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Bescheidene Anfragen und unbescheidene Antworten.

Frage. Wozu sind die zweimonatlichen Theaterserien in Berlins
Antwort. Zur Vorbereitung der Künstler auf einen — längeren
Urlaub.

Frage. Wozu erhalten die Künstler einen längeren Urlaub?
Antwort. Zu ihrer Erholung von den Anstrengungen — der
zweimonatlichen Ferien.

Das Berliner Schauspielhaus au seine Mimen.

Am 1. September 1857, nach Beendigung der Ferien

„Drum erhebe frohe wieder,

Wer die Heimath wieder sieht:

Denn nicht Alle kehren wieder!" *)

AuS Griechenland läuft die betrübende Nachricht ein, daß die Ro-
sine närndte plötzlich total verdorben sei.

Es ist dies ein harter Schlag für Griechenland, das noch vor zwei
Jahren so große Rosinen im Sacke hatte.

') Bergt, den «omedienzettel xntcr ,Frank" und ..Beurlaub!

—Feuilleton. —

An ein Hochwohlloblichcö Kriegsministerium

wollte ich mir janz unterthänigst erlauben einen Vorschlag zu über-
reichen. Ich habe es heute Nacht geträumt und bin daher außer jeder
Verantwortung, wenn eS nicht den Erfolg hat.'

Mein Name ist: Witwe Dusedam, geborne Quetschenberg. Meinen
Vater finden Sie in die Listen von 1813 gegen Napoleon. Meinen ver-
storbenen Mann 1831 als Gräuzcordon gegen Polen. Mein Sohn lebt
gegenwärtig eingezogen bei die Landwehr zu das Königsmanöver. Ich
selbst wasche für den Kaiser Alexander zweites Grenadier-Bataitton.

So laö mir denn gestern Abend meine Schwiegertochter, welche ich
während die sechs Wochen, wo ihr Mann fort ist, so mit durchschleppe,
die schrecklichen Dinge aus dem Kriege in Indien vor, allwo die Engländer
keine Mannschaften haben, da dieselben eine Nation zu Wasser find.
Dieses ging uns den janzen Abend fürchterlich in den Kopf herum, so
daß wir uns noch eine Taffe Eaffee machen mußten, weil Einem bei
diesen Gräuelthaten gegen die annen Englischen Soldatenfrauen und
Kinder ganz übel und wehe ums Herz wurde. Hieraus begab ick mich
zu Bett und schlief unter felgenden schweren Träumen ein.

Wie ich des Morgens aufwache, höre ich einen fürchterlichen Lärm
auf der Straße. Ich stürze herunter. Das Volk steht um die Säulen
und an den Ecken und liest eine große Proklamation, wonach die dies-
jährigen Landwehrübungen nicht bei Halle an der Saale, sondern in
Indien bei Asien stattfinden würden. Wie ick mir umdrehe, marschirt
auch schon mein Sohn mit seine Compagnie nach dem Hamburger Bahn-
bos und ruft mir zu: Adjeh Mutter, alleweile seht es icien die Bengaler!
Morgen schiffen wir uns in Hamburg ein. England zahlt die Kosten.

Ich will ihm die Hand reichen, stolpere, falle und wache dabei auf.
9hm erzähle ich meiner Schwiegertochter meinen Traum. Diese sagt,
sie wäre ganz zufrieden damit und überzeugt, ibr Mann würde den gan-
zen Zeitverlust durch Beutemachcn wieder heraussch lagen. Oder vielleicht
daß Jeder von die Combattanten eine Insel bekäme. Außerdem aber
haben wir mit England dieselbe reformirte Religion, und wäre ein Ma-
növer gegen solche Barbaren viel vernünftiger, als wie dazumal mit die
Franzosen in der Krim, wo Millionen vor Sebastopol fielen und Ruß-
land und Frankreich jetzt wieder die bebten Freunde sind.

Daß hier keine innern Unruhen verkommen, dafür stehe ich, es
wäre ein allgemeiner Jubel. Und denn der fürchterliche Aerger von das
übrige Europa, da gegen England und Preußen zusammen Keiner mehr
was auSrichten könnte.

Mit unterthänigster Hochachtung

Die Witwe Dusedam.

Ueber das Bier.

Oculfche Ferienarbeit des tguartanrrs Larlchcn Mieljnick.

