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Zentral-Dombauverein <Köln> [Editor]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1845 (Nr. 1-12)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1496#0048
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schamndm (besonderS wenn di« Strahlen der Morgtnsonn« si« umspielen
und in daS oorihkilhastest« Licht stellrn) einen wahrhafk bezaubernden
Eindruck hervorbringen und die innere obere Liundung des ChoreS mit
einem Gürtel von Kunstwerken enkaustischer Malerei umgeben, wiewohl
einen gleichen kaum ein anderes Gotteshaus in der ganzen christlichenWelt
mehr aufzuweisen hat. Es sind aber diese Glasgemälde auch deßhalb um
so wichtiger, weil sie zugleich in innigster Harmonie mit dem architek-
tonischrn Charakter des ganzen Tempels stehen und daher in dieser
Beziehung bedeutungsvvller alS jene prachtvollen, mehr ins Buge fal-
lenden und blendenden der nördlichen Seitenhalle unseres Domes, vb-
gleich letztere dir drs Chores an Glanz und Mannigfaltigkeit der Farben,
so wie auch an Richtigkeit der Zeichnung in den einzelnen Figuren weit
übertreffen, aber doch ohne Rücksicht auf die Verzierung desGanzen
behandelt sind. Jm Anfange des 14. Jahrhunderts vereinigten sich der
Herzog Johann vonBrabank, der Sieger von Worringen, di« Grafen
Walram von Jülich und Dirk von Cleve mit den edlen Ge-
schlechtern der Stadt Köln und ließengemeinschaftlich für denhohen
Chvr der Domkirche dies, kunstreichen farbigen Fenster anfertiqen, w!e es
ihre am Fuße der Fmster angebrachten Wappen beweisen. Wie der vder
die Künstler geheißen, denen diese GlaSgemälde ihr Dasein verdanken, ver-
schweigt die Geschichte, so wie ja auch der Name des unsterblichen Mei-
sterS des Domes selbst noch fortwährend eine Frage, ein ungelös'tes Räth-
sel geblieben. Wenn man die farbigen Chocfenster mit Aufmerksamkeit be-
trachtet, so findet man bald, daß der Künstler offenbar Alles nach der
Vorschrift deS Baumeisters ausgeführt, denn das Formenspiel in dem Stab-
«erk dcr Fensterbogen ist von den mannigfaltigsten, stäts abwechselnden
Berschlingungen von bunten Rauten, Kreisschnitten, Laubwerk und Ge-
zweige auf den farbigen Scheiben fortgesetzt. Die Fenster selbst bilden meist
von dcn Bogen herab der ganzen Breite und Länge nach ein regelmäßiges
Gewebe von allerlei Pflanzenblättern, die mit schwarzen Linien auf das
weiße Glas gewisser Maßen damascirt und nur mit wenigen bunten Ein-
faffungcn unterbrochen sind; unler einer Höhe von 15 Fuß folgen Bogen-
stellnngen mit zierlichem Thurmwerk, und unter diesen, abwechselnd auf
blauem und rothem Grunde stehend, mehr alS lebensgroße Figuben, und
zwar so, daß auf jede Fenster-Abtheilung eine Figur oder ein Bild kommt.
Diese Bilder, mit Kronen, Zepter und Reichsapfel versehsn, st-llen „K ö-
nig e" mit ihren Gemahlinnen dac und bilden von beiden Seiten eine
fortlaufende Reihe, die sich an daS mittlere Fenster anschließt, wo die drei
Könige aus Morgenland zu den Füßen des auf dem Schooße der Maria
sitzenden Jesuskindes erscheinen.

