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Kunstgewerbliche Rundschau: Verkündigungsblatt des Verbandes Deutscher Kunstgewerbevereine — 4.1897

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https://doi.org/10.11588/diglit.8371#0084
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4- 8H

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Flachschnitzerei (Deckenbalken) aus dem St. (Leorgen-Aloster zu Stcin a. Rhein. Heichnung pon ks. M ü l l e r - Lonstanz.

(ca. der wirkl. Größe.)

„Die Preisrichter stnd der kserr Reichscommissar und die Lserren
Professoren Götz (Aarlsruhe), Aixs (Berlin), Lchaper (Berlin) und
-— (Nünchen). (Zusage steht noch aus.)

„Dieselben werden die Preise vertheilen nach dem künstlerischen
lverth der Arbeit, ohne Rücksicht aus Größe, Umfang oder 2lrt der
Technik.

„Den sdreisrichtern bleibt es überlassen, obige 5umme in 20 bis
zo Preise zu zerlegen und zu vertheilen. Ungefähr V» des lVerthes
der Arbeit soll als ein erster, '/s als zweiter, V» als dritter Preis
gelten.

„Angenommen ist hierbei, daß die einzelne Arbeit nicht den Werth
von soo Mk. übersteigt, da theuere Arbeiten in Deutschland schwer
verkäuflich sind und diese Loncurrenz zu solchen Arbeiten nicht er-
muntern soll. Theuere Arbeiten sind nicht ausgeschlossen, berechtigen
aber nicht zu einer höheren Beihülfe.

„lverden Arbeiten aus einer der erwähnten Branchen des Graveur-
und Liseleursaches nicht eingeliefert, so sallen die Preise aus.

„Die Arbeiten sind und bleiben Ligenthum des verfertigers, die
Beihülfe wird aber nur dann gewährt, wenn die Arbeit in Paris
ausgestellt wird.

„Die Arbeiten sind mit Preisangabe bis zum z. November Z8I8
an Lserrn ksosgraveur R. Gtto, Berlin, Unter den Linden einzusenden,
welcher die geschäftliche Regelung der Angelegenheit übcrnommcn hat;
auch ist dabei zu bemerken, ob die Arbeit selbst ersunden oder sremdem
Ulodell nachgebildet ist. »

„Dieser frühzeitige Termin für die Einsendung ist deshalb gewählt,
weil bei einem guten Resultat dieser ersten Loncurrenz die veranstaltung
einer weiteren auf gleicher oder ähnlicher Grundlage nicht ausge-
schlossen ist.

„Professor Graff, Dresden; Architekt ksofsacker, Berlin; R. Gtto,
Berlin; Prosessor UI. Wiese, ksanau."

Im Interesse der Sache wäre zu wünschen, daß das Lrgebniß
ein günstiges sei, namentlich weil dann die bsosfnung bestünde, daß
auch andere Gebiete der Aleinkunst Berücksichtigung sänden. O.

verschiedenes.

Die Deilkmäler-Labrikation. Deutschland steht heute, wenn man
so sagen dars, im Zeichen der Denkmäler. Die nationale Gestaltung
hat die Anregung gegeben, die „patriotischen" Gesühle der Gegenwart
durch Stein und Erz der Nachwelt zu überliefern, und fast sollte man
glauben, nie habe eine so günstige Zeit für die bildende Aunst, ins-
besondere sür die Bildhauerei, bestanden, wie in unseren Tagen, wo
jede kleinste Stadt, fast jeder Flecken im Reiche sein Denkmal besitzt
oder doch zu besitzen strebt. Me aber steht es in Wahrheit um die
Aunst? Die bedeutenden Fortschritte der Industrie, die gewiß aus
das Freudigste zu begrüßen sind, machen sich auch auf dem Gebiete
der Reproduction xlastischer Arbeiten sühlbar, und hier sehr zum Nach-
theil der Aünstler. Die meisten Erzgießereien und Galvanobroncefabriken
sind heute im Besitze von Modellen zu Denkmälern unserer Monarchen,

