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Zentral-Dombauverein <Köln> [Hrsg.]
Kölner Domblatt: amtliche Mittheilungen des Central-Dombau-Vereins — 1861 (Nr. 191-202)

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https://doi.org/10.11588/diglit.1811#0027
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KSmpfer sür dis edle Sache zu gewinnen. Er begann se!n Uniernehmen nnd
sand fruchibaren Boden; er warb füc die heilige Sache und ward mit Mn-
zcndem C'rfolge gckiönd Wie ein zündender Funks fiel sein begeistertes Wort
in die Herzen der studirenden Jugei d und rief allenthalbsn eine seurige Be-
aiistcrung herron Der Zündsioff, der hier vorhanden, loderie bald in hellen
F-lammcn auf, die, nach allen Seiien hin auffiackernd, bald alle Eaue unsereS
deuischen Vaierlandes ergriffen. Bon dcn rebenbekränzirn Ufern deS RhsinS
biS zu den kalten Gestaden der Weichsel, von den Küsten der Nord- und
Ostsee bis hinab zu den stillen Thälern der Alpen haite fick) daS Feuer der
Begeistcrung den Herzcn miigeiheilt. Ueberall, wo nur die Muse fich einen
Sitz erwählt, fand daS von hier aus gesprochene Wort mächiigen Anklang;
es wurden Aufmunterungcn dahin erlassen, Verbindungen daselbst angeknüpst,
und cS bildeten fich dort alsbald in ähnlichem Sinne, wie hier, Vereine,
dle siL dem unsrigen alS Zweig-Vercine anschlossen und biS jctzi noch als
ireue Colonieen demselben ihre Beiträge zufließen lassen. Und daß unsere
Bemühungen nicht vergeblich gewesen find, daS zeigt, wenn Zahlen bewcisen,
die bcdeuiende Summe von mehr ais 10,008 Thlr., oie dem Dombau durch
dis akademifchen Vereine bereiiS zugcflossen sind. Doch können ung diese Er-
folge groh überraschen? Gewiß nichi. Unserc Bemühungen gelten ja einer
edlcn "Sache unscr Streben ist ja gerichtet auf ein Ziel, das alle Edelge-
finnten für fich bsgeistern muß. Schon der eine Umstand, daß daS rege Jn-
teresse, welcheS sich bei der Constituirung unseres VereinS bekundet, fich sort-
während nicht nur in seiner Siärke erhalten, sondern von Zahr zu Jahr an
Zunahme gewonnen hat, muß unS ein vollgülüger Beweis sür den Hohen
Werih unserer Bestrebungen sein. Denn, Commilitonen! der Prüfstein alleS
Wahren und Schönen, gleichsam daS Maß, wonach wir den inneren Werih,
die Bedeuiung und Lebenskräfiigkeii irgend eineS GsgenstandeS bemessen, sind
die Zeit und die in der Zeit erzielten Erfolge. Wo immer ein Uniernehmen
gleich bei seinem Enistehen sich lebenLkrästig entwickelt und in der Folge zu
immec größerer Ausdehnung, Krast und Giärke sich entfaltet, da muß für-
wahr eiwaS HöhereS zu Grunde liegen, da muß daS Ziel unseces StrebenS
dem Gebieie deS Wahren und Edlen angehören. Wo immer dieS nichi der
Kall ist, da sinken die AnfangS auch noch so groß scheinenden Erfolge bald
in sich zusammen. Wenden wic diesen Grundsatz auf den Gegenstai d an, der
unS heuie hier oereinigt, dann kann das Resultat nur ein solches sein, daS
unS einerseirS mit Fceuden auf die Vergangenheii zurückblicken läßt und unS
andererseits einen mächtigen JmpulS geben muh, unsers Thätigkeii und un-
sere Leistungen für die Zukunft immer mehr zu echöhen.