Ueber dem Gemälde des mittlern Fensters zeigt sich statt deS allgcmei-
nen teppichartigen Formenspiels der Stammbaum der Maria in Brustbil-
dern, mit bunten Rahmen eingefaßt. Auf diesem mittlern Fenster, als dem
Hauptfenster des obern Chores, finden w!r auf beiden Seiken ne-
ben der Rose Sonne und Mond auf einem mit Sternen besäeten blauen
Grunde angebracht; unten am Fuße besWdet sich in jeder Abtheilung das
Wappen des Erzbislhums. Die übcigen, alle am Fußgestell der Figuren
angebrachten Wappen sind jene der Herzoge von Brabant, der Grafen von
Jülich und Cleve, der Stadt Köln und der alten kölnischen Geschlechter,
z. B. der Overstolze, Overstolz-Effern, von derStessen,Hard-
fuß, Scherffgin, der adeligcn HLuser von Manderscheid, von
Kessel u. s. w. Was daS Technische des Glaserwerks betrifft, so ist
sowohl die Bleiverdindung der einzelnen Glasstücke, die Ueberlöthung von
innen und außen mitIinn, als auch dieBefestigung der also zusammenge-
setzten Felder auf eisernen Rahmen, je nach den Abtheüungen der Frnster,
alles auf das sorgsälkigste ausgeführt. Von den pciSmatischen Farbcn kom-
men Blau, Roth und Gelb am meisten vor, selten Grün, noch selte-
ner Bivlet; in der Ausammensetzung dcrselben paart sich auf die sinn-
vollste Weise stäts das Dunkle mit dem Hellen; demnach schließt sich
Blau, Roth, Grün und Violet immer nur an Weiß oder Gelb
an. — Absichtlich haben wir uns hier ausführlich über die herrlichen Chor-
fenster ausgesprochm, weil, das classische Werk von Sulpiz Boisseröe auS-
genommen, fast die meisten, selbst in jüngster Zeik erschienenen Beschrei-
bungen des Domes, die uns zu Gesicht gekommen, dieser trefflichen Kunst-
werke im Vorbeigehen kaum mit «in paar Aeilen oder Wortcn erwähnen,
sie im Vergleich mit jenen des nördlichen Seitenschiffcs ganz unge-
rechter Weise in den Hinkergrund drängrn und fast verschwinden laffen.
Es wäre sehr zu wünschen, daß es «inem geschickten Künstler gefallen möqe,
sie in möglichster Treue und fein illuminirt durch den Slich zu vcrvielfäl-
tigen, um sie nicht bloß auswärtigen Kunstfreunden als eine schr willkom-
mene Gabe darbieten zu können, sondern auch, um fie dem Sinne, Ge-
dächtniss« undHerzen unsererMitbürgernäherzu bringen und somit
vielen derselben, die davon noch gar keine Ahnung haben, erst recht an-
schaulich zu machen, welch einen kostbaren, noch kcineswegs gehörig gewür-
digten Schatz unsereDomkirche gerade an diesen Glasgemäldcn besitzc.

L. Zweite Periode der Glasmalerei.

Bon 1400-1600 n. Chr.

Technisch« und ästhetische Charakteristik.

W!r treten nun in das Blüthenalter unserer Kunst ein, in die Zeiten
ihrer ausgedehntesten Verbreitung, wo sie nicht bloß zur Verherrlichung der
Kirchen dimke, sondern auch bald die Paläste der Großen, die Raths- und
Aunfthäuser in den Reichsstädten, ja, selbst die Wohnungen schlichter Bür-
ger, je nach dem Orte, den sie einjunehmen, und der Bestimmung, die sie
zu erfüllen hatte, mit ihren erhabenen oder licblichen Schöpfungen, m!t
dem ganzen Himmel ihrer Farben ausschmückte, sich dabei dec gün-
stigsten Aufnahme und einer reichlichen Unterstützung erfreute. Sie ver-
danktr jme Aufnahme und diese Untrrstützung dm bede«tmdrn technischen

und Zsthetischen Fortschrittm, die sie seitdem gemacht, so daß kn der
Mitte dieser Periode, im Anfange des 16. Zahrhunderts, wo die ältere
Glasmalerei in ihrer höcksten Blüthe stand, die gcmalten Fenster zur Aus-
schmückung der Kirchen und Häuser die Regel bildctcn. Was die tech-
nischen Fortschritte betrifft, so bestanden diese vorzüglich 1) in Anfcrti-
gung und Anwendung größerer Scheiben und zweckmäßigerer Ver-
blciung derselben, 2) in Einführung verschiedenfarbiger Ueberfangglä-
ser, 3) in Erffndung neuer Glasmalerfarben und Flüsse und deren
eigenthümlicher Behandlung, und 4) in Einführung der Glasmalerei auf
eine Scheibe. Ungeachlet des nicdern Standpunctes, wclchen die Chemie
im 15. und 16. Jahrhundcrt einnahm, gelang es doch den vielseitigen und
vielfach abgcändertcn Versuchen der alten Meister, Glasmalerfarben von
mannigfachen Tönen und Abstufungen aufzubringen und so eine mehr
malerische Behandlung ihrer Leistungen zu bewirken. Das färbende Prin-
cip bildetm, wie schon früher und noch jetzt, die Metall-Oxyde, doch
kannte man schon eine reichere Auswahl derselben, als in der ersten Pe-
riode der Kunst. Roth wurde aus Eiscnhammerschlag, Goldglätte, RLthel-
stein und Rocaille zusammengesetzk; Blau gewann man aus Schmalt«
mit einem Ausatz von Mennig, odcr aus Zaffer (cinem zur Schmalte-
bereitunlg mit Sand vermischten Kobaltoxyd) mit weißem Glas, Salpeter
und Mennig; Grün wie sonst aus Kupferasche; Gelb licferten die Sil-
bcrverbindungm. Es ist aber leicht einzusehen, daß alle diese Pigmente we-
gen der verschiedenen Grade ihrer Schmclzbarkeit auch neue qualitative und
quantirakive Verhältnisse, ja, mitunter eine neue Anwendung dcs Flußmit-
tels in Anspruch nahmen, wclche letztere besonders dann Platz griff, wenn
ei» Metall-Oxyd um mit dem Flußmittel eine chemische Verbindung einzu-
gchen und die gehörige Nuance zu erhalten, mehr Hitze bedurfke, als zum
Einbrmnen angewendet werden darf. Jn dieftm Falle mußte das Pig-
mcnt, wie noch geschieht, mit dem Flußmiktel zuerst geschmolzen, dann
wieder zu Pulver gericben und mit einer geringen Mmge des Flußmitkels
wiedcr verfttzt, als schon verglas'ter Farbenkörper aufgelragcn werden. Aus
der Kenntniß dieser Wechselverhältniffe zwischen Pigment, Flußmittel
und Grundlage bildete sich schon jetzt jene Theorie der Glasmalerfarbe
und ihres BefestigUngsmittelS auf das Glas aus, welche sich in ihren
Hauptgrundzügen bis auf die neueste Zeit fast unvcrändert und völlig an-
wendbar erhalken hat.

