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Kraus, Theodor
Hekate: Studien zu Wesen und Bild der Göttin in Kleinasien und Griechenland — Heidelberger kunstgeschichtliche Abhandlungen, N.F. 5: Heidelberg: Carl Winter, Universitätsbuchhandlung, 1960

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https://doi.org/10.11588/diglit.57160#0157
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VII.

Drei- und eingestaltige Darstellungen in hellenistischer und römischer Zeit
Der „Tanz um Hekate“, der neue hellenistische Bildgedanke, verdrängte das
einfache Hekataion keineswegs: beide Typen stehen bis in die Kaiserzeit neben-
einander, und neben sie tritt als dritter die dreiköpfige Herme auf prisma-
tischem Pfeiler. Die überwiegende Zahl der erhaltenen Exemplare des letzteren
Typus gehört erst römischer Zeit an. Bis heute hat sich nur wenig sicher Helleni-
stisches gefunden,644 während Originale aus spätklassischer Zeit — aus der
Epoche also, in der die ersten dreiköpfigen Hekatehermen aus Stein entstanden
sein müssen (S. 150) — überhaupt fehlen.
Diese Hermen, meist sehr bescheidenen Formates, sind für die Kenntnis der
attischen Hekatevorstellungen schon durch ihre völlige Attributlosigkeit ziem-
lich unergiebig und erweitern den Kreis der Probleme kaum. Daß man sich der
Hermenform für die Türgöttin bediente (bisweilen ist sie zur Mantelherme er-
weitert645), ist letzten Endes als Abkürzung des Hekataions anzusehen — als
pfeilerartiges Monument war am gleichen Platz die einfache Hermes-Herme
und die Säule des Apollon Agyieus vorausgegangen. Bei den allermeisten der
Hekatehermen handelt es sich wohl um private Kultmäler vor den Häusern;
sie sich an Wegkreuzungen aufgestellt zu denken, ist angesichts des oft sehr klei-
nen Formates schwierig, und daß sie je öffentliche Kultbilder gewesen wären,
dafür liegt nicht der geringste Anhaltspunkt vor. Unter den in Anhang II zusam-
mengestellten Hekataia aus Heiligtümern fehlen Hermen. Dagegen stammt die
einzige Hekateherme, deren einstige Aufstellung noch annähernd bekannt ist,
aus dem Innenhof des Gebäudes der Poseidoniasten von Berytos auf Delos.646
Nur aus römischer Zeit ist eine Darstellung überliefert, aus der eine ge-
nauere Vorstellung von der Verwendung dieser Hekatehermen zu gewinnen ist:
Auf den sogenannten „Ikarios-Reliefs“647 steht die kleine dreiköpfige Herme
der Göttin auf einem Pfeiler, der ein Vielfaches ihrer eigenen Höhe beträgt,
vor dem Hause. Von hier aus darf man wohl auch für die kleinformatigen
Hekataia mit drei Vollfiguren eine ähnlich hohe Aufstellung erschließen.
Die dreiköpfigen Hermen lehnen sich nun ausschließlich an den klassischen
844 R. Lullies, Die Typen der griechischen Herme 56.
045 Z. B. Pergamon: AvP. VII 1 Nr. 36. Kos: Laurenzi, ASAtene 17/18, 1955/56, 130
Nr. 157; 133 Nr. 163.
646 Delos VI 35 Abb. 28 (Picard).
647 Watzinger, Jdl. 61/62, 1946/47, 76 ff. Taf. 24—25 (m. Lit.). vgl. auch o. Anm. 534.
 
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