Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
182

*63/

«vu(3 Hiifeifim!) für IDalitcantfiiCafen unit Solle, Le es inerifen molen.

Äis zu den Wahlen sind es noch mehrere Wochen, und es steht zu
erwarten, daß bis dahin viele der seither aufgestellten Candidaten sich zu
Grunde geredet haben oder sonst für den Parlamentsdienst unbrauchbar ge-
worden sein werden. Es wird voraussichtlich noch für eine große Anzahl
frischer Kräfte Platz werden. Also immer heran! Je größer die Auswahl,
desto besser.

Strebsamen Leuten aber, welche beabsichtigen, sich der parlamentarischen
Thätigkeit zu widmen, möchten wir mit dem hier folgenden Leitfaden beßtcnS
unter die Arme gegriffen haben.

§ I. Es ist nicht gleichgiltig, wie man heißt. Mau meide es, einen
ungewöhnlichen oder komisch klingenden Namen zu haben! Namen wie
Piepenbrink, Purzpichlcr, Zademack, Kicselack, Pumpus,
Quatschkofski, Schautcnkönig oder Pulverbestandtheil eröffnen
nur geringe Aussicht auf einen Sitz im Reichstag. Lieber wähle man einen
ganz gewöhnlichen Namen und heiße, wenn es nicht anders geht, Müller
oder Schultze.

§ 2. Es ist auch nicht gleichgiltig, was für ein Gewerbe man treibt.
Man wähle kein zu seltenes und auffallendes! Schwerlich werde» die
Liberalen ihre Stimmen einem Seiltänzer geben, mag derselbe auch noch
so fest auf dem Programm stehen. Ein Scharfrichter, auch wenn sonst
nichts an ihm zu tadeln ist, wird kaum von den Ultramontanen in de»
Reichstag geschickt werden. Und ob die Freiconservativen, die sich als be-
sonders vorurtheilsfrei darzustellen lieben, je einem Feuerkönig, Trapez-
künstler oder Löwenbändiger von Profession ein Mandat anvertraucn
werden, müssen wir alS mindestens zweifelhaft betrachten.

8 3. Wie man auSsieht, ist erst recht nicht gleichgiltig. Wer nur drei Käse
hoch ist, einen oder gar zwei Buckel hat und auf beiden Augen schielt, sollte
sich lieber einem andern Beruf zuwcnden. Gar keine Nase ist immer noch
bester als zwei Nasen im Gesicht; aber günstig wirkt cs auch nicht. Ob
L- oder X-Beine bester seien, ist ein müßiger Streit; sie haben beide
nichts Empfehlendes. Vollkommene Taubheit ist kein absolutes Hinderniß,
erschwert aber doch stark den Verkehr mit den Wählern. Kahlköpfigkeit
dagegen ist, im Fall eS im Wahllocal zu Raufereien kommen sollte, nicht
genug zu schätzen.

8 1. Rach unten hin ist das die Wählbarkeit bedingende Alter durch
das Gesetz bestimmt, nach oben hin nicht. Steinalte Mumnielgreisc aber,
die das hundertste Jahr längst hinter sich haben, werden doch bester daran
thun, sich nicht nichr in den heißen Kampf der Debatten zu stürzen.

8 5. Man überlege sich, von welcher Partei man gewählt sein will. ga
find der Parteien viele, und ihre Kennzeichen sind im Ganzen folgenbe - '

Die Liberalen verschiedener Nuance wollen mehr oder weniger fdjmj
vorwärts, die Conservativen wollen möglichst weit zurück, das Cenün«
gehorcht ohne Ausnahme und ohne Bedenken dem Papst, und der Wählst
der Socialdemokratcn ist: „ES muß AllenS verrungenirt werden!" 2)Qnal
entscheide man sich und wähle! Schließt man sich gar keiner Partei an
sondern tritt man als „schlichter Mann aus dem Volk" ohne alle VorkemihG
und Vorurtheile auf, so kommt man vielleicht noch bester fort.

8 6. Wer auf viele Stimmen zählen will, muß vor Allem selbst che
gute Stimme haben. Eine solche, wie der selige Stcntor sie besaß, fo,,
unter Umständen Wunder wirken. Wer sehr heiser ist, wer lispelt oder nü
der Zunge anstößt, bleibe lieber zu Hause.

Es kommt nicht sowohl auf das richtige, als auf das laute Spichs
au. Blücher, der sehr falsch sprach, siegte immer. Nuppel und Julius
Schulze sollen cS mit den einzelnen Fällen auch nicht allzu genau nclimcn.
und selbst Wilhelm Teil beliebte, sich „auf einer Bank von Elm'
zu setzen.

8 7. Um gewählt zu werden, muß man sich öffentlich als Ca»diw
aufstellen lassen. Dazu braucht man eine gewiste Anzahl sicherer Mama,
die man sich rechtzeitig aus dem Kreise seiner Bekannten oder Kunden m
schaffe. Leute, welche dem Schlächter- oder Brauer-Gewerbe angehören, jto
besonders erwünscht. Auf das feste Aufstellen kommt viel an.

