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K OLUMDA D O. 45

Spiralen, denen je: ein langes Blatt bis über die Linie des Epistylauflagers aus dem Zwickel heraus folgt. Den
Zwickel füllt eine fünfblättrige Palmette. Der Halbkreis der Schafthälfte geht allmählich in den segment-
förmigen Querschnitt des Spirallauts über. Die Seitenflächen sind ganz glatt gelassen. So stellt sich das
Ganze wie die nach beiden Seiten aufgerollten Enden eines bis zu einer gewissen Tiefe hin aufgespaltenen
Schaftes dar. Die Oberfläche ist ein glattes Rechteck von der Breite der Säulendicke (48 cm.) und fast der
doppelten Länge (88 cm.). Diese Yergröfserung des Auflagers nach der Längsrichtung läfst auf hölzerne
Epistyle schliefsen, die das gänzliche Fehlen von Gesimsblöcken erklären. Mafsgebend für die Fassung der
Kapitellform war gewifs nicht allein dieser practische Gesichtspunct, indem die Steinmasse des Blockes nicht
annähernd bis zu ihrer grölsten seitlichen Ausladung ausgenutzt ist, die Spiralen greifen noch auf beiden
Seiten um 24 cm. über das Epistylauflager frei hinaus. Die Blätter der Zwickelpalmette sind atif der einen
Seite mit Stegen umgeben, die auf der Rückseite fehlen. Die Mitte: der Spirale ist (ca. 5 cm.) vertieft zur
Aufnahme vielleicht eines Schmuckstücks aus anderem Material.

Die Schneckencurve (Darstellung in halber natürlicher Gröfse auf Taf. 17) ist ganz aus freier Hand
gezeichnet, ihr Krümmungsradius verjüngt sich nicht stetig, wird an verschiedenen Stellen sogar gröfser als
der vorhergehende, um dann wieder schnell sich zu verkleinern. Mit anderen Worten: die Spirale hat sanft
nach oben und aufsen gestreckte Form, sie ist nicht mathematisch, sie hat Richtung und zwar in der Linie
von der Mitte des Schaftes nach den Enden des 1 epistylauflagers zu.

An den verschiedenen Kapitellen sind die Curven nicht genau gleich, bei einigen geht die Spirale
um 45 Grad am Auge noch weiter. Dieser Art ist das nach Photographie autotypisch dargestellte Kapitell
auf Tafel 16 Nr. 1. Bei anderen ist das Auge gröfser, gewöhnlich 8 cm. an einem Fragment in der A. Pa-
raskewi 14 cm.

Das Kapitell zeigt eine grofse Ähnlichkeit mit dem von Clarke {American Journal of Arckaeology 1885,
S. 1 ff.) publicierten Kapitell von Neandria (vergl. Puchstein, Ion. Kap. S. 56). Letzteres ist aus feinerem
Material (Liparit) und daher in den Details zierlicher, im übrigen können beide auch zeitlich nahe stehen.
Die: Form ist von Clarke als protoionisch bezeichnet, während ich mich Puchsteins Ansicht anschliefse, nach
welcher die Form mit dem ionischen Kapitell in keinem directen Zusammenhang steht; sie repräsentirt viel-
mehr einen neuen vollkommen entwickelten Typus, den ich nach seinem Vorkommen in der Äolis') den äoli-
schen nennen möchte.

Eines der Kapitelle ist zum A. Georgios zwischen Messa und A. Paraskewi verschleppt. Die meisten
Stücke aufser den fünf am Taxiarchis aber, zum mindesten acht I lälften, befinden sich jetzt in einem traurigen
Zustande barbarischer Verstümmelung in der grofsen Kirche von A. Paraskewi, wo geschmacklose Basen für die
äufseren Säulen daraus zurechtgemeifselt sind. An diesen Hasen bemerkt man hie und da noch die Reste des
.Schneckenauges oder der Spirale. Sicher haben hier fünf Kapitelle ihren Untergang gefunden. Man kann
also zusammen mit den Fragmenten am A. Therapon und A. Ilias die Existenz von 13 Kapitellen nachweisen:
der Tempel besafs sicher mehr.

Wichtig für die weitere Betrachtung des Gebäudes ist die untere Lagerflächt: des Kapitells (Taf. 16, 3);
man erkennt einen glattgeschliffenen Ring, in dessen Mitte ein rauh aufgehauenes Stück die runde Vertiefung
für einen Dübel enthält. Die Art und Weise der Aufrauhung, das Verhältnifs des glatten Ringes zu derselben
und der runde Dübel, Alles kehrt genau an den Fugen der am Taxiarchis und den übrigen Kirchen der Um-
gegend vorhandenen Trachyt-Säulenschäfte wieder, deren ich im ganzen dreiundzwanzig gesehen habe. Die
Schäfte sind verschieden hoch und dick. Der Durchmesser wechselt zwischen 50 und 71 cm. Das kürzeste
Stück (im Taxiarchis) ist 48 cm. hoch, seine Aufsenfläche glatt geschliffen. Die höheren 'Prommein haben
rauhe Oberfläche und vielfach an der einen Standfläche ein abgeschliffenes Stück (Taf. 16, 4), das um einen
bis anderthalb Centimeter hinter den rauhen Mantel zurücktritt. Man stellte also die ganz niedrigen Trom-
meln gleich lertig geglättet auf. während die höheren nur an einer Fuge mit einem Stück fertiger Aufsen-
fläche versehen wurden, und die spätere Abmeifselung des rauhen Mantels unterblieb.

Kann über die Zugehörigkeit dieser Schäfte zu den Kapitellen wegen der Gleichartigkeit der Fugen-
behandlung kein Zweifel sein, so muls man aus denselben Gründen auch zwei Basen, eine beim A. Georgios,
eine zweite beim A. Therapon als Fufs der Säulen betrachten. Die beim A. Georgios ist auf ihrer Ober-
fläche (wohl zu einem Weihbecken) später rund vertieft, und läfst daher nur noch die untere Fuge, die beim
A. Therapon dagegen beide Fugen in der oben beschriebenen Art erkennen. Die Basis (Taf. t6, 6) besteht
aus einem segmentlbrmigen grofsen Wulst und einem kleineren Rundstab darüber mit dem Ablauf des
Schaftes. Die Oberfläche mifst 71 cm. und so liegen die Durchmesser sämmtlicher oben erwähnten Schäfte
zwischen der basendicke (71 cm.) und der Schaftdicke am Kapitell (48 cm.).

') Die von Puchstein (Ion. Kap. S. 55) angeführten Parallelen von der Akropolis in Athen (Antike Denkmäler des Instituts I Taf. iS Nr. 3)
sind von etwas, namentlich durch die Rindung in der Mitte, abweichender Ornamentation.
 
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