Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Knauff, Franz
Das neue academische Krankenhaus in Heidelberg: Mit einem Atlas von XXVIII Tafeln und einer Photographie (Text) — München, 1879

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.25041#0057
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
37

dass die untern immer, die obern theilweise, ausnahmsweise auch vollständig geöffnet sind; das
Mehr oder Weniger ändert sich bei letztem nach der absoluten und relativen Temperatur der
Innen- und Aussenluft. Man erreicht alsdann nicht nur eine ständige Ventilation von minde-
stens 100 Cub. Met., sondern vermeidet auch den in den Beobachtungen 2 und 3 bemerkbaren
Fehler einer zu hohen Zimmertemperatur. (Bei den Versuchen konnte er, weil das Minimum
des Ventilationseffects gemessen werden sollte, nicht corrigirt werden.)

Bei Versuch 4) sind die Bedingungen fast die denkbar ungünstigsten für eine ausgiebige
natürliche Sommerventilation: die Fensterventilation nur sehr kärglich gebraucht, Aussen-
und Innentemperatur möglichst gleich, dabei Windstille. Dennoch berechnet sich der Luftwechsel
auf fast 100 Cub. Meter. Es unterliegt keinem Zweifel, dass bei richtigem Gebrauch der Fenster-
ventilation die Ventilationsgrösse im Sommer immer über diesem Maass gehalten werden kann.
Ohne sie wäre allerdings ein gerade in der warmen Jahreszeit empfindliches Versagen der Ven-
tilation zu befürchten; auch ist es fraglich, ob bei nur einseitiger Fensterreihe das Offenhalten
der Fenster die erforderliche Wirkung hätte. Bei gegenüberliegenden und geöffneten Fenstern
darf man aber immer auf eine hinlänglich starke Luftströmung rechnen, um die nötliige Menge
reiner Luft in den Saal einzuleiten. Bei der hiesigen Anlage genügt z. B. eine Luftströmung
von 0,16 Meter Sekundengeschwindigkeit, um pro Kopf und Stunde 150 Cub. Meter Luft ein-
und auszuführen, wenn auch nur die obern Scheiben der Fenster, d. i. ein Viertheil der Ge-
sannntfensterfläche, geöffnet sind; eine Luftströmung von 0,08 Meter genügt bei hälftig geöff-
neten Fenstern. Es ist wohl ebensowenig das Ausbleiben der Luftbewegung in so geringer
Geschwindigkeit, als eine etwaige schädliche Wirkung derselben auf Kranke zu befürchten.
Man könnte also von einer Wirkung der Böhm’sclien Ventilationskanäle bei Tage ganz absehen,
was diese übrigens, wie aus Versuch 4) hervorgeht, nicht hindert, auch in dieser Zeit die Ven-
tilation zu unterstützen und zwar wesentlich durch die einander gegenüberliegenden Etagen-
kanäle. Zur Nachtzeit sind aber die Ventilationskanäle auch im Sommer von entschiedenem
Werthe, da das Mauerwerk im Innenbau mit seiner die Tagesdifferenzen der Lufttemperatur
ausgleichenden eigenen Temperatur in der kühlem Nacht die Dachkanäle als Lockkamine wirken
lässt. Gerade in den Stunden, in welchen die Fensterventilation unterbrochen oder mindestens
bedeutend reducirt werden muss, und in denen auch die künstlichen Ventilationen gerne schlum-
mern, treten diese natürlichen Lockkamine in regelmässige und stetige Thätigkeit; und wenn
diese höchst einfache Vorrichtung sich darin mit vielen complicirten Einrichtungen messen kann,
dass die schlechte Luft nicht erst durch lange horizontale, auch wohl in die Tiefe steigende
Leitungen zu einem Sammelpunkt hingeführt, sondern auf dem kürzesten Wege aus dem Be-
reiche des Hauses gebracht wird, so darf sie auch hinsichtlich ihres quantitativen Effectes, wenn
auch nicht den Probeventilationen, so doch den in wirklicher Praxis erhaltenten Leistungen
viel umständlicherer und kostspieligerer Einrichtungen an die Seite treten.
 
Annotationen