8 8. Eine Rede muß man natürlich halten, besonders zuerst. Da- ii
nicht so schwer, wie es aussieht. Der Anfang lautet stets: „Meine Herren!'
und was dann folgt, ergibt sich gewöhnlich ganz von selbst. Nachdem man
das Programm entwickelt hat, welches man natürlich nicht zu Hause wt-
gcssen haben darf, fährt man fort: „Und so werde ich denn fest und umill-

wegt"-Der Rest ist gleichgiltig, da durch daS Beifallstosen der

Freunde und durch daS Wuthgeheul der Gegner jeder weitere Saut ver-
schlungen wird.

8 9. Ein Wahlcandidat muß stets, auch wenn er nicht raucht, üigamn
bei sich haben. Auch sollte er niemals ohne alles kleine Geld auegehen.

8 10. ES empfiehlt sich für einen umsichtigen Wahlcaudidaten, auf
alle Fälle in mehreren Wahlbezirken zugleich zu candrdiren. Hat er die
seltene Gabe, an mehreren Orten zu gleicher Zeit eine Rede halten zu tonnen,
so ist daS für ihn ein nicht gering zu schätzender Vorthcil.

811 in seiner bekannten Fastung gilt auch für den gerechten ffl#
candidaten, zumal im persönlichen Umgang mit seinen Wählern und Gönner».

Und nun hinein in die Brandung!

Mü»"-

verstaatliche"^

Schnitze.

Müller.

Schnitze.

„Enterbten",

noch vor ihre 3'
Müller.

armen Hausbefij
Müller.

nich stören!

Herr von
candidat in Kr«
sich bitter über

gerade dort die

ülaun, ha
Mackay, der r-
ihm in seinem .

3ch fand il
Feuer er eine h

Heilillrtall.


fl» den Abgeordneten (Cccmer.

So eben wird mir durch das Teleskop mitgetheilt, daß Sie in einer con-
servativcn Versammlung in Waltersdorf (Kreis Teltow) dazu aufgefordert
haben, den Landrath zu wählen, de» liberalen Eandidatcn, Herrn
Wöllmer, dagegen „nach dem Monde zu schicken".

Hieraus ersehe ich mit Vergnügen, daß die Bahn hierher entweder schon
fertig sein oder doch in kürzester Frist fertig gestellt werden muß. Hoffentlich
befolgen die Herren Teltower Ihren Rath und schicken Herrn Wöllmer
hierher. In diesem Fall aber will ich Sie herzlichst gebeten haben, mit-
zukommen. Dann können wir Drei, Sic, Herr Wöllmer und ich, hier
oben Skat spielen, und daö ist schon seit mehreren tausend Jahren mein
lebhaftester Wunsch. Wenn Sie einen Sack Teltower Rübchen mitbringen
Wollten, würden Sic sehr verbinden

Ihren ganz ergebenen

„Mann im Mond".

Officiösc Blätter widersprechen ganz entschieden dem Gerücht, das; Herr
von Schlözcr bei seinem Besuch inVarzin au einerJagd aufSchwarz-
wild theilgenommcn habe. Diese Widerlegung ist in der That recht über-
flüssig; denn Jeder, auch der i» das Jagdgesetz und in die, an verschiedenen
Orten über die Erhaltung des WildstandeS geltenden Bestimmungen nicht
Eingeweihte, müßte doch wissen, daß inVarzin gerade jetzt das Schwarz-
wild — geschont wird.

Bei dem Patent-Amt soll so eben die nachstehend beschriebeue G:
findnng einer bekannten hochgestellten Persönlichkeit in Berlin nngeincltii
worden sein. Ein Modell davon wurde zur elektrischen Ausstellung n«4
Paris geschickt.

In der Patent-Anmeldung findet sich folgender Passus: In Erwägung-
nach Einführung des Tabaksmonopols jeder loyale Bürger bestrebt >w
muß, möglichst viel Cigarren zu consumiren; in fernerer Erwägun
Gewohnheit des Rauchens Vielen aus Gesundheitsrücksichten abznratbeu'-
bieten wir solchen Leuten in unserem neu erfundenen „Mechanisch"
Rauch-Apparat" den Vorthcil, Cigarren und andere Tabaksproducte ot»
jede Schädigung ihrer Gesundheit in Rauch aufgchen lasten zu köw"-
Unser Apparat ist mit einer elektrischen Batterie in Verbindung 8(j#
der Art, daß die in denselben geworfenen Cigarren re. :c. in kürzester Zn-
durch den elektrischen Strom in Asche verwandelt werden, wodurch
staats- und volkswirthschaftliche Zweck des Rauchens auf dem cinfachst
Wege erreicht wird.

Herr Julius Schulze, der „allein

.„." Selbstcandidat fürb»

Reichstag, hat herausgefunden, daß alle Zeitungen, mit Einschluß sogar
antisemitischen, nicht das Geringste werth seien; sie alle beschäftig"
nicht genug mit ihn, und sind seines Lobes nicht voll genug. .

Wie ist diesem llcbelstand abzuhclfen'! Am einfachste» wohl da» -
daß Herr Julius Schulze selbst ein Blatt, etwa in Dalldorf,
läßt, besten Redaction er persönlich leitet. Für dieses Blatt wollen wir
die Unterstützung durch unser» Schultze — auch unser Müller wir S
Etwas dazu beitragen — bereitwilligst in Aussicht stellen.
 
Annotationen