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Sonntag, den I. Mai >853.

VI. Jahrgang.



Wochenkalender.

Montag, den 2. Mai.
Tausend berühmte Männer
Berlins überreichen den Kammern eine
mit ibren Namen Unterzeichnete Petition.
VilnNag, den 3. Mai.
Außer einigen anderen Namen wird auch
der des Herrn von Kleist - Retzow unter
den berühmten Namen in der Petition
vermißt.
Mittwoch, den 4. Mai.
Herr von Kleist-Netzow und einige
andere berühmte Männer widersetzen sich
der Verlesung der Petition.

Wockenkalender.

Oonncrüag, den Mai.
Die Petition wird trotzdem verlesen.
Sie enthält einen Pretest dagegen, daß kein
Jude Schulze sein soll.
Freilag, den <». Mai.
Die Kammern gehen zur Tagesordnung
über. Alle Juden beschließen, sich künftig
mit der Würde eines Meiers zu begnügen.
Sc-nnabcnd, den 7. Mai.
Die Kammern haben ihre Mission erfüllt.
Sie werden entlassen.
Kladderadatsch.

HumorilMch-satl,risches Wochenblatt.

Dieses Blatt erscheint läßlich, mit Ausnahme der Wochentage. Man abonnirt nri! 21 Lgr. vierteljährlich für In Nummer» bei allen Buch'
andliinqc,, sowie bei de» König!. Postanstaltcn des In- und Auslandes. Jede einzelne Nummer kostet lSgr. vie kedaclion.

die Wir in der sechsjährigen Klippschule unseres journalistischen Lebens gelernt haben, nicht nur „Lesen und
Schreiben", sondern vor Allem „Stillsitzen und Warten bis es Zwölf geschlagen hat!"
Denn Skillsitzcn, Warten und Geduld haben können ist Alles in unserer Zeit, und Alles —
muß Geduld haben.
Napoleon muß mit dem Papst Geduld haben, der Papst mit Italien, Italien mit Oesterreich,
Oesterreich mit Rußland, Rußland mit England, England mit Kossuth, Kossuth mit Brandraketen,
Brandraketen mit Palmerston, Palm er stvn mit Oesterreich, Oesterreich mit Frankreich und Frank-
reich muß wieder Geduld haben mit Napoleon!
So schließt sich das erste Paar der Gcduldpolonaise an bas letzte und feiert das Fest der Langcnwcilc in dem
niedrigen Gescllschaftssaal unserer Zustände.
Jndcß draußen vor der Thür zitternd die Ungeduld der raschen That steht, setzt sich die Geduld des
Abwartcns behaglich zu Tische, und legt die Hände zusammen!
Das empört selbst den Tisch! Den hölzernen Tisch! Er bewegt sich — er rückt an — er geht vor-
wärts — Alles was einst den Weg des Fleisches gehen wird, muß den Weg des Holzes gehen, und
Alles bekin-et sich auf dem Holzwege!
Das ist der tiefe Sinn vom kind'schen Spiel.
(Z^Wohl uns,

rücker Berlins.

die wir ihn erkannt haben!

Kladderadatsch.
 
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