„Muß auf diese Wrise die Eckenntniß deS so lebenSkräfiigen und segenS-
rsichen Wirkens, daS unser Verein enifaltet hat, unS eine Ucberzeugung von
dem hohen Wrrthe unserer Bestrebungen beibcingen und zu immer größerer
Theilnahme an dem hehren Werke anspornen, so wird dies in ungleich höhe-
rem Grade eins Grwägung der Moiive bewirken, die uns durch die Erhaben-
heit und Schönheii deS Gegenstandes, dem wir unsere Kräste zuwenden, ge-
boten find. AlS Zielpunct liegt unserer Thätigkeit vor die Vollendung deS
kölner Domes. Die Metropole dcS Rheinlandcg, eine der schönsten Kaihedrolen
der Christenheit, sollen wic bauen. Fürwahr ein erhabcneS Ziel! Kaum möch-
ten wir cinen anderen Gegenstand finden, der unserer sorigesetzien Anstren-
gung und Thätigkeit würdigsr wäce, als eben dieser. Denn eS gilt hier, zu
jördern ein Kunstwerk dec edclsten Art, cin Kunstwerk, in dem die höchsten
und schönstsn Jdeen eines VolkeS, Kunst. VaterlandSliebs, Rsligion in wun-
derbar herrlichec Weise fich auSgeprägt finden.

„Es ist die Sache des DomeS zunächst eine Sache der Kunst. Der Dom
ist ein Kunstwerk, das die Schöpfungen der aniiken Kunst bei Weitem über-
ragt und in dcm die christlich-germanische Baukunst zum vollendeien Abschluß
gckommsn ist. Blicken wir hin auf die Schönheit und Erhabenheit dcs BaueS,
auf den einfachen und doch so reich gegliedsrten OrganiSmuS, auf die Har-
monie aller seiner Theile, auf den edlen Ausdruck kirchlichsr Hoheit, der'unS
in Allem enlgegcntritt, auf seine iiefbcdeutsame Symboljk, uno fragen wir
unS: wo gibi eS so edle und reine Formen, wo cine so staunenSwerihe
Schöpfung deS künstlerischen GeisteS? Wir gewahren da den vollendeisten
Triumph des Gsistcs über dis Materie, der "beherrschenden Jdee über den
Sioff. Wer sollie da nicht von dem Wunsche beseelt werden, diese unerreichte
Schöpfung dcg kühnen und religiösen deutschen GedankenS vollendet zu sehen?
Gewiß, in Allen niuß sich dieser Wunsch regen und in besonderg hohem Gcade
in uns, die wir schon durch unseren Beruf in so naher Beziehung zur Kunst
stehen. Kunst und Mffenschast pflegen mit einander des innigsten Verkehrs,
indem jede in ihrcr Arbeit und ihrem Ersolge die andere stützi und ergänzi.
Aährend die Wissenschast in ihren Operaiionen sich meist auf dem Gebiete
des Gedankrns bewegt und sich in einen gewissen Gegciisatz zur Außenwelt
stellt, bildet die Kunst die vermütelnde Brücke, welche die beidcn Welien deS
GedankenS und der Außenwclt mit einandsr verbindet. Der Gedanke, dem
Geiste des Künstlers enisprungen, fließt üder auf die stofflichen Gebiide, die-
selbeu vergeistigend, sich selbst in dieselben bannend, so oaß diese sich nun-
mehr als die verkörperien Gedanken darstellen. Bei dieser allgemeinen und
durchgreifenden Beziehung der Kunst zur Wissenschast würde eS eine traurigs
Verkennung unsereS eigenen BeriifeS einschlteßen, wollten wir der Kunst in
ihren edelsten und großartigsten Schöpfungen den Tribut, den sie mit Recht
oon unS fordert, verweigern.

„Die Sache des Domes ist fenier eine nationals, eine patrioiische. Ge-
gründet in siner Zeit, wo die deuische Naiion auf dem Blüihepunct ihrer
Machi gebietend an der Spitze Europa'S stand und fich in ihrer Einheit und
Siärke dem Auslande gegenuber erkannte, wo Kunst und Wissenschaft herr-
lich emporblühten und ihre schönsten Früchte irieben, sollte der Dom ein Denk-
mal der Größe jeneS VolkeS sein, in dessen Mitie er sich erhebt. Doch eS
kamen bald jene iraurigen Zeiten, wo daS deulsche Volk von seiner Höhe
herabsank, dec Glanz der Kaiserkcone verblich, der Sondergeist der einzelnen
Siämme fich rege machte und der Zwiespalt der Fürsten die vereinte deuische
Kraft zerspliüerte. ES kamen die Tage der Erniedrigung, daS Reich sank, das
EinheiiSbewußisein scbwand; mit ihm die Begeisterung für alles, was den
Emheüsgedanken verfinnbildlichte. Fünf Jahrhunderte lang ruhle der Bau,
ehe füc ihn die Morgenröthe eineS bessecen TageS anbrach, ehe die Zeit kam,
wo das, was deuische Einheit gegründet, deuifche Zwietracht unierbrochen,
durch Leutsche Einhcit wiederum der Vcllendung enigegengeführt werden sollie.
Und cben jene Zeii, wo die Theilnahme für den Bau fich so mächtig wieder
regte, wird alS eine der glorreichsten unsereS Vaterlandes von der Geschichte
gepriesen werden. ES war jene Zeit, wo Deutschland, fich seiner Würde wie-

