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Zentral-Dombauverein <Köln> [Hrsg.]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1861 (Nr. 191-202)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1811#0020
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gemeinsrmc Obirhzupt im Himmel und aus Ecdsn, dsr emige Melchiss-
dech, Pnestsr uns lkönia. Ec lsat niht sür Dsutschlans, Fcankceich u. s. w.,
gesch>v.-i.;e süc einjeln-! Ländch.'n, Siästchen uns Döcfchsn sein Hesetz geze-
bsn, sondecn sem allzenieinen Lhcistenthun stnd Alle gleichmäßig un-
tecwscs n, und wsser Zeit nsch Oct nsch L.senmrcht ist daoon enibunsen.
AlS nun dec Heiland von dec Ecds zum eiviznr Batsc zucückkehcie, üsecgab
ec daS zweisachr Schweci seinec Becechttgunz seinen zwei Vözten und Siell-
oertrNern, das Odewriestecthum dem Vatec ;u Nom kcast bec Wscte. dte er
;u P.ncuS sorach, daS Obrckönigthum kcaft seinec Bocsehung und Welilen-
kung dem AugustuS zu Rom. de»e i Weithercschas: spätec aus den deutichen
Karl den Gcoßen übecicagen mard. Wi- man diese höchste geifiliche WücSe
scbon oor dem Minelalter ansah, und namentlich in Lezuz äus den Kaiser.
lehct am besten Lhcysostomos, veranlaßt ducch dsn Zorn deS Thsodosius
üt-ec Antiochsia wsgsn seinsr gsstüczten Bilvsäulen. Dec ehrwücdize Bischos
Flaoian ging nach "Aonstantinopsl, den Kaisec zu besänftigsn. Dsr Kirchsn-
lehrer bsspcicht biesen Gang uns sagt: „Auch dec Eczbischos ist ein Hecrscher
und ein Herrschsr ehrwücdigec, als der Kaiser; denn selbst daS kaiserliche
Haupt stellsn die hriligsn Sesetz- unter seine Hand, und wenn etwas GuteS
von Oben kommen soü, flüchtet dec Kaissr zum Pciester, nicht der Priestec
zum Kuisec." So war die Gesinnung altchristlichec Tage. König Kacl mar
römischsr Kaisec, aber nur oecmöge dec Salbung des PapsteS; denn
ohne Liese Salbung, die nuc bei Königen und Pciestern Statt sindet, hatte
ec an Nom gecade so viel Recht, atS Hsrmann dec CheruSkcr odec der Dalai
Lama an Zlalien. Je mchr seit der gem-injämen Lhcistmthat dec Kceuzzügs
daS christlichr Bewußtsein zur Klarheit kam. daß die gesammte Lhristen-
heit eins einzige GotteSgemeinde odec einen einzigen geisiig-chcistlichen
Staat im Sinne deS hsiligen Augustinus bilde, in dem alle christlichen Ein-
zslstaaten eben so eingeschlossen seien, >oie alle Glteder in ihrem Haupte
LhcistuS, um so mehr gewann die christliche Bildung an innerec Kcäsiigung,
und eine Vereinigung dec Mmschen und Völkec wac im Änzuge, als dec
Pscündenverkäusec Heincich der Vierte, dec Ehrgeiz dec Hohenstaufen, dis
Sisersucht FrankreichS, die Ziizellosigkeit und Unchrtstlichkeit sonstiger Macht-
haber, kurz. als die menschltchen Letoenschaften und Gebcechen dec Verwirk-
lichung dec christlichsn Völkergemcinschaft hemmend in den Weg tcaten. Papst
und Kaisec sollien der gem-inschasttiche Mittelpunct sein, geistige und tcdischs
Macht sich in ihncn veieinigcn, Z viespalt zwischen Beiden fec .e sein, und so
die Welt dsm ewigen Friedcn entgegcngesühct werden, von dem so virle
E-el- träumtcn und träumen. Echoii Papst G-lasiuS im fünften Zahr-
hundert hält das römische Oberpriestecthum und daS cömische Oberkönigthum
sür die gesetzlichen Vectccter dec Wellhecrschaft, sedoch so, daß das chrtstlichr
Oberpricsteclhum um so wichtigec ist, alS das Königthum nicht für dirseS,
wohl ober dieseS füc daS Königthum vor Golt Rechenschaft ablegen muß, so
wie auch daS Königthum gesalvt wird, aber nicht salbt. DaS Oberpciester-
Ihum hat seine Wücds von Gott, daS cö nischs, nicht das deutsche, König-
thum von der Sa lbung, mit welcher die Wücde erst beginnt. So redetc osten
voc allen Völkern elne Zeit, die noch nicht an sogenannlr Nnmaßungen RomS
denken konnte, wie Iahrhunderte laug foctgesetzie Lügenhastigkeit und Un-
