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Koepplin, Dieter
Cranachs Ehebildnis des Johannes Cuspinian von 1502: seine christlich-humanistische Bedeutung — 1973

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https://doi.org/10.11588/diglit.9938#0095
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Herbst 1497 gründete Celtis unmittelbar nach seiner Ankunft in
Wien die "Sodalitas litteraria Danubiana", in deren Kreis auch
Cuspinian aufgenommen wurde (222). Cuspinian hat in seinem
Haus den zwölf ordentlichen Mitgliedern der gelehrten Donau-
Gesellschaft eine antikische Inschrifttafel gesetzt, auf der
die Zahl der Mitglieder symbolisch mit den Zahlen der Musen
und der Gratien - 9 und 3 sind 12 - begründet wird (223). Eine
Inschrift von 15o8 bezeichnet die Sodalitas Danubiana als
"Phoebicrenom sacrata cohors et mvsticus ordo" (224) ; und der
gewagte Name erhält wenigstens dadurch seine kirchliche Sank-
tionierung, dass der Stifter der mit antiken Münzen besetzten
Patera, die die Inschrift trägt, ein Kirchenmann, nämlich der
Olmützer Probst Augustin Käsembrot gewesen ist. Mit Vorbedacht
hat man 1497 den Bischof Johann Vitez von Veszprim und Wien
(gest. 1499) zum Patron und Protektor der Donau-Sodalität ge-
wählt (225) (aus dessen Bibliothek erbte Cuspinian um 1519 eine
Handschrift von Ficinos Kommentar zu Piatos Gastmahl (226)).

Humanistischen Geistes ist das Ehebildnis Cuspinians nicht bloss
allgemein seiner Weltzugewandtheit wegen, wenn wir den Land-
schaftshintergrund einmal so apostrophieren wollen, schon gar
nicht wegen einer scheinbaren Weltlichkeit, sondern gerade im
Gegenteil durch seine geheime, angedeutete Symbolik, die den
Bildern eine sakrale Weihe und Esoterik verleiht. Es ist die
Aufgabe des Interpreten, in die unter den Sodalen gepflegten

(222) Rupprich 1934, 3oo Anra. 1.

(223) Ankwicz-Kleehoven 1959, 19 und 9o-92, dazu Taf. neben S.
112; Bezold 1883, 2o5. Vgl. unten S. 136.

(224) Ankwicz-Kleehoven 1959, 9o f. Anm. 5 und 2 mit Anm. lo»
Rupprich 1934, 3o7 f. Anm. 2. Die Inschrift endet: "Procul
este prophani".- Den kirchlichen Begriff des Ordens, "ordo
noster", verwendet auch der Gothaer Humanist Konrad Mutian
für seinen Freundesbund (K. Gillert, Der Briefwechsel des
Conradus Mutlanus, 1. Hälfte, 189o, S. XLI Anm. 5 und

S. 15o unten).

(225) Rupprich 1934, 3oo Anm. 1 und 3o7 Anm. 1.

(226) Wiener Cod. 2472 mit dem Wappen von J. Vitez und dem Be-
sitzeintrag des Johannes Gremper, dessen Bibliothek Cuspi-
nian 1519 geerbt hat (S. Anm.43o ).
 
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