Jtr. 20.
Berlin, den 1. Mai 1881.
XXXIV. Jahrgang.
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wochenkatender.
5>onnerRag, den 5. Mai.
Welch Blühe» ictjl, welch fröhlich Auserstehn!
Doch fragt ihr »nsreS Volts Vertreter:
Wann endlich wird'» im Lande besser geh»* —
So sagen sie: Na. davon später!
Krcitag, den 0. Mai.
Lebendig wird cs nun im Bienenstock.
Die Sonne lacht, die Luft ist wärmer:
Die Biene schwärmt, es schwärmt das Volt beim
Wir seufzen: .Sonderbare Schwärmer!"
Sonnabend, den 7. Mai.
Den Reichstag freuet weder Lenz noch Mai:
Demüthig faltet er die Hände,
Er denkt verlorner Zeit und singt dabei:
„Wer weiß, wie nahe mir mein Ende! *
Kladderadatsch.
Humoristisch=satirisches Wochenblatt.
Das Lied des armen Mannes.
äh»ml»ill»r-2
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Bausd™.MiaV (jiN*
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irath.“
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ol)l mir, das; ich nicht bin drr Zar,
' Nicht Herr von Millionen!
bann, b cd raut nicht vor Gefahr,
meiner Hütte wohnen.
\§^- 3d) branchc nicht auf Schritt und Tritt
driir meinen Schutz zu sorgen;
Nor Minen und vor Dynamit
Sin ich hier wohl geborgen.
Non seiner Thür der Kaiser mutz
Gar manchen Herrn verweisen;
Gar Manchen hat er znm Uerdruß
Kercitp geschickt ans Reisen.
Noch wer nur meiner Hütte naht,
Nein bict' ich Grus, und Segen;
Es kommt mit Klicken treu und grad'
Mir Jeder hier entgegen.
Nrr Kaiser muß in Hungers Enal
Nom Truchseß erst erkunden:
„He, freund, versucht zuvor einmal,
Gb Tuch die Speisen munden!"
Ich laß' vom Mahl, ob warm, ob heiß,
Den Gaumen mir erfrischen
Und greife lustig zu; ich weiß,
Es ist kein Gift dazwischen.
Ner Kaiser seinem Mundschenk winkt:
„Daß Uns der Klein gedeihe,
Nehmt Ihr zuerst das Glas und trinkt;
Dann fei an Ans die Reihe!" —
Ich aber wandrc frisch zum Krug:
„Stecht an, Herr Klirth, dir Tonne,
Auf daß ich thu' tirfdnrst'gen Ing
Daraus in Zecherwonnc!"
Der Kummer plagt ste früh und spät,
Und legt ste sich zu Kette,
Dann untersucht die Majestät
Zuvor die Lagerstätte.
Mir aber, wann vorbei der Tag,
Ist süßer Schlaf bcschieden;
Wohin mein Haupt ich legen mag,
Da liegt's in Traumes Frieden.
Wohl mir, daß ich nicht bin der Zar,
Nicht Purpur trage heute!
Er ist halt doch im Reich fürwahr
Der ärmste aller Leute.
Wo er auch geh', folgt seiner Spur
Die Schaar mordgirr'ger Schleicher;
3 rij aber bin ein Armer nur,
Und bin doch zehnmal reicher.
Kladderadatsch.
Berlin, den 1. Mai 1881.
XXXIV. Jahrgang.
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5>onnerRag, den 5. Mai.
Welch Blühe» ictjl, welch fröhlich Auserstehn!
Doch fragt ihr »nsreS Volts Vertreter:
Wann endlich wird'» im Lande besser geh»* —
So sagen sie: Na. davon später!
Krcitag, den 0. Mai.
Lebendig wird cs nun im Bienenstock.
Die Sonne lacht, die Luft ist wärmer:
Die Biene schwärmt, es schwärmt das Volt beim
Wir seufzen: .Sonderbare Schwärmer!"
Sonnabend, den 7. Mai.
Den Reichstag freuet weder Lenz noch Mai:
Demüthig faltet er die Hände,
Er denkt verlorner Zeit und singt dabei:
„Wer weiß, wie nahe mir mein Ende! *
Kladderadatsch.
Humoristisch=satirisches Wochenblatt.
Das Lied des armen Mannes.
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' Nicht Herr von Millionen!
bann, b cd raut nicht vor Gefahr,
meiner Hütte wohnen.
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driir meinen Schutz zu sorgen;
Nor Minen und vor Dynamit
Sin ich hier wohl geborgen.
Non seiner Thür der Kaiser mutz
Gar manchen Herrn verweisen;
Gar Manchen hat er znm Uerdruß
Kercitp geschickt ans Reisen.
Noch wer nur meiner Hütte naht,
Nein bict' ich Grus, und Segen;
Es kommt mit Klicken treu und grad'
Mir Jeder hier entgegen.
Nrr Kaiser muß in Hungers Enal
Nom Truchseß erst erkunden:
„He, freund, versucht zuvor einmal,
Gb Tuch die Speisen munden!"
Ich laß' vom Mahl, ob warm, ob heiß,
Den Gaumen mir erfrischen
Und greife lustig zu; ich weiß,
Es ist kein Gift dazwischen.
Ner Kaiser seinem Mundschenk winkt:
„Daß Uns der Klein gedeihe,
Nehmt Ihr zuerst das Glas und trinkt;
Dann fei an Ans die Reihe!" —
Ich aber wandrc frisch zum Krug:
„Stecht an, Herr Klirth, dir Tonne,
Auf daß ich thu' tirfdnrst'gen Ing
Daraus in Zecherwonnc!"
Der Kummer plagt ste früh und spät,
Und legt ste sich zu Kette,
Dann untersucht die Majestät
Zuvor die Lagerstätte.
Mir aber, wann vorbei der Tag,
Ist süßer Schlaf bcschieden;
Wohin mein Haupt ich legen mag,
Da liegt's in Traumes Frieden.
Wohl mir, daß ich nicht bin der Zar,
Nicht Purpur trage heute!
Er ist halt doch im Reich fürwahr
Der ärmste aller Leute.
Wo er auch geh', folgt seiner Spur
Die Schaar mordgirr'ger Schleicher;
3 rij aber bin ein Armer nur,
Und bin doch zehnmal reicher.
Kladderadatsch.