wiffenheit fich auSzudcücken belieben. Eine gleichs Sprache fühct im sechSten
Jahrhundert FulgentiuS, daß in Ler Kirche Ksiner höhec sei, alS dec Papst,
in bec Welt Niemand echabenec, als der christliche Kaiser, wenn er seine
Kcone dem Gssetze des Hcilandes und seinecKirche unterwirft. DaS Zeitaltec
Kurlä deS Großen steht schon fest in biesec Ansicht und fußt auf den Worten
des GelasiuS uno FulgentiuS, und wiedecholt sie alS Gesetzs, die sich von
selbst vecstehen und übec allen Einspruch erhaben stnd. DaS alte ehrlite
Deulschland hatte disselbsn RechiSbegriffe. Der Schwabenspiegel spricht im
Eingange von den zwei Richtschweciern, die Gott der KciedenSfürst bei seinec
Himmessahrt beide dsm Papste übsrgebm habs, daS eins mit geistlichem,
daS anders mit weltlichem Gerichte; jedvch daS meltliche Schwert verleihe
dec Papst an ben Kaiser. Der Sachsenspieget hsbt auch an mit den zwei
Schwertecn deS PapsteS und deS KaisecS, unS erst wenii der Papst den deut-
schen König weihet, so erhäti dieser deS ReicheS Gewalt und den kaiserlichen
Namen. Hoyer von Falki.mburg, dsr Sammler des SachsenspiegelS, dachts
auch nicht'andecs, alS daß die bciden Schwerter eigentlich ver christlichen
Kicche angehörten, unter welche stch zn beuz,en damalS den größten Welt-
herren noch wohl anstand. Der Vecfasser übec dir Kaissrwahl, gewühnlich dem
Vincen.z von Beauvais beigebruckt, wahrscheinlich em Fcanzose und also kei-
neswegs mit Vorliebe dsn Deutschen zugeihan, äußect sich über den deutschen
Kaisec also: jedes christlichs Votk und jeoec christliche Fücst sei dem Kaisec
unterworfen und schulde ihm Gehorsam; d-nn er sei der Hecc derWelt,
uns nach den Zeiten deS OctaviauuS AugustuS sei noch Kciner so wahn-
witzig gswesen, dsn Titel Herr ber Welt und Fücst deS EcbkreiseS sich anzu-
maßen, der nur dem Leutschen Kaiser gebühre, seit die O-echerrschast aus das
deutscke Votk übertcagen worden. Da so der römilche Kaisec von Gott über
alle Sterblichen in zeitlichsn Dingen crhaben sei, selbst also keinen Obern
keune, so sei eS ozfenbaren RechteS, daß Niemand lebc, decihm diesschmä-
lern künne. Uns lebten wic untec dem einen Haupte, und folgien dem einen
Gehorsam, und erkännten in zeitlichen Dingen biesen einen Oderfürsten an,
so würde überall aus Erden der Friede blühen und bie schSnsie hecr-
lichste Einkrachr lsin. DaS wor dsr Begriy, den daS Mitielalter von oem
Papste und dem deutschen Kaiscr hatte." Letzieren säh eS an als den Könlg
dec icdischen Könige, ihren Richker und ihr Obcrhaupt, daher die Eifsrsucht,
namentlich FrankceichS bis aus Napoleon. Auch Vogt, gewiß wenn Einer ein
Kenner bcutscher Gcschichte, sprichl ähnlich von den beiden Weltgewaltsn nach
den Quellen in der vordenannien Lchrist. Die Wrli wirs gelenkt durch zwei
Lichtcr, durch die Sonne, daS größsre, und ducch den Mond, das kteinere,
So ist' die apostolischs Tewalt wis die Sonns. die königliche Macht wie der
Mond. Wie diesec nuc leuchlet durch jene, so find Kaiscr. Künige uud Füc-
steu nur ourch den Papst, weil Liesec ducch Goti ist u. s. w. — Ehe Gregor
den päpstlicken Stuh! bestiez, siand diese chcistliche Grundanschauung längst
fest, uno wurde noch im Zahre 1062 auf dec augSburger Versammluug von
deutschen Bischöfen in Wort und Schrist auSgesprochen, und fie bcstätigts
die Gewait Ler Weltruhe in bem Beherifcker S-S römifchen ReicheS unb im
höchsten cömiscken Pciesterihume als ben zwei obersten Häuptecn unv Angel-
puneten bsr Welt. die, waS Tott verhüte, nie durch Parteiung sich spalien
mözen, soiidern >n Einigung beständiger Liebe fortwandeln mögen, damit die
unieren Gliedsr üurch ihre Zn'tetcacht nicht abirüanig werven, vamit, wis
vom Etnen Miltler GotteS und dec M.mschsu LeideS, Köiiigthum und Pcie-
stecthum, im göttlichen Gehrimmst- verbunden siiio, auch jens beisen echa-

