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Koch, Alexander [Hrsg.]; Fuchs, Georg [Hrsg.]
Grossherzog Ernst Ludwig und die Ausstellung der Künstler-Kolonie in Darmstadt von Mai bis Oktober 1901: [ein Dokument deutscher Kunst] — Darmstadt, 1901

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3770#0248

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Unterhaltungs-Abende im Spiel-Hause der Künstler-Kolonie.

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Richtung die entscheidenden Persönlichkeiten zu Wort
kommen zu lassen. — Nicht uninteressant war die Revue
der verschiedenen » Überbretth, die in diesem Hause im
Laufe des Sommers vor sich ging. Zuerst erschien Herr
von Wolzogen, der »Vater« der Idee, mit den Seinen auf
dem Plan und verbreitete jene maassvoll - ausgelassene
Polterabend-Stimmung, welche das Karakteristikum seines
Unternehmens ist. Leicht geschürzt ist diese Muse, doch
ja nie zu leicht, man ist im Variete und doch wieder in
der gutbürgerlichen Familie, man hört moderne Litteraten-
Poesie, aber solch »kompromissliche«, dass es keinen An-
stoss erregt, und obendrein ist die Musik so süss und nett,
wie sie sich das grosse Publikum nur wünschen kann.
Das sehr geschickt geleitete Unternehmen, das gewiss
nicht darauf angelegt ist, einer künstlerischen und kul-
turellen Reform-Idee zu dienen, und das über sehr ge-
wandte Darsteller verfügt, bedeutet eine Geschmacks-
Verfeinerung innerhalb des bestehenden Theater-Wesens
und war insofern hier an seinem Platze. Das Gastspiel,
welches drei Abende umfasste, war denn auch ausser-
ordentlich stark besucht. Im grossen und ganzen war
es der eiserne Bestand des Überbrettls, der den Darm-
städter Besuchern geboten wurde. Und, selbstversändlich,
was überall gefallen hatte, gefiel hier im violetten Hause
auch. Da war vor allem Liliencron's »Die Musik kommt«, dann die Darbietungen Fräu-
lein D'estree's und schliesslich der alte liebe »Haselstrauch« und Bierbaum's »Der lustige
Ehemann«, dessen klingelnde, so überaus frische Tanz weise mit Jubel aufgenommen wurde.
— Auf Wolzogen's »Überbrettl« folgten die »Elf Scharfrichter« aus München. Hier war
nun allerdings ein ganz neues Prinzip, eine ganz neue Auffassung geselliger Kunst und
darstellerischer Unterhaltung. Diese Leute, gleichviel, ob die einzelnen Mitglieder als
Dichter, Sänger, Schauspieler, Regisseure Aussergewöhnliches leisten oder nicht, haben
doch das Eine erfasst, dass es gilt, sich zusammenzuschliessen und unbeirrt um alles, was
in der öffentlichen Meinung sich einer zweifelhaften Anbetung erfreut, ganz aus eigenem
Empfinden zu einer künstlerischen Unterhaltung zu gelangen. Und deshalb ist es mit
diesen »Elf Scharfrichtern« eine ernste Sache, wenn man auch über die Qualität der Einzel-
Leistungen noch so verschiedener Meinung sein mag. Und dieser Ernst trat hier in
Darmstadt, wo sich so manche Parallele mit den Bestrebungen der Künstler-Kolonie auf-
drängte, besonders stark hervor und bewirkte, dass die »Elf Scharfrichter« eine besonders
herzliche Aufnahme fanden. Sie hatten hier Abend für Abend ein kleines Elite-Publikum,
das ihnen unzweideutig zu erkennen gab, dass es sich auf dem von den Münchener Gästen
betretenen Weg die Erreichung eines Kultur-Zieles verspreche. — Die beiden »Stars« der
Truppe, die in ihrem »Monsieur Henry«, einem köstlich deutsch radebrechenden
Franzosen, einen sehr guten Konferenzier gefunden hat, waren Frank Wedekind
und Maria Delvar. Ersterer trug einige seiner unnachahmlichen Balladen
unnachahmlich vor. Eine mephistophelitische Stimmung wehte von ihm aus
durch das Haus. Nicht unverwandt dieser ist der Ton, den Maria Delvar
anschlug. Nur eine Beimischung tiefer Tragik, eine grossartig
entwickelte Vortrags-Kunst hebt uns über jenes »grimmige
Gelächter« hinaus in die Sphäre tief poetischer Erschütterung.

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