5tickoreieu von Frl. Iage-
ni ann, Fran Putz und Frau 5 pengel, Schreibzeug von Blachian,
INöbel von Fritzsche und Schneller.

In der vierzehnten tVochenversanimlung am 9. Närz trat
Vr. j)h. !N. thalin für den durch Trauerfall verhinderten Vr. j). Ree
ein mit einem Vortrag über 5cheinarchitektur, Decorations-
malerei und F e st d e c 0 r at i 0 n. Diese Besxrechnng der „Rauin-
illusion", bei welcher sich der Redner anf Italien und Süddentschland
beschränkte, nahm ihren Ausgang bei den älteren italienischen Rkalern

— Limabue, Giotto, Grcagna, Masaccio —, bei deren Arbeiten bereits
das Streben uach persxectivischer Tänschung auftaucht, das daun
besonders in der Zeichnung zn eincm Reiterstandbild von jdaolo ticcello
klar hervortritt; weitere Fortschritte darin brachten Andrea del Lastagno,
Lipxi, Ben. Gozzoli, Ghirlandajo, bis Melozzo da Forli uud Mantegna

— ersterer in der Laxella del Tesoro zu Loreto (;q78), letzterer in der
Lamera dei Lposi des Lastello di Lorte zu Mantua (j4S8) — die ersten
Wand- bezw. Deckenbilder schufen, welche den ausgesxrochenen Zweck ver-
folgten, den zu engen Raum scheinbar zu erweitern. Aehnliche Mrkungen
erstrebten auch jdinturicchio (in seiner Libreria des Domes zu 5iena),

jderuzzi, Bramante, während Michelangelo in seinen Deckengemälden
der sixtinischen Aapelle auf völlige Illusion verzichtete. — Etwas andere
Ziele sind derFatzadenmalerei gesteckt; wenn dieselben auch meist ins Leben
traten, weil die Mittel zur Steinarchitektur fehlten, so erstrebte dieselbe
doch nur in wenigen Fällon eine Illusion. In engem Zusammenhang
damit steht die Momentdecoration, weil die Fayadenmalerei aus ihr
zahlreiche Motive schöxfte, und weil umgekehrt nicht selten bei festlichen
Anlässen gemalte Fagaden die fehlenden 5teinfa?aden (z. B. bei Airchen)
ersetzen mußten. — lVas Mantegna angebahnt, erweiterte Lorreggio;
den Gixfelpunkt der Illusioiismalerei oder der Lcheinarchitcktur erreichte
jdozzo, dessen Bravourstücken in Rom nnd anderwärts nur die Arbeiten
Tiexolo's (Venedig, kvürzburg) zur Seite gestellt werden können. In
Süddeutschland kommen für ähnliche Arbeiten dann besonders die
beiden Asam (München, Mannheim) in Betracht, sowie einige Arbeiten
in Gberammergan, Mittenwald, jdartenkirchen. — Der mit vielem
Beifall aufgenommene Vortrag war von einer großen Zahl von Ab-
bildnngen begleitet, welche das gesprochene IVort trefflich erläuterten.

Zur Ansstellung gelangten an diesem Abend: Möbel von
Aieser und Drey, Aarl Rlefenz und Richard Ma^höfer, —
Standarten in Lederschnitt von F. F. lveinzierl, Missale-Einband
von P. Attenkofer (Nachfolger), jdalmen von Trautmann.

Generalversammlung am lö. März P97.

Tagesordnuilg: u) Berichterstattung uud Rechuungsablage
pro jLys; d) voranschlag xro ;8Z7; o) Ergänzungswahl des Aus-
schusses; ä) Beschlußfassung über cingelaufene Auträge betr. Mnter-
programm, Lommerexcnrsiouen, Bibliothekbeniitzung (unbeschränktes
Ausleihen von lverken).

Die Versammlung wurde eröffnet um 8'/- Nhr vom I. Vorstand
Dir. v. Lange bei Anwesenheit von 82 Mitgliedern, deren Zahl im
Laufe des Abeuds auf 97 stieg. Nach Begrüßung der Anwesendcn
und nach Fcststcllung der orduungsgomäßen Linberufung der General-
versammlung wurde lherr Rechtsrath lvelzel znm Beisitzer gewählt.

Aus dem ersteu jdunkt der Tagesordnung, Berichterstat-
tung, sei zunächst die Bewegnng des Mitgliedersiandes dargelegt;
danach belief sich die Mitgliederzahl xro j896 auf ; 7 j Z Mitglieder
(lK03 ordentliche, jjo außerordentliche), was im vergleich mit dem
Vorjahre abermals eine Minderung, und zwar um 55 Mitglieder,
bedeutet. Die Minderung läßt sich zumeist auf Todesfälle (22) und
auf Streichung (29) zurückfiihren; den Austritten in lföhe von 104
stehen ;oo Neueintritte gegenüber.

Der Ausschuß und dessen 4 Lommissionen habeu im abge-
laufcnen vereinsjahre in zusammen 67 Sitzuugen getagt. — Die Vereins-
bibliothck weist einen Bestand von 780 lverken in circa j560 Bänden
auf. Die vereinsausstellungshalle blickt auf ein materiell niinder
günstiges Iahr zurück; dagegen haben die Arbeiten der lhallen-Lom-
mission wesentlich zu ciner lsebung des inneren lverthes derselben
beigetragen. — Im Vereinshaus wurde die elektrische Beleuchtung
vervollkommnet uud der Trexpenaufgang umgestaltet. — Nach Außen
erfreut sich der Verein fortwährend der Gunst des Allerhöchsten j)ro-
tectors, sowie der Fürsorge der kgl. Ltaatsregierung wie des 5tadt-
magistrates.

Der von lferrn Lonservator Bogenschütz erstattete Bericht
über die Ausstellungshalle berührte zunächst die den Verkauf
beeinflussenden bezw. beeinträchtigenden Momente, welche bereits in dem
an die lfandelskammer erstatteten Iahresbericht (s. Nr. 2 d. Bl.)
namhaft gemacht sind.

Bei den folgendcn, den Umsatz betreffenden Zahleu, bei welchen
wir die jdfennigc vernachlässigen, setzen wir die entsprechenden Zahlen
des vorjahres in Alammern bei. Ausgestellt waren vou zusammen
205 (260) Ausstellern j2 822 (14923) verkäufliche Gegenstäude im lverth
von 245792 (420022) und j54 (jj3) unverkäufliche Gegenstände im
lverth von 105592 (49j58), also zusammen 12977 (j5 02s) Gegen-
stände im lverth vou 25 j 38S (479 j80). Der Durchschnittsxreis sämmt-
licher Stücke betrng 32 Mk. 29V» j)fg. (3j Mk. 87); der Durchschnitts-
preis der verkanften Stücke betrug j5 Mk. 4G/2 j>fg. (j6 Mk. 55).
Von letztcren treffen auf Münchener Erzeugnisfe 86,s (87) °/„, auf
sonstige bayerische 7,8 (8) "/», auf außerbayerische 5,6 (s) "/».

Nach den jdreisen geschieden ivurden verkanft: S39j (5782) Stücke
vou j—jO Mk., j23j (j42j)St. von jj—20 Mk., 5j2 (sj?) St. von
! 2j—30 Mk., 457 (5j6) St. von 2j—50 Mk., 254 (29j) 5t. von 5j bis

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