benen Pecsonen in solcher Einmüthigkeit stch vecöinden, so daß in wsyssl-
seitiger LiebeSoereinigunz der KSnig im cömischsn Priester und Sieser in jenem
gsfanden werde, jwoch unbeschadet eeS VarcechteZ deS P.ipsteS, welcheZ Rie-
mand außer ihm stch anmaßen dars.

Wenden wic unS wirdec zu unsecen unbedeckten Siandbildscn, so echal-
ten ivic in Westsn drei Spitzziedel, nämlich einrn Lder der Prirsiecchüce,
einrn üder dec Männerthüre uns einen über dec Frauenthüce. Für den mtit-
leren «pitzziebe! sind zehn standbilder, also aus jsdec Äeite lünf, füc die
N.'denspitzziebrl acht Standbilser. auf jeser Seiie vier. vorzeschrirbe».

Nehmen wic zuerst den mittlscsn Epitzgiebel, so stellen wic dacauf die
beiden Vögte Chststi aus Ecden, also fünf Päpste auf die eine, fünf Kaisec
auf die anvece Leile. Auf wetche Seite, darübec kann das Domchor an den
Stüylen Aufschluß geben. Auf der Fcauen- und Eoangeli-ns.ite gegen Ror-
dsn ist dis päpstliche Seite des Hirten der Braut Christl und auf der Män-
nsr- und Eoistelseits gegen Eüden die kaiserliche seite. Also auf die päpst-
liche S-ite setzsn wir dis fünf Väter dsr Ehristenheit: 1) Syloestec den Ec-
sten, Z-irgsn-Hen des Konstantin, unter welchem daS Christenthum zuerst inS
öffentliche Leben trat. 2) Sylvester den Z oeiten, diesen gswaltizen Aenoffsn
dec Ottone. bekannter unter dsm Namen Gerbrrt. 8 > Den großsn GregoriuS,
aber den Siebsntsn, deffen Seelenhoheit jctzt selbst seine Gegnsr anerkennen. 4)
Den dciiten Jnnocsnz. der nach Hurter'S Wücdizung keinec Rechlfectigung
besarf. Endlich, um auch uiiserec Zsit ihr Anrechi zu gsstatien, 5) dsn ehc-
wücdigm Dulvec unsecer Tags, an ivelchem der umgskehrts Konstantin zer-
brach/ Pius den Siebemen.

Äuf dis kaiserliche Seite wü ds ich stellen: 1) Karl den Aroßen alS
Stifter des deutfch-römischen KaiseclhumS. 2) Oito den Gcoßsn, daj cchte
Zbbild eines römischen KaisecS. 3) Den hochfahrenden, aber edeln uno ge-
waliigen ecsten Hohenstaufsn Fciedrich. 4) Den grunsbravrn und gcundveut-
schen RuLolf von Habsburg. 5) Den ietzien deutschen Kaisec Maximilian;
denn mit ihm starb baS deutsche Neich, obgleich eg erst im Zahcs 1806 be-
grabsn wurde.

Vom Papste gehen auS alls gcistlichen Würden vom Erzbischoss biS zum
kleinsten Laudpfacrer. Jch stelle dahec auf die L-üSseite deS nörstichen Spitz-
giebelS: 1s dsn Ecbauer deS alten DomeS und Freund Karl's beS Grohen,
den Erzvischof Hildebold; 2s den wackecn Reinhold von Dasselt, lleberbringer
der heiligen Dceikönigc und Gsnossen deS Hshenstaufen, ooec auch den hei-
ligen Engelbert, der, ein Grcif von Allena, Berg und Gelsern und Ver-
wandler unseres KönigsgeschlechteS, srsienS denEntwurf zum jetzige n Dome
machte, in welchem er ruht, dann aber als Blutz-uge füc daS R-cht den
edelsten Tod starb. 3> Den Begründer deS jetzigen Domes, Konrad von
Hochsteden, der außecdem dsr Steuecmann seiner Zeit war. Um auch bie
neuecs Zeit zu vertcsten, könnte an vie viecte Slelle der freigcbige, echt ad-
lize LismenS August genannt werden, deffen Anrenken noch im Munde des
Landvolkes tebt. Allein, gerade füc den Dom hat er Nichts gethan, und wich-
ügec erscheint unZ für dis zukünftige Grschichte der eijecne Clemens August
Droste von Vischecing, dec seine Zeit brach, wis sie ihn. Auf die Nordseite
desselben Spitzziebels isünschten wic 1) den becühmten Siiflsherrn Kcanko,
Lec mit dem MSnche Guido von Arezzo dec Schöpfec der ncuersn heiligen,
jetzt unhsiliz gewordenen Tonkuiist ist; 2) den um 13ö>> in Köln gefeiecten
Predigsc Johänn Tauler, die Veste der Stadt; 3s den Pfacrer, Schriftsteller
uno Bibetübersetzec Ulsmbecg; 4s dsn allvckannien, rastloS wirkenben, schlecht
belohntsn Erzbürgsr, Canonicus und Profsssor Wallraf, dess-n höchste Hoff-
nung, Ehre, Stceben gerads der Dom war.

