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Koch, Alexander [Hrsg.]; Fuchs, Georg [Hrsg.]
Grossherzog Ernst Ludwig und die Ausstellung der Künstler-Kolonie in Darmstadt von Mai bis Oktober 1901: [ein Dokument deutscher Kunst] — Darmstadt, 1901

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3770#0286

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Isarius: Darmstadt, die -»werdende Kunst-Stadt«

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Wickelung und wird selbst
am allerwenigsten Wert
darauf legen, für einen
modernen Bahnbrecher zu
gelten, und Franz Stuck,
ist er nicht der Typus der-
jenigen, die eine grosse
Zukunft hinter sich haben?
Ja nicht einmal die aka-
demische Konsolidierung
der modernen Malerei,
wie sie sich in Ludwig
von Loefftz so meisterlich
darstellt, kann als ein Er-
gebnis spezifisch Münche-
ner Geistes gelten, denn
Loefftz ist aus — Darm-
stadt. Dies sind nur
Symptome, aber sie lassen
sich um tausend andere
vermehren und alle be-
deuten uns das Eine, dass
die Kunst in München
nicht ein organisch aus
der heimatlichen Kultur
mit gebieterischer Not-
wendigkeit Gewordenes
ist. Vielleicht aber lässt
sich das am klarsten da-
raus entnehmen, dass die
junge Intelligenz, die in
München ihr Wesen hat, sei es auch nur
im Kaffee-Hause oder im Künstler-Variete
a la »Elf Scharfrichter«, sei es, um schon
Ernsteres zu nennen, im »Simplicissimus«
oder endlich in den nach aussen kaum je
hervortretenden Kreisen vornehmer Geistes-
Aristokraten, dass diese kulturell allein in
Betracht kommende »Gesellschaft« Münchens,
die das eigentliche Publikum und Milieu
unserer Künstler, Dichter und Denker von
Rang bildet, nur wenige unter den Ihren
zählt, die sich rühmen dürfen, geborene
Münchener zu sein. Also ist es nicht so
übermässig erstaunlich, dass München in
erster Linie ein Emporium der Atelier- und
Ausstellungs-Malerei war, einer »Kunst für
die Fremden«, und dass es das auch bleiben
will, denn es hat ja als Fremden-Stadt keine
schlechten Erfahrungen damit gemacht. Nun

HAUS CHRISTIANSEN.

Bett im Fremden - Zimmer.

wird man allerdings fragen: wie kommt
es, dass München gerade ein Sammelpunkt
der jungen Geistes - Aristokratie wurde,
wenn es kulturell so wenig verfeinert,
wenn seine Kunst so wenig bodenwüchsig
ist? Dem gegenüber sei bemerkt, dass
München an und für sich einen enormen
Durchgangs-Verkehr hat; es liegt an den
Hauptstrassen vom Norden nach Italien, von
Paris nach Wien und dem Osten, es hat als
Hinterland die Alpen weit, welche Hundert-
tausenden gerade geistig angeregter Menschen
den willkommensten Erholungs - Aufenthalt
bietet, es hat weltberühmte Sammlungen, in
denen die Schätze aus dem ganzen Gebiete
des jetzigen Königreiches Bayern zentra-
lisiert sind, es hat durch den König Ludwig II.,
durch den vorübergehenden Aufenthalt des
von den Münchenern so aufrichtig gehassten

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