(Schluß folgt.)

Die Erhaltung Ler Lunttdenkmäler im Nheinlande betreffend.

Die drei ersten Nummem des diesjährigen „Domblattes" enthalten
mehr« Aussätze und Auffvrderungen, in dcnen sich die lebhafte Theilnahme
an der Echaltung der ehrwürdigen Denkmäler der Vorzeit in erfreulichster
Weise kund gibt. S!e sind ein sprechender Beweis dafür, daß daS allge-
meine Jnteresse, welches sich der Dombau-Sache zuwendet, auch für die
Erhaltung der übrigen Monumente, welche derftlbe fromme Sinn der
Vorfahren mit demftlben Kunstsinne schuf, nur förderlich sein kann. Jst
der Sinn für die Schönheit jener Monumente einmal erwacht, so wendet
sich die Theilnahme nicht nur Einem unter denselben allein zu, sondern
sucht auch zur würdigen Erhaltung der übrigm nach Kräften beizutragen.
Jch glaube daher, daß ein Verein, der sich die Erhaltung und würdige
Herstellung auch der übrigen Kunstdenkmäler zum Ziele setzte, durch die
Äclebung des künstlerischen Sinnes auch wicder für die Sache des Dom-
baues nuc günstig zuröckwirken würde. Deutfthland in seinen verschiedmen
Staaten und Provinzen, Belgien und namrntlich Frankreich besitzen bereitS
eine nicht unbedeutende Zahl solcher Vsreine, deren Thätigkeit es gclungen
ist, eine große Zahl von Monumenten dem Untergange zu enkreißen; möge
das Rheinland, das durch die Wunder der Natur und der Kunst m!t
Recht gepriesene, dcn in beider Hinsicht wenigcr begünstigten Provinzen auch
in dieser Beziehung nicht nachstehen!

Wmn dennoch größere oder kleinere Monumente d r Gefahc des Unter-
gangcs, fti es durch Vernachlässigung, durch unzweckmäßige Rcstauration
odec qar durch absichtliche Zerstörung, auSgesetzt ftin sollken, so bitke ich
alle Freunde der Kunst und des Alterkhums recht dringend, mich so bsld
wie irgcnd möglich untec der Rubrik: „Herrschaftliche Kunstdenk-
mäler-Sache" hiervon gütigst in Kcnnkniß fttzen zuwollm und zugleich
die näheren Umstände anzugeben, welche hierbei Statt findcn. Meiner
Pflicht nicht weniger, wie meiner innigsten Neigung gemäß, werde ich so-
dann gewiß alle Kräfte aufbieten, um die Gcfahr, wmn es irgend mög-
lich ist, abzuwenden; nur ist eS dringend nöthig, daß die zunä'chst Bekhei-
ligten, d. h. in diesem Falle alle Rheinlä'nder, dmen die Kunstwerke ihrcs
LandeS theuer und werth find, mir ihre freie Unterstühung nicht versagen.

Schließlich erlaube ich mir noch die Bemerkung beizufügen, daß wegen
würdiger Herstellung der Thürme zu Ravengirsburg bei'Simmern und
der Kirche zu Andernach, welche der Aufsatz in Nr. 1 des „Domblattes"
dringend empfiehlt, bereitS die nökhigen Einleitungcn getroffm sind. Dcn
ausgezeichnet schönen Kreuzgang zu Kyllburg fand rch im Herbste 1843 lei'-
der bereits in Trümmern; dock ist zur Erhaltung des Gerekteten die nö-
thige Anordnung getroffen worden.

Berlin, 15. April 1845.

von Quast,

königlicher Baurath und Conservator der Kunstdenkmäler.

Verantwortlicher Herausgeber: Jos. DuMont.

Druck und Commisffons-Verlag des Verlegers der Kölnischen Zeitung,
M. DuMont-Schauberg.
 
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