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22 ERES OS.

4. ERESO S.

Mytilene, Methymna, Antissa und Eresos stellen eine der Gröfse nach stufenweise abnehmende Reihe
von Städten dar. Eresos ist bei weitem die kleinste unter ihnen. Die Lage ist im Wesentlichen nach Strabo
gesichert.

»Eresos liegt auf einem Hügel und reicht ans Meer«, sagt Strabo (XIII 2, 4). Eine prägnantere Be-
schreibung ist kaum möglich. Der Hügel, der von einer genuesischen Festung gekrönt wird, ist in der Nähe
seines Fufses von einer polygonalen Mauer umzogen (vergl. den Plan auf Taf. 8). Südlich von diesem Hügel liegt
ein kleiner Felsenvorsprung, der durch einen Quadermauerring mit dem eigentlichen Stadthügel verbunden
ist und an den antiken Hafen reicht.

Die alte Hauptmauer ist fast in ihrem ganzen Umkreise in guten Resten oder Spuren erhalten.

Die am besten erhaltene Linie ist diejenige, welche die Südseite des Stadtberges in geradlinig ge-
brochenen Zügen deckt (vergl. den Grundrifs auf Taf. 9, 2). Die Mauer setzt, soweit sichtbar, überall auf den
Fels auf. In der westlichen Hälfte liegt ein kleines Thor derselben Art, wie es an anderer Stelle besser
erhalten ist. Der Weg durch das Thor führt gleich bergan, so dafs eine kleine Böschungsmauer zur Rechten
das höhere Terrain abstützt. Nach dreimaligem Richtungswechsel biegt sie dann auf einem vorspringenden
Fels rechtwinklig nach Norden um und springt nach kurzer Strecke östlich ab, wo wir ihr etwa drei Meter
tiefer wieder begegnen in der Richtung nach Osten. Kurz vor dem rechten Winkel sieht man Abarbeitungen
im Fels, welche darauf hindeuten, dafs man die Mauer gleich an dieser Stelle umbiegen lassen wollte, was
aber nicht zur Ausführung gekommen ist, denn die Bearbeitungsspur geht nur eine kurze Strecke weit auf
dem Felsen entlang und verschwindet dann. Auch aufsen an dem rechten Winkel findet sich eine Abarbei-
tungsspur, die aus ähnlichen Beweggründen erklärt werden kann.

Von diesem vorspringenden Fels aus zieht sich die Hauptmauer etwa in nördlicher Richtung weiter.
Bevor man ihren zum Theil vortrefflichen Resten begegnet, hat man einen kleinen Hohlweg zu überschreiten,
der gegen Norden von Stützmauern begrenzt ist und wahrscheinlich die Stelle eines Hauptthores bezeichnet, von
dem jedoch keine Reste mehr sichtbar sind.

Nach Osten, weiter unterhalb, springt eine merkwürdige Anlage wie eine selbständige Bastion vor,
an welche einerseits der Quaderbau der Stadterweiterung angeschlossen haben mufs, anderseits, nach Norden
zu, setzt hier die Spur eines mit der Hauptmauer parallel laufenden Mauerzuges an. Der Ansatz ist kurz,
doch läfst die stufenförmige Terrainbildung im Norden den ursprünglichen Zustand noch wohl erkennen. Aufser-
dem bemerkte ich unterhalb des Terrainabsatzes diejenigen Spuren ursprünglicher Bewohnung nicht, welche ober-
halb desselben in Scherben und Ziegeln reichlich zu Tage; liegen.

Eine Pforte mit den Thürangellöchcrn ist bei B (im Plan) erhalten. Ob auch in dem südlichen Zug
der Bastion eine Thoröffnung vorhanden war, mufs unentschieden bleiben.

Die Mauer ist in dieser Bastion von verschiedener Dicke (2,26 — 3,70 m.), schön gefügt in polygo-
naler Schichtung.

Die eanze Anlage steht fast auf einem einzigen Fels, der im Osten etwa drei Meter hoch ansteht,
und in dessen Spalten die polygonalen Blöcke mit meisterhafter Genauigkeit eingefügt sind.

Den Zweck der Bastion sucht man am wahrscheinlichsten in der vorzüglichen Deckung des Haupt-
thores. Die Ostseite ist überhaupt die: einzige Stelle in dem älteren Mauerring, von welcher aus ein Angriff
Erfolg versprechen konnte.

Die Ostmauer bildet eine gerade Strecke bis zum Thor I) (im Plan). Innerhalb des letzteren, das
in einem nach Osten ausbiegenden Stück angeordnet ist, führte ein von Stützmauern getragener Weg in die
höheren Theile der Stadt.

Ein weiteres kleines Thor bei E (im Plan) ist auf Tafel 9, 3 abgebildet.

Auf der Nordwest-Seite bezeugen nur einmal zwei Stücke das Vorhandensein der Mauer. Viel mehr
ist im Südwesten erhalten, wo der Hügel in schroffen Felsvorsprüngen zum Meeresstrande abfällt. Die Mauer
geht hier nicht, wie man zunächst erwarten könnte, auf dem äufsersten Felsgrat entlang, sondern verläuft etwas
weiter oben. Die äufsersten Felsvorsprünge sind durch zu tiefe Schluchten von einander getrennt; auch mag
der Fels in einem besonders stark verwitternden Trachytmaterial kein gesundes Fundament abgeben, man
sieht an einigen Stellen, wie der Fels unter der noch stehenden Mauer weggewittert ist, und das ist auch der
Grund, weshalb die Mauerspur der Nordwestseite, obwohl hier überall der Fels nackt heraustritt, fast spurlos
verschwunden ist.

In der gegen Nordwesten angeordneten einspringenden Ecke lag wieder ein Thor, dessen grofse
sich verjüngende Pfosten dort liegen, ohne dafs man die Spur ihres Standortes im Grundrifs erkennen könnte.

Der Verlauf der südwestlichen Mauerstrecke ist nach dem Thor zu erst geradlinig. Sie geht dann
ein kurzes Stück nach Osten, darauf wieder in gerader Linie südöstlich vor und sucht dann in häutig gebroche-
ner Linie über das hier unre</elmäfsio-e Eelsterrain die Südmauer zu erreichen.
 
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