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Nun zum großen Com pro misse
Lad' ich die Gewählten ein,

Hoffend, daß ich Leinen miffe
Cinff in der Celad'nen Reih'n.

Was ich will — seid nur nicht bange! —
Keinem werd' es abgepreßt,

Und •— das glaubt mir — ich verlange,
Was sich wohl verlangen läßt:

Was Zeder von euch in den Tagen gelobte,

Als furchtbar der Kampf, der gewaltige, tobte,
Auf ruhigen Sitzen nun haltet es fest.

Was ihr meint und was ihr wollet,

Ehrlich sei's und treu gemeint;

Leid gerecht und Ächtung zollet
Wie dem Freunde fo dem Feind. •

Zeiget, daß ihr brav und bieder,

Äechte deutsche Männer seid;

Älle Falschheit schlaget nieder
Und verbannet Haß und Ueid.

Dann wird uns statt grämlichen Haders beschiedcn,
Der Friede zwar nicht, doch, verkündend den Frieden,
Ein guter, ein rechter, ein fröhlicher Streit.

Hlnddrrudnlsrh.

Die btrliitfr Neichstagsmhl mm 10. fitmwr.

Äufi Blitzesschwingen fliegt sie einher,
Die Kunde von Spreu-Babel,
Geflogen ist sie schon über Meer
Ans unterseeischem Kabel:

Geschlagen ist die große Schlacht,

Und von deö Reichstags Tribüne
Gestürzt der Liberalen Macht,
Gesiegt hat die Commune!

Und manches Herz durchrieselt'S kalt:

Nun wird geschehn, was ich ahne,

Vom Schloß und allen Thürmen bald
Wird blntroth flattem die Fahne!

Die Bors' erbebt vom Grund zum Dach:
Jetzt kommt — daS ist der polit'sche,
Der innere ungeheure Krach —

Kommt Hasenelever und Fritsche!

Sie standen als wie ein Mann vereint,
Die Rothen am Tag der Wahlen,
'Derweilen, als wären sie ewig feind,

Sich zankten die Liberalen.

Das schreib' dir in der Erinn'rung Buch,
Berlins Philister, und wiss' es:

Das ist der leidigen Zwietracht Fluch,
Das Kind des CompromisseS!

Und Schrecken erfaßt so Weib und Mann,
Als wie vor ihren Vernichtern;

ES blicken sich die Philister an
Mit angstverzerrten Gesichtern:

Weh, daß verschlafen wir die Wahl,

Wir unglückseligen Schläfer!

Gewählt — o Jammer und Seandal! —
Sind Fritsche und Hasenelever!

Und Rackow, Baumann und auch Most
Mit ihren wilden Horden,

Sie stürmen heran von West und Ost,
Heran von Süden und Norden!

Und Grausen breiten sie rings hemm
Die beutegierigen Garden:

Schon riecht es nach Petroleum,

Sie kommen, die Communarden!

Das Unglück ist geschehn — o Schmach!
Und ist nicht mehr zu ändern.

Und lachend folgt der Spott ihm nach
Aus allen deutschen Ländern.

Nun komme über die Residenz,

Humor, mit Schell' und Pritsche!
Gewählt in der Stadt der Intelligenz
Sind Hasenelever und Fritsche!

Klailileraisaffch.

LnüllkLotr.

Rninaßgöblichor Vorschlag ßuc güte.

Uech muß mür söhr wundern, düsen von Seuten Rußlands an eunem
deutschen Földmarschall gestöllten Antrag, dön Oberbeföhl über dör
russüschen Armöö ün döm bevorstvhende» Krüge gegen dön Türken hu
übernähmen, so ohne Weuterem von dör Hand gewusen hn sähen. Där Gödanke,
eunem befreundeten Staat eune» Göneral oder vülleucht öväntuöll meunet-
wögen auch dön ganßen Göneralstab für euniger Zeit ßu leuhen, scheu»!
mür gar nücht so übel ßu seun; ör muß nur praklüsch für döm Wohle dös
Reuchs verwörthet wörden. Eune dörartige Leustung müßte sölbströdend
eune entspröchende Gögenleustung ßur Folge haben, und meun »nmaßgöblicher
Vorschlag, für eunem Göneral eun Leuhgöld von 10,000 Rubel
Sülber, für döm ganßen Göneralstabe eun solches von euner
Müllion pro Tag ßu erhöben, scheu»! mür nüchts wöniger als unbüllig
ßu seun. Auf düser Weuse könnten dü Matrüeular-Beutröge erhöblich
vermnndert wörden, und Rußland könnte süch, sogleuch ös gefügt hat, aus
döm Staatsschatz dös eroberten Ueslams für dön ausgelögten Unkosten
reuchlich entschödigen. Zwickauer,

Fünanßpolüiüker dös Kladderadatsch.

Interessant für Rücherliebhaber.

So eben ist in Constantinopel erschienen eine neue Ausgabe von-
„Werthers Leiden," in vliagrin gebunden.

Fürst Carl von Rumänien hat dem Sultan angekündigt, daß er
sich seiner Lehenöp,licht für entbunden erachte. Er weigert sich, dem Sultan
nicht bloß den Jahrestribut, sondem sogar den schuldigen Tribut —
der Hochachtung zu zollen. Auf den Letzteren soll der Sultan sehr gern,
auf den Ersteren aber unter keinen Umständen verzichten wollen.

Herrn Dr. SdjCiemanu

gebe ich hiermit auf mehrfach an mich ergangene Anfragen die bündigste
Versicherung, daß die im sechsten Buch meiner Steile iS (V. 838) von mir
ausgesprochenen Worte:

„Ernet ille Argos Agamemnoniasque Mycenas“ —
nicht die entfernteste Beziehung auf ihn und sein ebenso eifriges als erfolg-
gekröntes Wirken hatten oder haben sollten.

?. Vergilius Maro, römischer Dichter a. D.

Jur Cifenöafjnöirecttonen.

Da es in neuerer Zeit häufig vorgekommen ist. daß Eisenbahn-
conpiis in Brand und die darin fitzenden Paffagiere wegen mangelnder
oder unbrauchbarer Signal-Leine in große Lebensgefahr geriethen, so'dürfte
es an der Zeit sein, den Bestimmungen der Betriebsordnung folgende Para-
graphen hinzuzufügen:

l. Bricht in einem Coups Feuer aus, so haben die dadurch zunächst
betroffenen Paffagiere sofort der Bahndireetion schriftlich auf einem
Stempelbogen davon Anzeige zu machen.

2- Nachdem dies geschehen, ist der entstandene Brand durch die Passa-
giere zu löschen. Sie können sich hierzu nach Belieben entweder einer-
gewöhnlichen Dampfspritze oder auch der Bucher'schen Löschdvsen
bedienen. Für Beschädigungen an Gardinen, insofern sie durch die Lösch-
mittel verursacht worden, find die Passagiere haftbar.

3. Für ganz oder theilweise verbrannte Passagiere zahlt die Bahngesell-
schaft nur dann eine Entschädigung von 3 Mark für das Kilogramm an die
Slngehörigen derselben, wenn Diese Nachweisen können, daß die Verunglückten
sowohl rechtzeitig vom Slusbruch des Feuers Anzeige gemacht, als auch Alles,
was in ihren Kräften stand, gethan haben, um dasselbe zu löschen.
 
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