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c^r'C Amxfchlensw-rtbe

3n fnihercn Zeiten, besonders in der sogenannten klassischen, schrieben
nufere Dichter ohne Ordnung und festen Plan in allen Jahreszeiten darauf
los, so daß oft ein Non,an oder ei» Band lyrischer Gedichte mitten im Juli
erschien und dann natürlich nicht gekauft wurde.

DaS bedauerliche Factum, daß die deutschen Dichter aller Zeiten über
geringen Absatz ihrer Werke und über Verkennung ihres Wcrthcs zu klagen
hatten, findet seine Erkläning wohl nicht zum geringsten Theil in dieser »»-
geregelten Productionsweise.

Zum Glück hat unsere vielgeschinähte Neuzeit auch hierin Wandel ge-
schafft. Die zeitgenössischen Schriftsteller misten sich mit ihrer Muse so ciu-
zurichten, daß ihre GcistcSlinder fast immer im Schatten des TannenbanmS
daS Licht der Welt erblicken. Ebers, Julius Wolff und andere nam-
hafte Autoren haben schon daS fällige Pensum sauber gebunden auf den
Weihnachtstisch nicdcrgelegt, in vielen Fällen trifft der Vorwurf wegen der
Verzögerung nicht de» präcis arbeitenden Schriftsteller, sondern de» säumigen
Trucker oder Buchbinder.

Wir sparen uns übrigens die neuesten Erzeugniffe der schönen Literatur
für später auf und besprechen heute nur einige ernstere Werke, die weniger
ergehen, als belehren wollen, und die sich deshalb ganz besonders zu Fest-
geschcuken eignen.

Der glatte und gefahrlose Conrurs.

Ein HilfSbüchlei» für alle, die es im Gcschästslebcn zu etwas bringen wollen.

Von Siegfried Ramscher.

Aus dem reiche» Schatze seiner Erfahrungen gibt der Verfasser in der
klarsten Weise au, wie man von Zeit zu Zeit einen Uebcrblick über seine
Vcrmögcnsvcrhältnipc gewinne» und im Laufe der:>ahre ein wohlhabender
Mann werden kann, ohne die bürgerlichen Ehrenrechte auch nur für kürzere
Zeit einzubützen.

DaS Werk eignet sich besonders zum Geschenk für junge Kauflcutc, die
mit dem Beginn dcS neuen JahrcS zum ersten'Mal ein eigenes Geschäft
begründen wollen.

Du sollst nicht dichten!

Ein mahnendes Wort, im Interesse der leidenden Menschheit
gesprochen von N. N.

Der Verfasser setzt zuerst im allgemeinen auseinander, dag wir längst
mit Dichtungen jeder Art hinreichend versorgt sind, daß also jede weitere
Production mindestens müßig und überflüssig erscheinen muß.

KeihnacKtBgeschsnK«.

Darauf entrollt er eine Reihe von kurzen Lebensbilder» solcher Dichter,
die ihr vcrhängnißvolleS Thun schwer büßen mußten. Den Reigen beginnen
die Unglücklichen, die wegen ihrer unvcrbcsterlichen Neigung zur Dichtkunst
mit ihrer Familie zerfielen oder aus dem Kreise ihrer Freunde auSgestoßcn
wurden. Dann folgen die, welche im Dienst der Muse eine» soliden bürger-
lichen Beruf aufgabcn und in Folge besten dem Elend anheimfielen, endlich
diejenigen, die in dieser traurigen Lage sich dem Trunk oder anderen Lastern
ergaben und mit den Behörden in nähere Berührung traten.

Möchte dies Buch, das unendlich viel Gutes wirken kann, auf keinem
Weihnachtstische fehlen!

Der politische Struwelpeter.

Mit Illustrationen.

Von Warner und Klugmann.

Das reizend ausgestattele Büchlein schildert in ergötzlichster Weise in
Wort und Bild daS Schicksal eines Abgeordneten, der mit dem stehenden
Ausruf: „Nein, dieses Geld bewill'ge ich nicht!" jeve Regierungsvorlage
ablehnt, darüber mit seinen Wähler» zerfällt und schließlich fein Mandat
verliert.

Wahlvcreinen, welche ihrem Abgeordneten eine WeihnachtSfrende bereiten
wollen, empfehlen wir die thenre, aber dafür wirklich prachtvolle Künstler-
Ausgabe auf chinesischem Papier.

Mer hat (tzocthcs Lieder grdichlel °?

Ein Essay von Dr. Müller - Mylins.

