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patriotisches.

Militärische Malsage.

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Ei» Eorrcipondeni, der sür die „Norddeutsche'Allgeineine", die Berliner
„Post" und das „Kleine Journal" schreibt, hatte sich jüngst, da er Ver-
binduiigcn in hohen Kreisen besiht, einer ganz besonderen Bevorzugung zu
erfreuen: er durste die für den Feldinarschall Grasen Waldcrsce bcstiminte
Asbest-Ausstattung in dein nnserligc» Zustande, in den, sic sich damals
noch befand, einer eingehenden Besichtigung ztnlcrziehen. Der freundliche
Aerkfiihrer erklärte ihm jedes Stück und gab ans alle Fragen bereitwilligst
Auskunft.

Während an der Herstellung der Pfosten und Wände für die sieben
Wohnräume noch mit fieberhafter Anstrciigiing gearbeitet wurde, standen
verschiedene kleinere Ausstattungsstücke schon fertig da. Unter diesen erregte
besonders der für das Arbeitszimmer des Grasen bestimmte Spncknapf das
Jnlerefic des patriotisch gesinnten Schriftstellers. Auch er ist natürlich
ans reinem Asbest hergestellt und must als ein wahres Prunkstück bezeichnet
iverdcn. Der entzückte Beschauer konnte die Augen nicht von ihm wenden
und mußte immer auss Nene die ebenso vornehmen wie eleganten Formen
betaste». Endlich ries er: „Ich mutz aus ihm trinken aus das Wohl des
ManneS, der uns jo herrlichen Tagen entgegensiihrt!"

Da ihm eine Flasche Seel nicht zur Bersügung gestellt wurde, erstand
er von dem Polier eine große Weiße und goß eigenhändig den schäumenden
Trank in das Prunkgcfäß. Mil der Sicherheit, die nur dem geübten
Wcißbierlriliker eigen ist, leerte er cS in drei gewaltigen Zügen und brachte
dabei drei Trinkspriichc aus. Der erste lautete: „Ans daS Wohl des
Mannes, der aus den einstimmig geäußerlen leidenschaftlichen Wunsch der
Mächte zum Obcrseldherrn in China ernannt worden ist!" Bor dem
zwcilcn Schluck ries er begeistert: „Aus daS Blühen und Gedeihen der
neuen Phase weltgeschichtlicher Entwicklung, in die unser thenreS Reich so
plöhlich cingelreten ist!" Ehe er den Rest zu sich uahi», sprach er mit tiefer
Bewegung: „Aus das Wohl aller, die cs mit der Größe des deutschen
Namens treu und ehrlich meinen und mit Verachtung aus das widrige
Gezücht der gewerbsmäßigen Nörgler niederschaucn!"

Ter freundliche Werkführer, der den erhebenden Vorgang mit steigendem
Interesse beobachtet hatte, meinte gnlmüthig: „Ja, Sie können ruhig
daraus trinken, er ist noch nicht benuht." Ein zorniger Blick traf de»
Unvorsichtigen. „Schade, schade, daß er cs »och nicht ist!" ries der
Patriot, und über seine in freudiger Begeisterung strahlende» Züge breitete
sich der Ansdruck tiefen Schmerzes.

Eine schreckliche Nacht Halle neulich der Chesredacleur der „Nord-
deutschen Allgemeinen Zeitung" verlebt. Ihm lräuiiitc, i» seinem Blatte
hätte ein ganz cntschlicher Druckfehler gestanden, aber der tückische Traum
verhüllte ihm wieder und immer wieder die Fehlcrstclle. Bald glaubte
der Unglückliche, Fürst Hohenlohe sei als Unmensch bezeichnet worden,
während er doch ganz richtig als Uebcrmensch im Leitartikel paradirt
halte, bald schic ihn die Vermuthung in Schrecke», ans dem Schkastcn
wäre Graf Waldersee als Operbcsehlshabcr hcrvorgegangcn, bald ver-
meinte er gelesen zu haben, Herr v. Usedom wäre wegen Bctheiligung
an einem' Rückzug ins Jenseits und nicht in seine Charge besördert
worden. Schweißgcbadet eilte der Chesredacleur am nächsten Morgen auf
die Redaction und stellte Nachsorschnngen nach dem Druckfehler an.
Endlich halte er ihn gesunde». Der Canalrebelle Londrath z. D.
Dr. Lcwald war nicht zum Regiciungsrnlh, svndcr» zum Präsidial-Lber-
regiernngsrath in Breslau ernannt, und durch diesen klngen Schachzng
war die Regierung wieder einen Gegner losgeworde», da mit der Be-
sördcrung das Abgeordiictenmandat LcwaldS erloschen war. Ter Chcf-
rcdactcur äthmete aus und ließ die nunmehr berichtigte Notiz, die noch
nicht gedruckt war, erscheinen. Dann sehle er sich hin und schrieb eine»
Artikel, worin er bewies, daß die für den Mittellandkanal erforderliche
Summe von 420 Millionen Mark leicht durch den Krieg mit China auf-
gebracht werde» könnte.

