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las &e» rmilihe» heutiger Hij>h»je.

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Streute der Mond sein silbernes Licht; doch scholl in der Stadt noch
Fröhlicher Stimmen Geschwätz und Gesang in mancherlei Zungen.
Weilten der Pilger doch Tausende hier; aus jeglichem Erdtheil
Waren die Schaaren genaht zum Feste des heiligen Vaters,

Den sie mit brünstigen Wünschen erfreut und beträchtlichen Geldern.

Eifrig hatten im Staube des Tags unzählige Kirchen

Fromm sie besucht und mit Staunen geschaut den erträglichen Kerker,

Welchen der Vater bewohnt; nun dachten in nächtlicher Kühle

Alle vergnüglichen Trunks — auch erleuchteten Pilgergemüthern

Mundet der römische Wein in monddurchjchimmerter Mainacht.

Siehe, da saßen im prangenden Saal, dem kerzcnerhellten,

Friedlich vereint am gerundeten Tisch die Hirten der Heerde,

Die deutschredender Zunge genaht zum herrlichen Feste.

Nicht stand ledig der Tisch: die filbergetriebene Bowle
Trug er und ragende Humpen dazu von grünlichem Glase,

Und es entstiegen dem räumigen Erz die erquicklichen Düste,

Welche die Blume verstreut des goldig leuchtenden Rheinweins.

Da nun ergriffst du das Wort, Wilhelm Immanuel, der du
Thronest im gläubigen Mainz am breithinwallenden Rhein ström.
.Seid, ihr Herren, gegrüßt!" — so sprachst du — „Wahrlich, es ziemt sich,
Daß wir Deutsche uns hier zur schärfere» Ecke versammeln.

Schrecklich erscheint mir" — er winkte zu gehn den Dienern; geräuschlos
Traten sie ab — „ja, schrecklich erscheint das gepriesene Fest mir.

Stets gleichmäßig spielen sich ab langweilige Tage:

Immer dasselbe redet der Papst, nur wachsen die Reden
Täglich an Läng'; ich fürchte, ihm naht die Schwäche des Alters.

Wenig auch lockt mich das bunte Gewirr stemdländischer Herren;

Schlecht nur verstehen sich Ohr und Mund auf italischen Wohllaut,
Schlecht auf der Franken Geschwätz und der rastlos gähnenden Briten
Schwierige Sprach'; auch schäme gar sehr ich meines Lateins mich,

Wenn ich bedenke, daß Cicero hier vor Zähren gewandelt.

Drum entbot ich euch heute zu mir: wir wollen den Abend
Fröhlich verbringen in trautem Gespräch nach der Sitte der Deutschen.
Nicht auch mangelt das gute Gettänk nach dem Brauche der Heimat.
Spürt ihr die Blume des Rheins? Gar reichlichen Vorrath enttiahm ich
Eigenem Kellergewölbe, zur Fahrt mich nistend nach Wälschland.

Prüfet den lieblichen Trank, für Aechtheit leist' ich euch Bürgschaft." —
Alle nun hoben zum Munde sogleich die grünlichen Humpen,

Und es entquoll ein vergnügliches „Ah!" den befeuchteten Kehlen.

Du nun erwidettest Jenem und sprachst, hochwürdiger Melchers:

,Metth des Neides erscheinet dein Loos mir, trefflicher Bruder!

Hausest du immer doch noch am gesegneten Ufer de-s Rheinstroms,
Hoch von den Frommen verehtt, ein Vorbild sämmtlichen Völkern.

Ich ward längst von den Meinen gettennt, der verlassenen Heerde
Mangelt der Hitt; nie werd' ich vielleicht das heilige Cöllen

Wiederschau'» und den ragenden D o m und den rauschende» Rhein ström!
Oftmals senden ein heimliches Faß mir gläubige Seelen;

Aber es wecken die Düste des Weins im Herzen nur Sehnsucht,
Schmerzlich fällt in den köstlichen Trank die schimmcnide Thräne." —
Sprach's und seufzete schwer und trank, die Anderen alle
Seufzten und tranken wie er. Dann sprach das schlaue Martinchen.
Martin, welcher dem Bruder dereinst die bewegliche Habe
Abttat, als die Schergen des Staats ihm drohten mit Pfändung:
„Immer ist sorgenbelastet der Märtyrer, der in der Fremde
Unstät wandert umher und des eigenen Gutes erniaugclt.

Spärlicher fließen die Gaben gar bald, in, Kreise der Freunde
Fühlt er geduldet sich nur, man achtet geringe den Armen.

Denk' ich der Spenden, die Andre gebracht, indeß ich mit leeren
Händen dem heiligen Vater genaht, so steigt mir ein schmerzlich
Heimweh sehnend empor nach dem schönen westfälischen Bisthum!" —
Sprach's und seufzte und traut, und mit ihm ttanken die Andern.

„Lasset die Klagen!" — begann der stattliche Ledochowski —

„Ist doch das höchste der Güter dem Sterblichen immer die Freibcil!
Keiner von euch entbehtte sie noch, mir aber entschlichen
— Schaudernd gedenk' ich der schrecklichen Zeit — zween bleierne Zähre,
Stund' um Stund' und Tag um Tag, in vergittetter Zelle.

Jammere Keiner mir hier, der ftei im rosigen Licht geht!