Das Bier ist ein nahrhaftes Getränk. Schon bei den alten Deut-
schen kam cs vor — daß sie sich betrunken haben. Täglich genoffen macht
es dumm. Am meisten findet man es in Baiern. Es hat einen birtern
Geschmack, weßhalb es den Schülern verboten ist, es öffentlich zu trinken.
Wenn man das Abiturientenexamen gemacht hat, so trinkt man es schon
des Morgens um 9 Uhr. Wenn man älter wird, so verschleimt cs. Läßt
man es dagegen stehen, so setzt es Hefen. Wein auf Bier, rath' ich dir;
Bier auf Wein, das laß sein. Die dicksten Seidel hat man ans dem
Kreuzberg. Es gibt auch Flaschenbier, welches aus Kellern geholt wird.
Das Weißbier enthält viel Kohlensäure, weßhalb man es oft mit einem
sauren Häring zu genießen pflegt. Es macht die Menschen zufrieden und
hält sie vom Spiritus ab, welcher sehr nachtheilig ist. Deßhalb wird es
auch vom Staate begünstigt. Wenn man vor dem Mittagsesscn täglich
einige Seidel trinkt, so wird man stark. Einem starken Manne fällt
das Arbeiten schwer, weßhalb er in das Bad muß. In den Bädern gibt
es nur Felsenkellerbier, welches noch frischer und kälter ist, als bei Wag-
ner. Ein Mensch, der viel trinkt und sich keine Sorgen macht, kann ein
hohes Alter erreichen. Er stirbt als geachteter Mann und wird von zahl-
reichen Freunden begleitet, weil es vor dem Hallischen, so wie vor dem
Schönhauser Thor aus mehreren Stellen ebenfalls gutes Bier gibt.

C. M.

Vorläufige Anzeige.

Trataralntata tratrala! Tratarata!

Einem in diesem Sommer mehr als ic fühlbaren Bedürfniß nach Eon-
cetten abzuhelfen, sott in den ersten Tagen der nächsten Woche zu dem
w ohlthätigen Zwecke:

„das ganze Agio aller guten Eisenbabn-Actien wegzublasen,"
ein Monslrc-Eoneert veranstaltet werden.

Obgleich bereits mehrere bekannte Banden hierfür gewonnen sind,
so werden doch auch andere hiesige und fremde Bläser, welche die er-
forderlichen Eigenschaften besitzen, zur Mitwirkung ausgefordert und
ersucht, sich zur Prüfung ihrer Brust- und anderen Kasten, ihres
Ansatzes nnd ihrer Instrumente im Garten der Theerbusch'scben
Ressource zu melden.

Mit dem Eoncert soll eine großartige Corsosahrt verbunden werten,
wobei man sich, statt der Blumensträuße und der Eonfetti. faule Früchte
und andere verfängliche Redensarten gegenseitig vorwerfen wird.

Der Ertrag soll zum Bau prachtvoller Villen, zu großen Reisen,
Rembrandts und HobbemaS und anderen angenehmen Privat-Jnstituten
ungeschmälert verwendet werden.

DaS Fcst-Eomitt-.

Meyer. Schnitze. .Kußheim.

Frau Corvin-Wiersbitzki, welche gegen den Ausweisungsbefehl ge-
frevelt, ist in Hamburg arretirt, und find ihre Papiere und Briefschaften
saisirt worden. Bei der Gefährlichkeit genannter Frau, die möglicher
Weise den Sturz der Hamburger Verfassung beabsichtigt, vielleicht gar
die Abschaffung der Sperre, der Niederlassungs-Gesetze und anderer
wohlthätiger, noch aus grauer Vorzeit stammender Institutionen im
Schilde geführt hat, ist die Vorsicht der Republik und der Mutb, den sie
gegen eine Dame bewiesen, als eine wahre Heldenthat zu preisen!

Uech muß mür söhr wundern, wü man uns kann ßumuthen, uns
um düser neuen St. Hölöna.Mödalie hu beworben. Uech döchte,
wür hotten lange genug das Franßösüsche Kreuz getragen, als daß wür
noch Lust haben sollten, eune Franßösüsche Modal je ßu tragen. Aber
wür sünd nücht so dumm wü wür aussehen; wür werden süch von
Frankreuch nüchts mehr anhöngen lassen! Zwickau er.

Die Kölnische Zeitung schreibt, cs sei ihr ein Fall bekannt,^daß
die Polizeibehörde eines süddeutschen Staates von Französischer Seite
her beauftragt war, eine geachtete Zeitung, die bei verschiedenen An-
lässen nicht etwa ihre tadelnde oder strafende, sondern nur eine war-
nende Stimme gegen die Politik Frankreichs erhoben hatte, amtlich zu
bedeuten, auch diese verstummen zu lassen."

Wir bewundern bei dieser Mittheilung nichts als die Leichtgläubig-
keit der Kölnischen Zeitung. Denn wenn es wirklich bereits so weit
wäre, daß gewisse Deutsche Behörden von Französischer Seite her
„beauftragt" werden könnten: wozu dann erst noch das Lager von
Chalons und der Rheinbrückenbau und alle die anderen unnützen Kosten
zur Herstellung der — „natürlichen Gränzen?"

Es ist nicht wahr, daß wir noch immer an die Herstellung der „na-
türlichen Gränzen Frankreichs" denken. Deutschland gegenüber

kennen wir gar keine Gränzen.
 
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