> der bewußt, auS schmachvoller Ecniedrigung sich aufraffie und, fich als einein-
' heitlicheS Dolk erkennend, mit vcreinien Kräfien daS Joch dec Fcemdherr-
i schast abschüitelte. So spiegeln fich die Geschicke der Naiion ab in dcn Ge-
schickcn des DomcS, die guten wie die bösen. Der Dom sah die Tage ihreS
i GlanzeS, er sah die Tage ihrer Erniedrigung, cr sah auch wiederum den Tag
i ihrec Auferstehung. Heilige Pfiicht ist eS darum füc unS, Ccmmilüonen! mit-
! zubauen an dem hehren Werke, das in so naher Bezichung zu den Geschicken
unserer Naüon steht, dessen Förderung sich allzeit alS eine Kundgebung deS
deutschcn EinheitSgedankenS darstellte, Besondeis in der jetzigen Zcii, wo fich
die Einheiisidce wieder mehr rcgt und Deuischland gewisser Maßen gezwun-
gen ist, fich in seinec Einheit dem AuSlande gegcuüber auszufassen, will eS
anderS vielleicht nicht noch einmai die iraurigen Tage seiner Erniedrigung
zurückrufen, stellt das Vaterland mit Recht an unS Lie Forderung, mil allsn
Krästen darauf hinzuwirken, diese Einheiisides wach zu hallcn, allcs zu Ihun,
waS auf Förderung derselben hinzielt, Dic Förderung deS DombaueS ist so-
mit eine patrioüsche Pflicht.

„Doch es gibt noch eine höhere Seite, nach der die Sache deS DomeS
in Betracht kommt. — Ein jedeS Werk wird durch die Kraf! vollführi, durch
die eS begonnen worden. Kunst, VaterlandSliebe, Religion gründeten den
Dom. Kunst, Vaierlandsliebe, Religion müssen ihn auch vollenven. Doch der
VaterlandSliebe bieten sich zu viele Gegenstände dar, als daß durch sie allein
der hehre Tempel gsbauk werden könnie. Von dem großcn Baue in der alicn
Rheinstadt ist zwar ein neuer LebenSllrom für die Künste auSgegaugen;abex
die Kunst setzt nicht die Menge in Bewegung, urid so ist °s auch unmöglich,
daß durch diesen zweüen Facior allein der Dom zu Siunde komme. Der
wahre Hebel jüc den Dombau ist die Religion, Die reügiöse Jdes war eS,
welche Dome schuf, ja, welche übechaupt die Macht und Krasi zum AuS-
führen und Durchbilden solcher Riesengedanksn verlieh.

„Mögen wir der VaierlandSliebe und der Kunst immechin ihren Theil
an dem hehren Werke iassen; mag die erstere in ihm ein Product des le-
bendigen deuischen EinheiiSgedankens erkennen, mag die andere fich rühmen,
dem Meistsrwerke ihcer Schöpfungen seine großarüge Erhabenheit gefichert
zu haben, eS ist wahr; abec sie konnien dicS nur in Berbindung mit dec
Reügion. Die Reügion war der Ireibsnde Grund, auf dem dcr Plan jenes
WerkeS gswachsen. ES war jensr religiöse Geist, der in den krafivollen Jahr-
hundertsn dcS MitlelalrerS daS ganzs Leben der deuischen Naüon durchdrang,
ganzs Scharen von Weib und Kind weg rief uniec die Fahne deS KreuzeS
und große Herren und Riüer vermochte, ihr Befitzlhum hinzugeben, um den
Rest ihrec Tage in dec Einsamkeit ihrem Gotte zu weihen. AuS dem Glauben
ging der Dom hervoc; in ihm finden deS ersteren Geheimnisse einen erhabenen
Ausdruck; auü dem Glauben und auS ihm allein will er begriffen werden.
Auch die VaieriandSüebe und die Kunst seiern ja in der ReÜgion ihren
Triumph. Die Kunst hat ihren Urspcung in dec Religion; daS zeigt unS die
Geschichte. davon zeugen die Tempet der Hsiden; die Kunst feiert ihre Vollen-
dung in der Religion. Die Kunst soll daS Schöne darstellen; welches aber ist
das Urbild aller Schönheü, die absoluie Schönheü, wenn nicht Goü? ES
gründet daher dec Dom vor Allem im Glauben. Ec ist ein großeS GotteS-
buch, geschrieben von Siein, und jeder Siein in demselben mahnt unS zu
frommem Gebete und heiliger Andacht. Noch ist dieseä große GotteSbuch nicht
vollendet; die letzien Seiten sind ihm noch einzusetzen.

