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Nr. 29 u. 30. Zweites Beiblatt.

Berlin, den 24. Juni 1877.

4-gelvaliene Nonpaceil-Zeile

arsbnrg, 2ürick. Lase!

XXX. Jahrgang.

- -

. Lerliner Geologie.


Sehst du, Willem, in Berlin wird die Erde alle Jahre man bloß dreimal
aufgebuddelt; deßhalb muß man die Gelegenheit benutzen, feine Einsicht zu
erweitern. Des Dicke da unten is die Wasierleitung, drüber der Gas, oben
die pneumatischen Briefträger, drüber die Telegrafen, und deS Neue, was sie
legen, nennen sie Canalisation. So, Willem, nu vräge es dir in; und wenn
sie nächstes Frühjahr wieder aufreißen, werd' ich dir überhören.

Die legitimistischcn Blätter machen sich darüber lustig, daß Gambetta,
nachdem er seine fast dreistündige Rede gegen die Regierung gehalten, von
einer Ohnmacht befallen worden sei. Sie meinen, der mächtige Dic-
tator brauche sich nicht zu fürchten vor einem so, ohnmächtigen Ex-

ÜU8 dem Tagebuch de« Torresjiondenten des „Daheim",
Herrn v. 35... öt.

4. Juni. (18° R. Abends VJ Uhr.) Colofjale Erfindungen find zu
allen Zeiten gemacht worden. So konnte der bekannte Schmied von
Jüterbogk mit Staunen der Aufhebung des Raumes zusehen, indem
der Teufel zu ihm durchs Schlüflclloch kroch.

5. Juni. (19° R. Abends 9 Uhr.) Sollte eS nicht möglich fein,
eine Erfindung zu machen, welche alle Bestandtheile in sich trägt, die nöthig
sind, um die des Teufels noch zu übertreffcn?

6. Juni. (20° R. Abends %10 Uhr.) EOp^xa! Ich hab's ge-
funden ! Konnte der Teufel die Materie vom Attribute des Raumes be-
freien, warum ich sie nicht von dem der Schwere? Auf Ehre, fabelhast,
geheimnißvoll, tragisch, nebulös!

7. Juni. (Die Hitze steigt.) Wie folgenreich ist eine solche Er-
findung für die Welt! Wie sollte sich der dicke Hotelwirth ärger», wenn
er nach Aufhebung der Schwere nichts mehr wiegt! Welcher Erfolg
für den dürren Schneider, der nach Aufhebung der Schwere in
der Richtung der Tangente in den Weltraum geschleudert, als Stem erster
Größe neben dem Sirius Platz nimmt! Das macht Furore!

8. Juni. (Immer noch steigende Hitze). Welch eine Jammcr-
creatur DDiTnuii ab der Doctor Faust ,ist! Der konnte eS bloß auf einem
Faß Wein. Ich sehe es kommen, meine Erfindung ist der Art, daß »och
die ganze Welt auf einem Esel zur Weiterbefördenmg mit dem Narrenschiff

!). Juni. (Ein geringes Abnehmen der Wärme spürbar.)
„Das Wunder ist des Glaubens liebstes Kind." Wcgele ist nach Auf-
hebung der Schwere dennoch, wenn auch langsam, von einer hohen
Leiter herab, und gerade auf den Kopf gefallen.

1V. Juni. (Wieder steigende Hitze.) Uebrigcns gehörte der arme
Wcgele zu Denen, von denen nicht nur die edlen Theile, sondern auch
das Gehirn und mit ihm der Verstand nach zeitweiliger Aufhebung der
Schwere durch Dynamit in die Lust flogen.

U. Juni. (Tcnipcratur unerträglich.) Noch weit größere, fabel-
hasterc, gcheimnihvollere, nebulösere Erfindung! Wie wird man mühelos
unsterblich? Wenn man sich nur einmal — unsterblich blamirt.