Der geistreiche Forscher, der jüngst in der Monatsschrift „Unsere Zeit"
zeigte, daß Shakespeares Werke von Bacon von Vcrnlam verfaßt sind,
fuhrt hier den Beweis, daß die meiste» Goelhcschen Lieder von einem ge-
wissen Meyer herrühren, der lange Jahre hindurch im Hause des Ministers
Stiefel und Kleiduugöslnckc reinigte und ungehinderten Zutritt zum Arbeits-
zimmer des Hausherrn besaß.

So erfährt endlich auch jene vielbesprochene Strophe der Sulcika-Licder
ihre definitive Richtigstellung:

Du beschämst wie Morgcnfeucr
Jener Gipfel ernste Wand,

Und noch einmal fühlet Meyer
Frühlingshauch und Sonnenbrand.

Kein Literalurfreuiid wird die anregende und überzeugende Schrift un-
gelesen lasten dürfen.

Für ö cn kl rutsche» Han kl et.

Schon wieder ist ein Schinipanse von Kamerun im Aquarium ange-
kommen.

Dies führt »nt- unwillkürlich auf den Gedanken, ob nicht der Schim-
panse ei» Hauptausfuhrartikel der Zukunft für Kamerun werden könnte.
Tie Wälder dort sind von einem geradezu unerschöpflichen Affcnrcichthuni,
und 50,000 SchimpanscS könnten sehr leicht jährlich gefangen und »ach
Europa gesendet werden. Diese würden, das Stück nur zu 3000 Mark ge-
rechnet, einen Ausfuhrwerth von 150,000,000 Mark repräsentire». Man. sage
nicht, daß eine so große Anzahl SchimpanscS in Europa keine» Absatz finde!
Einen Affen kauft sich jeder einmal, und wenn er auch ein gut Stück Geld
dafür ausgeben müßte.

Kamerun würde dafür deutsche Fabrikate, besonders Majolika-Teller,
Äunstweine, Hosenträger, lyrische Gedichte, Blattpflanze» aus Blech n. s. w.
in Tausch nehmen, und so würde zugleich die Einfuhr auS Deutschland dort
»in ein Erhebliches steigen.


haben unter anderen vortreffliche» Eigenschaften auch die, daß sic dem Cou-
sumentcn die Eigenthüinlichkeiten dcS Producenten verleihen. Viele Versuche,
die mit ihnen bereits gemacht wurdcn, haben die Sicherheit des Erfolges
fcstgesteljt.

Die Wichtigkeit dieser Entdeckung hat auch den Reichstag veranlaßt, die
Jager sche Methode z» prüfen.

DaS Centrum hat mit der freisinnigen Partei am Polterabend ihrer
Verbindung Locken ansgetauscht; daS Resultat ist glänzend.

Nun sollen die Conservativen t>ie Haarpillen der Socialistcn hinuntcr-
schlucken, und umgekehrt.

Mk, »elfen und «M* beeilen & „nfi, bie (»jennnnle« Sei*.
femd-Pillen zu gegenseitigem Gebrauche.

Die Nationalliberale» warten auf Haarpillen voin Reichskanzler Dieser
will leider immer noch nicht das Material dazu hergcben.

Sfuöenten ats Sdjneefdjipper.

Zweihundert Berliner Studenten, welche am Tage ihre einzig freie Zeit
haben, weil sic des Nachts mit .der^Untersuchung hiesiger und fremder Biere
beschäftigt sind, haben, wie man hört, den Magistrat von Berlin darum
ersucht, sie beim Schneeschippen anzustellen, damit sie auf diese Weise sich die
Mittel zur Fortsetzung ihrer kostspieligen Studien erwerben können.

Der Magistrat hat, wie glaubhaft versichert wird, beschlosten, den Wunsch
der strebsamen Jünglinge, denen von allen Kncipwirthen die besten Zcnguine
ausgestellt werden, zu erfüllen.

M° e»Mch- »bllee »ettatSen, he» bet mm in feinet Umgebet,,«
Bier deutsche Rathe, welche ihn beständig gegen England anfhctzcn

‘eto Cnelk et[«l,te„ mit, b,6 defngt, Sei,de Me Samen

•fr'!*-. *•"?• «* mm A„- »»»inmum

beffebt Batet,, bnj fee dem Mnl,d, de! Mengend. wenn ei anflMft bei Abend,
wenn et ,n Bette jeiit, einmal mitten in bet Sei«, nnb nujerteiu Bei lebet'
iHfablieit Jnrufen muffen: „Heer, «ebente bet Engländer.- Dann nnlmottet
der Mahdi jedesmal: „Ich gedenke ja schon!" und denkt sich einen neuen
Tort gegen England aus. „Raus aus Afrika mit den Engländern
lautet die Parole des Mahdis und der mit ihm verbündeten Deutschen
Im übrigen sind die vier deutschen Räthe wirkliche Obcrgeheime und
dürfen dem Koran entgegen Wein trinken, wenn sie welchen bekommen
 
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