Geld und Gut, gern geb' ich es hin, nur laßt mir die Freiheit!" —
Sprach es und traut, und es ttanken im Kreise die Anderen alle.

Und du nähmest das Wott, verflossener Hirte von Münster.

„Nimmer beklag' ich das eigne Geschick; der verlassenen Heerde
Denk' ich in Sorgen und Pein, die irre geht in der Wildniß.

Siehe, schon folgt den Gebote» des Staat-; manch schwächliiber Priester,
Welcher das eckige Heil für die tägliche Nahrung dahingibt!

Andre entweiche» dem ledigen Stande, die Reize des Weibes
Reißen sie hin, sie wollen des standesamtlich erlaubten
Liebesgenusses sich fteu'n und plärrende Kinder heranziehn!

Ach, ich st'irchte, wir gehen noch schlimmeren Zeiten entgegen!

Nirgend seh' ich bislang"-Doch da mit dröhnendem Nachdruck

Fielst in die Rede du ihm, Wilhelm Immanuel, also:

„Höret mir auf mit dem trüben Geschwätz! Schleckt sind ja die Zeiten,
Und am liebsten wär' ich um sechs Jahrhundctte ftüher
Kommen zur Welt, wo im Eisengewand mit dem Fürsten der Bischos
Ritt durch die Land' und tapfer mit Schwert und Kolben dareinschlug.
Aber was hilft uns das Jammern und Schrei'» ? Wir werden'-; nicht
ändern!

Stört mir den Abend nicht mehr und gedenft des erfteuenden Trankes,
Welcher die Herzen der Männer befreit von den nagenden Sorgen!" —
Sprach es und wintte die Diener herbei; sie kamen und füllten
Eilig aufs Neue den räumigen Bauch der getriebenen Bowle.

ßCadifenxifalfifu

Jlrnrftr Nachrichten aus dm Orient uud Neiden!,

Aus Monaco. Mit dem schönen und ewig neuenRufe: „Messieurs,
faites votre jeu!“ hat die angenehme Saison der Selbstmorde wieder
begonnen. Umsonst hatte die Spielregierung im vorigen Jahr an ver-
schiedenen Otten des Saales Gifte hingestellt, sowie hier und da einen
Strick an einem zuverlässigen Haken befesttgt; die meisten Herren wählten
doch den so geräuschvollen, für die Mitspielenden so störenden Tod des Er-
schießens an Ott und Stelle. Um dergleichen Unzukömmlichkeiten in Zu-
kunft zu verhüten, soll in dieser Saison eine ganz neue Einttchtung, vom
Fürsten selbst erfunden, zum ersten Mal in Gebrauch kommen. Dieselbe
besteht in einem geräumigm Eiskeller für Diejenigen, welche etwa für
den sanften Tod des Erfrierens sich entscheiden möchten. Der Rückzug
in den Eiskeller geschieht durch eine im Spielsaal selbst angebrachte Fall-
thür. Für das Verschwinden durch dieselbe soll unter den Spielern der
scherzhafte Ausdruck „Sich kalt stellen" in Aufnahme gebracht werden.

Aus der Umgebung des Rey. Es wird die bestimmte Versicherung
gegeben, daß Don Carlos mit seinem Bruder Alfonso sich wieder ver-
söhnt habe. Spanier, knöpft euch die Jacken zu und achtet auf eure
Pottemonnaies!

Von der russischen Gränze. Endlich haben die Russen einen
entschiedenen Erfolg davon gettagen. Ein vollständiger Sieg wurde er-
fochten über einen in guter Stellung befindlichen — deutschen Reichs-

bürger aus Ostrowo. Dieser fiel nach vergeblicher Gegenwehr bei
Szaqpiovno in die Hände der unüberwindlichen Russen. Enorm war
der Verlust des Ueberwundenen, unermeßlich die Beute des Siegers. Sie
betrug 210 Mark in Reichsgeld, welche die russische Gränzbehörde nach der
Plünderung des Gefangenen unter sich vettheilte.

Aus Rom. Herr Sigl aus München, der Redacteur des famosen
„Vaterland", ist nach Rom gereist und hat beim heiligen Vater um
eine Pttvat-Audienz nachgesucht. Der heilige Vater soll, als er davon
hötte, einigermaßen erschreckt zu den dienstthuenden Jesuiten gesagt haben:
„Kinder, laßt ihn nicht herein! Ich bin überzeugt, er ist im Stande —
mich anzupumpen!"

Vom Kriegsschauplatz. Tschernajeff soll,, wie man jetzt gewiß
weiß, nicht bei der Donau-Armee sondern beim Kaukasusheer ein
Commando erhalten. Wie man uns weiter zuraunt, ist er bestimmt, bei
einem etwa nothwendig werdenden Rückzug den Vottrab zu commandiren.

Aus Rumänieu. Ein sehr unangenehmes Versehen passittc so eben
dem Bürgermeister eines kleinen Städtchens. Derselbe beging den Jrtthum,
dem Großfürsten Nico laus, der den kleinen Ott zufällig berühtte, bei der
untetthänigen Begrüßung, statt Salz und Brot, Salz und Pfeffer
anzubitten. Das Gesicht detz Großfürsten, als diese Doppelgabe ihm dar-
geboten wurde, läßt sich schwer beschrttben.
 
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