Vom Kaifer gingen auS alle irdischen Würden, er schuf Könige und
Edle. Da Köln näch den Hsrzozen von Lotharinzen uns dem Abzuge seiner
Eczbischöfe biS zur fcanzöstschen llmwälzung keinsn Herrn hatte, dazür abec
an dem Spcüchworte festhielt: „Halt fest am Reich, du Kölschec Baur! Wie ,
eS auch falls, süß ob säur", so möchten auf deS sübltchen Gpitzgiebels Nocv-
seite am passendsten die vier wrltlichen Reichseczämtec odec die vicr Kur-
fücsten dargestellt werden, indem dadurch zugleich an unfere G.-genwart an-
geknüpft würde. Bekanntlich sind nach dem Reichsgesetze oer goloenen Bulle
Lie vier Erzämter Erztruchseß, Eczmarschall, Eczschenke und Erzkämmerec an
Böhmen, Pfalz, Eachsen und Brandenburg geknüpst, Aaf bec Düdseite
desselben Spitzgiebels entspcächen vier kölnischs weltliche Standbilder, näm-
lich: 1) MatthiaS Overstolz, dcr edls Vecfech>er dsr Fceiheil seiner Vaterstadt;

2) der hochgesinnte Bürgermeister Arnolo von Siegsn i:i seiner alterlhüm-
ltchen Tracht; 3s dec alle Buchdruckec Qacntel, alS Vertceter kölnischer Gei-
stigkeit, da der Bücherkenner wsiß, waS Köln gezen Ende deS fünfzehnten
und Anfang deS sechSzehnten JahrhundertS für eine Bedeutung haite, alS
nicht mir Schciftsteller und Buchdrucker skeine jetzigen). sonscrn sogar die
Correctorm auS der Blüths der wisssnschastlichen Männer vestanden; cndlich
4> derjsnige Mann, der in Deutschiand unb seinem geistigen Rngenführer
Göthe die alte Münsterkunst wieder anregte und inS Leben milziirück;ührte —
Sulpiz Boisserse. DaS edle Griechenlaud errichleie den lebenvigen Eveln
Ehrensäulen; auch im Lhristenthume bemächtigte sich die Kuust eineS Pau-
linus. Gcegocius und anderer Tüchtizen noch währsnd ihrer Lebenszeit, und
eS könnte auch dsn Deutschen nicht schaden, wenn sis einmal etwas AnoereS
anfiiigcn.

So hätten wir also unftre Aufgabe gelöst und den Rundgang um den
Dom in Beziehung auf daS Bildwerk vollendet. ES erübrigt nur noch die
langs Freitcepps an der Tcankgasse, die nach den drei Porkalen in drsi Ab-
theilungen zecfalleil-mmß. Die nackie Länge auSzufüllen, wecden auch hier
Standbildec nöihig sein, und eS bieten sich von selbst bie Stationen, de-
ren Reihe am Wejtende durch einen sogenannten Oslberg ganz >m Geiste
dec alten wücdigen Kunst beginnen, am Ostende mit dem Gekceuzigten zwi-
schen den Schächern schließen würde. Jedoch daS Einzelne läßi sich noch spätec
besprechen. ES wäre auch noch die Probe auf die Rechnung metneS Btlder-
vocschtageS zu machen; allein diese überlaffe ich den Wisseiiden, beren Zahl
leidcr geringec ist, alS die der Kunstschwätzer.

Verantwortlicher Herausgeber: I. Z. NelleS in Löln.
Commisfionö-Vsrlag nnd Drack von M. DnMont-Schauberg tn Köln.
(Erpedition der Kölnischen Zeitung.)
 
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