Staatsmänner, ksEführer u. s. w., welche sie für verhältuißmäßig
geringe Mittel erworben haben und nun in Erzguß oder Galvanobronce
reproduciren. Durch gut orientirte Vertreter und Reisende in allen
Theilen des Reiches bekommen solche Fabriken sehr friih Aenntniß von
den Denkmalsprojecten der einzelnen Grte, und lange bevor der Aünst-
ler davon erfährt, haben sie schon ihre Preiscourants nebst sehr verlockend
erscheinenden photographischen Abbildungen, auch wohl plastischen
Skizzen gesandt. Bewerben sich nachträglich Bildhauer um die Ueber-
tragung der Lserstellung eines solchen Ulonuments, so werden sie ent-
weder abschlägig beschieden, wcil dasselbe schon einer Fabrik in Auf-
trag gegeben ist, oder es übersteigt, wie leicht erklärlich, die Forderung
des Aünstlers für ein solches Denkmal mit neu herzustellendem Ulodell
bei lveitem den Preis der Fabrik, die ihr Ulodell ein für alle Ulale
besitzt; und deshalb ist auch in diesem Falle eine Berücksichtigung des
Uünstlers so gut wie ausgeschlossen. Eine süddeutsche Galvanobronce-
fabrik soll — wie versichert wird — so weit gegangen sein, daß sie
illustrirte Aataloge herstellen ließ mit einer Auswahl von Aaiser- und
anderen Denkmälern, und solche an fast alle kleineren Städte des
Reiches verschickte, gleichviel ob diese sich schon mit dem Gedanken der
Lrrichtung eines Ulonuments befaßt hatten oder nicht. So kommt es
denn auch, daß in nicht seltenen Fällen die Sammlungen für die
Iherstellung eines Denkmals viel früher zum Abschluß gelangen, als
ursxrünglich in Aussicht genommen, denn Niemand hat geahnt, daß
es möglich sein werde, für solchen Spottpreis in den Besitz eines an-
scheinend schönen und gediegenen Monumentes zu kommen. Es ist
klar, daß ein Vorgehen, wie das geschilderte. unserer Sculxtur ganz
bedeutenden Abbruch thut, denn erstens wird ein und dasselbe Denk-
mal in einer ganzen Reihe von Grten im Reiche aufgestellt, wo zahl-
reiche tüchtige Aünstler gern, selbst bei geringem Verdienst, etwas
Neues geschasfen hätten, zweitens werden durch verfrühte und niedrige
Bsferten der Fabriken die Sammlungen vielfach ins Stocken gebracht
und dadurch der Aunst große Summen entzogen, und drittens unter-
bieten sich die Fabriken unter einander dermaßen, daß abgesehen davon,
daß an eine Loncurrenz der Bildhauer selbst nicht mehr zu denken ist,
auch sür die Fabriken ein Verdienst kaum noch zu erwarten steht.
Nan kann daher wohl sagen, daß diese Industrie nicht nur die Ent-
wickelung der Sculxtur, sondern vor Allem auch sich selbst schwer
schädigt. Andererseits darf man nicht übersehen, daß der Bildhauer
die ihm übertragenen Arbeiten in Erzguß ja nur in verbindung mit
einer Erzgießerei herzustellen vermag, daß diese also keineswegs Schaden
erleiden würde, wenn sie auf die Anxreisung ihrer eigenen Modelle
verzichtete. Und ist es denn ein würdiges Beginnen, das Monument,
welches man dem Andenken und zur Ehre eines großen Mannes er-
richtet, zu kaufen, etwa wie man eine Gipsfigur im Bazar erhandelt?
Nur wenn überall das Bestreben herrschte, etwas Neues, wirklich
Aünstlerisches schaffen zu lassen, würde der Aunst wie dem Publikum
gedient sein, und die UUllionen, welche alljährlich zu Denkmalszwecken
verausgabt werden, würden fördernd auf die Sculxtur und deren
Iünger wirken, nicht aber auf die Sxeculation einzelner Industriellen.

(„Deutsche Aunst.")

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