Kerr v. Pfau.

Der Psau gilt mit Recht als ein Sinnbild der Eitelkeit, denn er ist
i» der Thal unmäßig eitel und eingebildet, lind zwar ist es der Psau-
hahn, der sich so spreizt, während sein Weibchen, die Psauheiinc, die häufig
»eben ihm photographirt wird, verhältnißmäßig bescheiden auslrilt.

Merkwürdig! Bei den Menschen ist cs genau so. Man sühli sich
manchmal ordentlich versucht, „Herr v. Psau" zu sage».

Unseren nach China bestimmten Truppen ist ein Feldzahnarzt bei-
gegeben worden. Er soll der Kaiserin-Wittwe die Giitzahne aus,gehen.

In einem Anjjah »der ..Schwedisches Badelebcn", den die Wiener
Wvchenschrisl „Die Wage" bringt, wird constatirt, daß viele i»»ge schivc-
dischc Ossicierc sich durch das lnnstgcrechtc Massirc» von Damen einen
Nebenverdienst verschaffen. So sind in dem vornchmcii Bade Marslrand
viele aclive Leutnants als Masseure thätig.

Uns erscheint das wunderlich, bei reiflichem Nachdenken ivird nian
aber erkennen, daß den, Militär nun einmal ein starker Trieb zum Majsircn
innewohnt. Bei ni,S zeigt sich allerdings dieser Trieb weniger im Ossicier-
corps als bei den Herren Unlcrossicieren, und er richtet sich nicht wie i»
Schweden gegen das weibliche, sondern gegen das männliche Geschlecht.
Fast jeder Unterossicier liebt es, zu Zeilen die Mnskeln und Sehnen feiner
Untergebene» energisch zu bearbeiten. Offenbar leitet ihn dabei die Absicht
oder wenigstens der dunkle Drang, die Leute kräftiger »nd lcistnngssähigcr
zu machen. Deshalb wird diese Massage auch vor allem an de» frisch
eingeslelllen Rekruten geübt, deren Körper der Stärkung und Abhärtung
bcdiirsen, ivcn» sie den Ansprüchen des ungewohnten Dienstes genügen sollen.

Leider besteht bei der Heeresverwaltung noch immer ein Borurlheil
gegen diese Massage, und so kommen die Unterofsiciere zu ihrer gründliche»
Ausübnng meist erst dann, wenn sie ihre Dienstzeit abjo.'virt haben mib
bei der Schuhmannjchast cingelicte» sind. Als Objcclc dienen ihnen Leute,
die sic zu vcrhastcn und zu lransportiren haben, oft auch ganz harmlose
Menschen, die ihnen zusällig in den Weg lausen. Da sie i» ihrem Eifer
oft zu weit gehen, so ziehen sich viele von ihnen Anklagen wegen Miß-
handlung oder Korperverlehnng zu. In manchen Fallen kvmml cs bann
zu einer Verurtheilnng, der aber fast regelmäßig die Bcgitadignng auf
dem Fuße folgt. Diese Begnadigitugen finb sehr erfreulich, beim sie be-
weise», daß die dasiir verantivorlliche» hohen Beamten besser als die gc-
lehrten, aber im praktischen Leben wenig bewanderten Herren Richter den
unwiderstehlichen Drang zum Majsiccn zu würdigen wiffen, der nun ein-
mal i» jedem früheren Unterossicier steckt.

DerKücheii;ellel'des Präsidenten derAnsiedekungscommifsio».

Wer sich sür 40 Pfennig ernähren

Den Tag ivill, dars keine Austern verzehren,

Dars keine Truiicln hinuiiterichliiigen
Und darf auch nicht das Scctglas schwingen.

Ter Schncpscndrcck und der Fasan,

Der Rcbhahn, Birkhahn und Auerhahn
Muß seine», Tische bleiben ser».

Bersucht's einmal, ihr hohen Herr»,

Für 40 Pscnnig täglich zn speisen,

Dann braucht ihr nicht nach Karlsbad zn reifen.

Der Oberlandesgerichtsralh Roeren hat vom Papst das Ritlerkrenz
des Grcgorins-Ordens erhallen.

Das ist ihm recht!

Specialphotograph, der im Begriff ist, einen Massenmöider siic
die „Woche" auszunehmen: „Bitte, nicht so freundlich! Ihr Lächeln ist
bezaubernd, macht aber das Bild unähnlich. Können Sie nicht ein grausames
Gesicht mache»? Bersche» Sie sich in die Stimmung, in der Sie gewöhnlich
beim Morden sind, aber, bitte, ein bischen rasch! Ich habe nachher noch
zivci Excellenze» am Arbeitstisch und im Kreise ihrer Familie» und außer-
dem noch den Herrn ausznnchmen, der morgen die Ehre habe» wird, Sic
zu köpfen. Also bitte» recht unjicundlich!"
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