„Wohlan dcnn, Commilitonen! erkennen wir dieS alS uiiserc Aufgabe
bauen wic als rüstige Bauleule an Lem hchren Tempel, daS Beispiel unserer
Vorfahcen nachahmeno, unseren Nackkomwen cin Beispiel hinikclassend. Ver-
läugnen wir nicht unser deutsches Blut; zeigen wir unS alS treus Söhne
unserer Väter, indem wir die edlen Schöpfungen, dis sie ins Leben riefsn,
der Vollendung entgegenführen, indem wir an den hohen Jdeen, die fie be-
seelten, fesihalten und sie gleich ihnen zur That umsetzen, BesonderS ergeht
an unS jrtzt ein mächiiger Mahnruf. Sein graueS Haupt vvn Stein in Woi-
?«n grhüllt, winkt der Dom zu unS herüber, zur alten Musenstadt, unS bit-,
tend, ihm die Kcons der Vollendung aufzusetzen. Wohlan denn nochmalS,
Commiliionen! folgen wic diesem Mahnruf. Hai der Gedanke an daS zu er-
reichende Ziel unS zu edler Bcgeistecung und feuriger Theilnahme vermochi,
als noch eine lange Reihe von Jahren unS von 'demselben irennte, dann
wird gewiß das Bewußtsein öeS so nahe gerückten ZieleS uiiS zu immer
größsrer Theilnahms anspocnen, damit die Tage, d!e der Vollendung deg
Wcrkes am nächsten stehen, denen gieichen, welche den Anfang deSseiben so
herriich umgaben. Wie der Wondecer, wenn er die Thürme dec Heimat er-
blickt, seine Schriüe beflügelt, um die Sirecke zu durcheilen, die ihii noch von
dem Orte seiner Sehnsucht trennt, wie der Künstler, wenn ec nach vielfach
überstandenen Schwierigkeiien und Mühen den Erfolg seines Strebens fich
nahe gerücki sirht, fleißiger die Hände regi, um dem Werks den Schlußstein
einzufügen, so wollen auch wir, Commiiüoncn! jetzt, wo unS das Ziel schon
von ferne winkt urid uns freundlich zuruft, unsece Schriüe zu beslügeln, in
Emtracht und AuSdauer unsere Thäiigkeü und Opfer vermehren, biS die letzie
Kreuzblums, hoch gewunden und aufgestellt auf der Thürme Spitze, weühin
verkünde deS

„Domes Vollendung,

„Gott scgne daö Werk; er segne unsec fernereS Streben!"

Nun nahm Herr Religionslehrer v, Vosen das Wort und spcach in
seiner Rede über die Bedeutung der großen Zeit, welche unseren Dom her-
vorgebracht hat, und verbreüete fich namentlich auSführlich über die reiche
Bauihäügkeit, welche in Köln nebcn dem Dombaue im zwölsten und drei-
zehnien Jahrhundert sich entwickelt und dort ihce so bedeutenden Denkmäler
uns hinterlassen hat.

Jnzwischen hoüe die ErgänzungSwahl des Vorstandes Statt gefunden,
deren Ergebniß Hecr Prof. v. Fioß verkündigte. Die Wahl fiel auf die
Herren: Duplan, ituä. tüeol,, Niessen, stucl.jur., UerlichS, stuä.tlrssl.,
Wagener, stuä. tllsol.

Dann dankie der EhrenpräseS Herr Prof. v. Dieringer dem Herrn
v. Vosen für seinen beiehcenden Vorirag und schloß um 3^ Uhr die Ver-
sammlung.
 
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