Humor im deutschen Reichstag.

(Unter diesem Titel beabsichtigen wir an dieser Stelle eine Sanmilnng intereffanter
Augsprüche und geflügelter Worte auS den Verhandlungen des Reichstags in
sortlausendcr Reihe zu bringen.)

Sie, meine Herren aus N o r d d e u t s ch l a n d, sprechen unser Hochdeutsch,
das eigentlich Süddeutsch ist, viel bester als mir Süddeutsche, weil es
nicht Ihre Sprache ist, nach der alten Weisheitsregel, daß die Schuh-
niacher immer die schlechtesten Schuhe tragen.

Dr. Bamberger. IS. Sitzung, am li. November 1871.

Es gibt in allen Erörterungen einen Moment, wo man wirklich anfängt
vor lauter Belehrung dummer zu werden, «äto&e Heiterkeit.)

Dr. B amberger. 19. Sitzung, am ll. November 1871.

Bekanntlich hat unser »euer deutscher Reichsadler den preußischen
Adler im Leibe. (Heiterkeit.) Er hat ihn in veutro, nicht in dem Sinne,
daß er ihn noch gebären soll, sondern im Gegentheil wie Einen, den er
verschluckt hat; aber er hat ihn noch nicht verdaut und soll ihn auch nicht
so schnell verdaue». (Heiterkeit.)

Dr. Bamberger. 28. Sitzung, am 23. November 1871.

Meine Herren, das erinnert mich an eine alte Technologie von
Comcnius, in welcher die Fabrikation des Messings so erläutert wird.
Frage: AuS waS macht man das Messing? — Antwort: DaS Messing
macht man — aus altem Messing.

Dr. von Mohl. iS. Sitzung, am n. November 1371.

Man könnte den Tarif bei den Eisenbahnen ja auch machen nach den
Confessionen, daß man sagt: die Confcssion bezahlt so viel, und die so
viel. (Heiterkeit.) Man könnte das auch machen nach der Farbe der Haare
der Menschen, daß die Blonden s 0 viel bezahlten und die Schwarzen s 0 viel.
(Stimme: Wenn nun Einer gar keine Haare hat?) Ja, dann könnte man
noch ein Specialtarifchcn machen für Diejenigen, die keine Haare mehr
haben. (Große Heiterkeit.)

Dr. Braun. 22. Sitzung, am 16. November 1371.

Die Idee, daß das Gehalt eines Gesandten dazu diene, ihm Hilfsmittel
zu verschaffen, um den deutschen Einfluß in dem Lande zu vermehren, beruht
eigentlich mehr auf den Traditionen älterer Zeiten, wo es möglich war, mit
einem guten Diner einen tteferen Eindruck zu machen als heutzutage. Heut-
zutage esten sie Alle gut, und die Diplomaten nicht gerade am beßten.
(Heiterkeit.)

Fürst von Bismarck. 22. Sitzung, am 16. November 1371.

Es find dann noch Dinge vorgekommen in der Predigt, welche sich
anständig da nicht mehr sagen lasten, wo die Damenwelt nicht von dem
Auditorilini ausgeschlostcn ist; ich will Ihnen aber nur sagen, daß ein
Ausdruck — und es ist noch der zatteste, welchen der geistliche Herr gegen
die Fottschrittlcr gebraucht hat - war, daß er von denselben sagte, sie seien
„wie die Hirsche im September". (Große, andaucrndc Heiterkeit.) .

Dr. Völk. 33. Sitzung, am 23. November 1871.

Meine Herren, Rom wäre nie gegründet worden ohne den Raub der
Sabincrinnen; aber die Sabinerinnen wären niemals geraubt worden,
hätte nicht ein inniges Zusammendrängen sie zu den Römern gefühtt.
(Heiterkeit.)

Graf v. Bethusy-Huc. 34. Sitzung, am 29. November 1371.

(Fortsetzung folgt.)
 
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