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Kunstgewerbliche Rundschau: Verkündigungsblatt des Verbandes Deutscher Kunstgewerbevereine — 4.1897

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https://doi.org/10.11588/diglit.8371#0099
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99

X


4-

Ans der reichen
Zahl von Akustern kön-
nen wir mit Lrlaubniß
des verlegers unsern
Lesern einige proben
vorlegen, beiderenMehr-
zahl allerdings die kräf-
tige Farbe schmerzlich
vermißt werden wird;

Aapuziner (;3S), 5a-
lomons > Siegel (;3s),

Schwertlilie(tss), Schnee-
glöckchen (t^o), Lykla-
men(; zy), Storchschnabel
(;Z4), Aaiserkro>ie(;z<)
sind dabei verwerthet. Gerade das letzte Stück ist eines dcr wenigen
und nicht gerade glücklichen Beispiele ans dem Bereich der plastischen
Aleinkunst. Von sonstigen Pflanzen kommen in den uns vorliegenden
kseften I—VII noch zur verarbeitung: Mohn, Scerose, Akelei, Aürbis,
Pfeilkraut, Ionquille, Maiglöckchen, Rapnzinerkresse. — Die Ansstattung
ist eine vortrefflichc; den Beidruck der dentschen Blumcnnamen erkennen
wir gerne als eine bsöflichkeit an, wenn es auch eigentlich überflüssig
gewcsen wäre — znmal es dabei nicht ohne Fehler abging.

Zu Kunstsacheu gilt so gut wie in der Natur das Gesetz, wo-
nach in der Regel die bessere Art auch eine längere Lebensdauer besitzt,
als dic weniger gut organisirte. Und wenn man Angesichts der in
mancher Beziehung hervorragenden Nkuster Grasset's sich an die Nuster
älterer Zeit erinnert und der Frage näher tritt, welche von beiden
Arten wohl cine längerc Lebensdaucr aufweisen wird wer hätte
da den Uluth, dieseu modernen Arbeiten eine längere Znkunft zn
prophezeien und sie damit als die bessere Art zu bczeichncn? O.

Decorative Straßcnvcrjchöiierung. Scit cinigen Iahren bestcht
in Belgien cine Gesellschaft, die sich I'Osuvrs cle l'urt Lppliguö ä la rue
nennt uud deren Wirken sich schon in mancher IVeise fühlbar gemacht
hat. U?ie aus dem Namen hervorgeht, den sie gewählt, ist cs hanpt-
sächlich Zweck dieser vereinigung, dcn Straßen der belgischen Städte
ein künstlerisches Anssehen Zu verleihen, und es ist ihr dies auch
bcreits theilwcisc geluugen. Uusere modcrnen Bauten pslegen sich
durch allzu große Schönheit nicht auszuzeichnen. Entwcder herrscht
in den Straßen eine schreckliche Nlonotonie und nur das pdraktische ist
bei den Wohnhäusern in Betracht gezogeu worden, oder — und dies
ist vielleicht noch schlimmer — eine Art jdrotzenthum macht sich breit,
vergoldete Balkons, Bemalungen rc. erscheinen dort, wo sie am wenigsten
am jdlatze sind. Iudem pflegt Ieder nach eigener Ukanier und persön-
lichem Geschmack zu bauen, ohne der Umgebnng, dcm Lharakter der
Straßen, im Geringstcn Rechnung zu tragen. U'Oeuvre lle I'urt uppligue
ä lu rue hat sich bemüht, mit Lrfolg darin Wandel zu schaffen und
auch bereits einzelnen Theilen der flamändischen Städte cin originelleres,
gefälligeres Aussehcn verliehen. Der verein erfreut sich großer Beliebt-
heit, bedentende Ulittel sind ihm zugeflossen, so daß es ihm möglich ist,
Loncurrenzen zu eröffuen, Belohnungen zu gewähren rc. — Auch jetzt
sind wiederum für belgische Aünstler zwei Preisbewerbungen ansge-
schrieben. Die crste betrifft decorative Fa?aden und zerfüllt in zwei
Unterabtheilungen, nämlich z. einzelne Fa?adentheile und 2. die Ge-
sammtfaeade, die andere künstlerische Beleuchtungsapparate sür die
Straßen verschiedener Grte. Die städtischen verwaltungen, welche von
den Loncurrenzen profitiren wollcn, niüssen selbst die Plätze nennen,
welche sie durch solche Beleuchtungsapparate geziert zu sehen wünschen,

nnd die Prcisbcwerber
sind vcrxflichtet, ihrc Lnt-
würfe mit Riicksicht auf
ciuen solchen und auf
einen bestimmten Zweck
zu machen.

Dadurch ist ciue
verschiedenheit derselben
garantirt und zugleich,
wenn einzelne derselben
später zur Ansfiihrung
kominen sollten, daß sie
sich an der betreffenden
Stelle auch wirklich an
ihrem platze befinden
werden und ihr zur Zierde gereichcu. So wird es gcliugen, den
Straßen etwas von dem reizvollen Aussehen wiederzugeben, das

sie im Ulittelalter trugen. Ls wäre sehr zu wllnschcn, daß ein
gleicher verein, wie er in Belgien besteht, sich anch in Deutsch-

laud griindete. Wir haben wahrlich keinen Grnnd, über das künst-
lerische Aussehen nnserer Straßen große Befriedigung zu empfinden,

^40. Flachmuster (Schneeglöckchen).

und jede verbesserung nach dieser Richtuug hin wäre mit Frcuden zu
begrüßen. Die Belgier sind uns init gutein Beispiel vorangegangen,
sie haben es verstanden, die öffentliche Ulcinuug zu interessiren, sich
dadurch die nötigen Ulittel zu verschaffen, sowie Persönlichkeiteu zu
gewinnen, die Initiative nnd Ausdaner besitzeu, und dies Alles für
einen rein künstlerischen Zweck. Weshalb sollte sich dies nicht auch
in Deutschland ermöglichen lassen? (Uunstgewerbeblatt.)

IZY. Spitze (Lyklaincn).
 
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